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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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sollte, zu einer Hochlandburg geplant war. Solcherart bestand eine Möglichkeit, daß sie auf Maer O’Braenn stießen, oder wenigstens auf seine Spur.
*
    Auch für Nottr kam ein Wandel in der Morgendämmerung. Er fühlte sich ausgehöhlt. Es war ihm, als hätte er tausend Dinge verraten, die für die Finsternis wichtig waren. Er hatte sich zuletzt an den Erinnerungen an Mythor festgekrallt wie ein Ertrinkender, hatte seinen Namen tausendmal oder mehr geflüstert, geflucht, geschrien, bis die Erscheinungen schließlich aufhörten.
    Er ließ sich mit einem triumphierenden Knurren auf den Boden sinken. Sie hatten nicht vermocht, Mythor aus ihm herauszureißen. Ein steter Grimm war gewachsen in ihm und war schließlich stärker gewesen als sie. Es war Grimm auf die Finsternis, Grimm auf Mythor, daß er von allen möglichen Gegnern dieser kriegerischen Welt sich um jeden Preis die Finsternis erkoren hatte, Grimm auf das Leben, das so sinnlos versuchte, der Finsternis Widerstand zu leisten.
    Je mehr dieser Grimm wuchs, desto schwächer wurde der Druck auf ihn, desto geringer die Furcht. Manchmal, in wenigen klaren Augenblicken, spürte er, daß dieser Grimm falsch war. Doch schreckliche, unmenschliche Schädel stierten mit eisigen Blicken aus dem Stein der Wände, bereit, mit rauchigen Gliedern seinen Verstand zu zerfleischen. Im Herzen eines Lorvaners sind Furcht und Wut Blutgefährten. Furcht gebiert immer Grimm, wilden, blinden Grimm, der Galle spritzt und einen roten Nebel über den Verstand legt.
    Im Kerker der Finsternis lenkte etwas diesen blinden Grimm – lenkte ihn auf die Dinge, die ihn hierherbrachten, die ihn zum Feind der Finsternis gemacht hatten: auf Mythor vor allen Dingen, auf seine Gefährten, auf das Leben, das sich nicht beugen wollte.
    Er haßte alles mit einer grimmigen Inbrunst, die Welt, das Licht, das Leben, weil es die allmächtige Finsternis bekriegte, statt sein Blut sinnvoll zu opfern!
    Irgendwo in seinem Inneren krümmte sich seine Seele beim Wahnsinn solcher Gedanken. Aber da waren dunkle Fesseln um seinen Verstand, die ihn hinderten, daran zu denken. Gleichzeitig wuchs ein Verlangen nach den schwarzen Geheimnissen der mächtigen Dämonen in ihm.
    Es grub sich alles tief ein.
    Erst jetzt, am Morgen, als er erschöpft am Boden lag, kehrte die Vernunft zurück. Die Erinnerungen an die Nacht waren wie entschwindende Fetzen von Träumen. Zurück blieb nur das Gefühl, einen Sieg errungen zu haben.
    Er hatte widerstanden. Aber er wußte auch, daß es erst der Beginn war.
*
    Auch für Calutt und die Lorvaner war es keine ruhige Nacht. Die Entdeckung, daß es keine Toten in Gianton gab, beunruhigte den Schamanen tief. Danach sah er dämonische Gesichter an den Steinwänden ringsum. Er war Erscheinungen dieser Art gewöhnt. Der Alppilz hatte häufig seine Nebenwirkungen.
    Aber dann sah er, daß die Gefährten mit bleichen Gesichtern von den Wänden zurückwichen. Wenn auch sie sie sahen, mochten die Dämonen wirklich sein. Das Grauen in den Zügen der Gefährten ließ ihn rasch handeln. Die kleinen Beutel im Innern seines Hemdes hatte man ihm nicht abgenommen. Er hätte vorgezogen, ihnen Opis zu geben, mit dem sie vertraut waren, doch Alppilzpulver war alles, was er noch besaß, wenn er sich auch um diesen Vorrat bereits Sorgen machte, denn der Alppilz wuchs seines Wissens nur in den Wildländern, und selbst dort war sein Vorkommen ein Geheimnis, das Generationen von Schamanen einander weitergaben.
    Er gab jedem ein wenig und sorgte dafür, daß sie das dunkle Pulver nicht verstreuten. Als Lella als letzte es nahm, sank Keir bereits mit weiten Augen zu Boden. Einer nach dem anderen wankten sie, suchten nach Halt und sanken nieder. Ihre Züge waren entspannt. Die Fratzen an den Wänden jagten ihnen nicht länger Entsetzen ein. Sie waren nun im Schutz ihrer eigenen Visionen.
    Calutt war selbst noch zu benommen, um sie zu beobachten. Er kicherte und dachte an seine eigenen ersten Versuche mit dem Alppilz.
    Er wurde klarer im Lauf der Nacht, aber die Männer und Lella stöhnten, heulten und wälzten sich ruhelos am Boden bis zum Morgen. Die Dämonengesichter waren von den Wänden verschwunden. Es war still. Ihre Peiniger hatten erkannt, daß sie sich ihrem Zugriff entzogen hatten.
    Er wachte über die Gefährten, während er gegen die Nachwirkungen des Pilzes ankämpfte. Er hatte Erfahrung damit. Die Gefährten würden länger und heftiger darunter leiden. Als sie schließlich in die Wirklichkeit
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