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Das Grab des Tauren

Das Grab des Tauren

Titel: Das Grab des Tauren
Autoren: Hugh Walker
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ringsum. Das einzige von leidlich menschlicher Größe war ein steinerner Thron, auf dem Parthan saß. Er wirkte selbst wie eine Statue in dem schwarzen Mäntel, der in weiten Falten fiel, dem knöchernen Helm, und der silberroten Maske vor den gläsernen Zügen. Ein halbes Dutzend Unterpriester standen ein wenig im Hintergrund. Sie hielten die Köpfe gesenkt. Eine Aura von Kälte umgab seine Hohe Würdigkeit. Sie war fühlbar für alle, die ihm nahekamen.
    Es war die Anwesenheit Quatoruums, seines Dämons, die sie fühlten.
    Prinzessin Lydia von Ambor und Thonensen betraten die Halle, begleitet von einem Priester.
    »Ah, Prinzessin«, sagte Parthan, »und Master Stennrwijk. Zur rechten Zeit.« Er neigte sich vor. »Kniet in der Gegenwart des Mächtigen.«
    Lady Lydia fiel sofort auf die Knie. Thonensen zögerte, folgte aber ihrem Beispiel, als er Grimaerg, den grimmigen Diener des Hohenpriesters, mit der Faust am Dolch hinter dem Thron hervortreten sah. Und noch eine Entdeckung machte er, als er niederkniete: Halb verborgen unter den Falten des Priestermantels lehnte Nottres Klinge Seelenwind gegen den Stein des Throns. Es fiel dem Magier schwer, den Blick wieder davon abzuwenden.
    Er war nicht nahe genug am Thron, um die Kälte zu spüren. Er fragte sich, ob der Dämon tatsächlich anwesend war. Nichts deutete darauf hin.
    »Komm näher, meine Freundin, die du dem Mächtigen und mir so gut dienst«, sagte Parthan, und die Frau rutschte auf den Knien näher an den Thron heran, bis die Kälte sie berührte. Dann hielt sie schaudernd inne.
    Parthan beugte sich hinab und ergriff die Frau am Arm. Er zog sie hoch und zu sich, und sie folgte ihm’ wie eine Puppe. Er berührte ihre Stirn, und Thonensen sah erstaunt, daß ihre Züge sich entspannten.
    »Ihr wolltet sehen, wie es dem Barbaren ergeht? So seht, welches Werkzeug des Mächtigen diese eine Nacht aus ihm gemacht hat!«
    Lydia von Ambor sah. Es war nicht zum erstenmal, daß der Priester mit ihr solcherart seine Magie teilte, daher wußte sie, daß sie mit den Augen des fliegenden Spähers sah. Sie war nervös, denn Numir war dabei, die Flucht vorzubereiten. Der Magier wußte nichts von ihrem Plan – noch nicht. Sie traute Magiern nicht. Magier hatten immer ein Auge auf die Finsternis, und dieser mochte Parthan höriger sein, als er vorgab. Aber nun, in der Anwesenheit des Mächtigen, bedauerte sie ihre Kühnheit. Wenn der Späher ihren Diener entdeckte, war ihre Initiation dieses Handstreichs offensichtlich, um so mehr, als Parthan es zu erwarten schien und es darauf anlegte, sie vor dem Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Oh, ihr caerischen Götter, sie hatte zu hoch gespielt. Sie war in eine Falle gegangen, und der Barbar war es vielleicht nicht einmal wert. Sie konnte nur vermuten, daß er den Aufenthaltsort dieses Mythor wußte. Und Mythor, das wußte sie, war ein unbezahlbarer Trumpf.
    Sie sah den Späher an den Turm der Kerker heranschweben. Sie hatte wohl gewußt, daß sich Nottr hier befand, auch wenn sie es dem Magier gegenüber bestritt. Es wäre zu gefährlich gewesen, etwas zu unternehmen, bevor der Priester sich mit ihm amüsiert hatte.
    Sie sah drei Männer die Stufen des Turmes hochklettern und erkannte, daß es fliehende Südländer waren. Diese Narren! Ihre Chancen schwanden mit jedem Schritt, den sie auf diesem Turm taten.
    Der Späher verhielt abwartend. Sie sah, wie die Männer die erste Plattform erreichten und im Innern des Turmes verschwanden. Keiner verfolgte sie, obwohl die Straßen voll von Priestern und Gianten waren. Sie erwarteten wohl nicht, daß sich die Fliehenden ausgerechnet im Kerker verbergen würden. Und offenbar hatte niemand ihren Aufstieg bemerkt. Den Gianten war es ohnehin gleichgültig, was um sie geschah, so lange sie keinen Befehl von einem Priester erhielten.
    Wenig später kamen neun Gestalten aus dem Eingang und sahen sich vorsichtig um. Es waren die drei Südländer und sechs Barbaren. Nottr war bei ihnen. Sie hielt den Atem an. Hatte Numir bereits alle befreit, nicht nur Nottr, wie besprochen? Aber niemand folgte ihnen aus dem Innern des Turms. Waren die Südländer die Befreier?
    »Jetzt«, hörte sie wie aus weiter Ferne die Stimme des Hohenpriesters, »jetzt werden wir unsere Waffe ausprobieren!«
    Etwas löste sich aus dem Späher, ein schwarzer Rauch, und griff hinab nach Nottr.
    Im nächsten Augenblick begann der Barbar wie ein Berserker zu wüten. Er schleuderte die drei Südländer, die ihm am nächsten
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