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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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zurückfanden, versuchte er ihnen Ratschläge zu geben, aber es war schwer, sich in dem Stöhnen und Fluchen verständlich zu machen. Einzig Lella versuchte seinen Anweisungen zu folgen, doch man lernt nicht in wenigen Augenblicken seinen Geist wie ein Schamane zu beherrschen.
    Obwohl es in der fahlen Düsternis des Kerkers nicht zu erkennen war, wußte Calutt, daß der Morgen angebrochen war. Ein inneres Gefühl sagte es ihm, das gleiche Gefühl, das ihm auch sagte, wann es Zeit war, aus der Entrückung zurückzukehren.
    Unvermittelt öffnete sich ihr steinernes Gefängnis, und zwei Priester niederen Ranges, denn ihre Gesichter waren ohne die gläserne Schicht der Erwählten, traten in den Raum. Draußen waren die schweren Schritte von Gianten zu hören. Die Priester forderten die Gefangenen auf zu folgen.
    Die Lorvaner waren hungrig und wütend. Der Schmerz in ihren Schädeln war so groß, daß sie halb blind waren. Sie waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß sie weder Priester, noch Gianten, noch Dämonen fürchteten. Mit einem Aufheulen begrüßten sie diese Gelegenheit, ihre Wut über ihren Zustand an jemandem auszulassen.
    Calutts warnende Worte verhallten ungehört. Die Lorvaner fielen über die beiden Priester her und drückten ihnen die Kehlen zu. Das war einer der wenigen verwundbaren Punkte. Wenige Atemzüge später war es entschieden. Durch diese Kehlen würde nie wieder Luft für einen Schrei oder einen Befehl dringen.
    Die Gianten, ein halbes Dutzend an der Zahl, standen im Eingang. Sie mochten wohl ihre Pflicht kennen, aber sie hatten keine Anordnung mehr erhalten. Und da war noch immer ein Funken Mensch in ihnen – tief in dem verbrannten, geschmiedeten Fleisch und Geist.
    Er war nicht stark genug, daß sie Partei ergreifen und aus eigenem Willen handeln konnten, wohl aber glühte er genug, daß auch das andere in ihnen ohne Macht war – für eine Weile.
    Die Lorvaner starrten ernüchtert auf die gerüsteten Hünen. Sie wußten, selbst mit Waffen hatten sie kaum eine Chance gegen sie, und sie besaßen nicht eine einzige Waffe.
    Aber die Gianten standen nur stumm, auch als die Lorvaner sich zu einer Viererschaft formten und einen Schritt vorwärts taten, kam keine Bewegung in sie. Mutiger drängten die Barbaren vorwärts, und, als keiner der Gianten eine Waffe hob, zwischen ihnen hindurch.
    Draußen war ein Korridor, an dessen Ende ein gewaltiges Fenster, und jenseits der Weg in die Freiheit. Dazwischen waren Eingänge in andere Kerker. Die meisten dieser steinernen Löcher waren leer. Gefangene blieben hier nie lange. Sie wanderten bald in die Schmieden. Auch den Lorvanern hatte wohl eben dieses Schicksal bevorgestanden, das wurde ihnen ernüchternd bewußt.
    »Wir müssen Nottr finden«, drängte Lella. »Ohne ihn werde ich diese verdammte Stadt nicht verlassen!« Die anderen nickten zustimmend.
    Calutt schüttelte lächelnd den Kopf. Mit oder ohne Nottr hielt er eine Flucht aus der Stadt für ziemlich aussichtslos.
    Sie stießen unvermittelt auf drei Südländer, die in dem Korridor Unterschlupf suchten. Ihre bunte Kleidung war zerfetzt. Sie bluteten aus Kampfwunden. Aber wie die Lorvaner besaßen auch sie keine Waffen.
    Einen Augenblick starrten sie einander feindselig an, dann sagte einer der Südländer, ein schwarzhaariger, schmächtig wirkender Mann:
    »Ich habe euresgleichen schon gesehen. Ihr seid keine Caer, ihr seid Wildländer…?«
    »Dann sind sie Gefangene wie wir«, sagte der zweite, ein großer Mann in einem Hemd von Purpur und Beinkleidern, deren Farbe nicht mehr erkennbar war.
    Der dritte war ein älterer Mann, grauhaarig, faltig, ein Bärenfell um Schultern und Hüften. Er sah sich unruhig um.
    Auch Calutt erfaßte die Lage sofort, und bevor die Lorvaner Zeit für Mißtrauen und Feindseligkeiten fanden, fragte er die Südländer: »Sind Verfolger hinter euch her?«
    Der Schwarzhaarige zuckte die Schultern. »Gesehen haben wir keine, aber hier sind Augen überall. Was ist das hier…?«
    »Der Kerker«, erklärte Calutt. »Seid ihr nicht hier ausgebrochen?«
    »Nein, wir kommen von draußen…«
    »So wißt ihr den Weg hinaus?« entfuhr es Lella.
    »Ungefähr… es ist schwer, in diesem verdammten Licht irgend etwas genau zu erkennen… aber ich denke schon, daß wir ihn wiederfinden. Was meinst du, Nospero?« Der im roten Hemd nickte zustimmend.
    »Wir haben keine Waffen, aber wenn ihr ein paar Fäuste gebrauchen könnt, werden wir uns euch anschließen. Allerdings
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