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Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Titel: Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
Autoren: Kiersten White
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Aus heiterem Himmel
    Oh piep, ich würde sterben.
    Ich würde einen schrecklichen, grausamen, schmerzhaften Tod sterben.
    Meine Hand zuckte an meine Seite, griff nach dem rosa Taser, von dem ich genau wusste, dass er nicht da war. Wieso hatte ich das hier noch mal gewollt? Was hatte ich mir dabei gedacht? In der Internationalen Behörde zur Kontrolle Paranormaler zu arbeiten war zwar kaum mehr als Sklaverei und klar, ein paar unangenehme Begegnungen mit Vampiren, Moorhexen und obergruseligen Feen hatten auch dazugehört, aber das war gar nichts, verglichen mit der Gefahr, der ich jetzt ins Auge sehen musste.
    Sportstunde.
    Wir spielten Fußball. Ohne Schienbeinschoner. Das Mädchen, das ich decken sollte (eine so riesige Kreatur, dass ich hätte schwören können, sie wäre ein Troll), donnerte auf mich zu, während ihr regelrecht Dampf aus den Nüstern quoll. Ich wappnete mich für den Aufprall.
    Und dann blickte ich staunend in den strahlend blauen Herbsthimmel. Kein Wölkchen weit und breit. Aber warum sah ich mir eigentlich den Himmel an? Hatte das vielleicht etwas mit meiner plötzlichen Unfähigkeit zu atmen zu tun? Komm schon, Lunge. Na los. Irgendwann würde die doch wohl wieder anfangen zu funktionieren, oder? Vor meinen Augen tanzten helle Flecken und ich sah schon die Schlagzeile vor mir: Der Tod kam beim Fußballspielen. Wie erbärmlich war das denn bitte?
    Doch schließlich drang wieder ein wohltuender Luftstrom in meinen Brustkorb. Ein vertrautes Gesicht, eingerahmt von langem, dunklem Haar, kam über mir zum Vorschein. Meine einzige normale Freundin, Carlee. »Alles okay?«, fragte sie.
    »Green!«, blaffte ein dunkler Bariton. Ich war mir ziemlich sicher, dass Miss Lynn eine tiefere Stimme hatte als mein Freund. »Hoch mit dem Hintern und weiterspielen!«
    Ah, Green. Der Nachname hatte so nett geklungen, als Lend ihn sich für meine gefälschten Papiere ausgedacht hatte (er war zwar nicht so toll wie seiner – Pirello –, aber immerhin). Doch je öfter Miss Lynn ihn brüllte, desto weniger konnte ich ihn leiden. »GREEN!« Carlee streckte die Hand aus und half mir hoch.
    »Keine Sorge. Ich bin auch total mies im Fußball.« Sie lächelte und rannte dann wieder los. Natürlich war sie kein bisschen mies im Fußball.
    Das war so unfair. Da stand ich auf diesem matschigen Sportplatz, während Lend weit weg auf dem College war. Was für eine Zeitverschwendung. Und wer wusste schon, wie lange mir noch blieb? Was, wenn ich nun die kostbaren Überreste meiner Seele beim Fußball auf den Kopf haute?
    Vielleicht konnte ich ja ein Attest vom Arzt kriegen? Ich konnte es schon regelrecht vor mir sehen: »Sehr geehrte Miss Lynn, Evie leidet unter einer überaus seltenen Krankheit: Unglücklicherweise ist ihre eigene Seele zu schwach ausgeprägt, als dass sie ein normales Leben führen könnte. Darum rate ich dringend, Evie unverzüglich und für alle Zeit von jeglicher körperlicher Anstrengung zu befreien, die Schwitzen und In-den-Matsch-geschubst-Werden mit einschließt.«
    Lächerlich. Aber vielleicht war es ja einen Versuch wert. Immerhin hatte Lends Dad ein paar Kontakte im Krankenhaus …
    Ich duckte mich, als der Ball an meinem Kopf vorbeisauste. Eine meiner Mannschaftskolleginnen, eine rabiate Rothaarige, brüllte im Vorbeirennen: »Kopfball, Green! Kopfball!«
    Carlee blieb wieder bei mir stehen. »Tu doch einfach so, als hättest du Krämpfe.« Sie zwinkerte mir mit einem mascaraschweren Augenlid zu.
    Ich drückte die Hände flach auf meine untere Bauchgegend und schlurfte rüber zu Miss Lynn, die hinter der weißen Linie im knochentrockenen Gras stand und das Spiel überwachte wie ein Feldwebel die Schlacht.
    Sie verdrehte die Augen. »Was ist denn jetzt wieder?«
    In der Hoffnung, dass meine Blässe mir wenigstens dieses eine Mal etwas nützen würde, wimmerte ich: »Krämpfe. Ganz schlimm.«
    Sie glaubte mir kein Wort, das war uns beiden klar, aber anstatt meine Lüge zu entlarven, verdrehte sie bloß ein weiteres Mal die Augen und deutete mit einer ruckartigen Daumenbewegung zum Spielfeldrand. »Aber nächstes Mal stehst du im Tor.«
    Na herzlichen Dank auch, Carlee. Super Idee. In sicherem Abstand zur Seitenlinie ließ ich mich zu Boden sinken und zupfte am spärlichen braunen Gras.
    So hatte ich mir die Highschool nicht vorgestellt.
    Versteht mich nicht falsch, ich bin total dankbar, dass ich hier sein darf. Schließlich wollte ich immer normal sein, auf eine normale Schule gehen, normale Sachen
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