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Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Titel: Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
Autoren: Kiersten White
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machen. Aber es ist einfach alles so, so …
    Normal.
    Seit vor einem Monat die Schule angefangen hat, habe ich nicht einen einzigen Zickenkrieg miterlebt. Auch keine wilden Partys, bei denen irgendwann die Polizei auftaucht. Und was Maskenbälle und Rendezvous im Mondschein und leidenschaftliche Küsse im Flur angeht – tja, da kann ich nur sagen, Easton Heights, meine frühere Lieblingsfernsehserie, ist in meiner Achtung ziemlich gesunken.
    Aber Spinde finde ich immer noch toll.
    Um den Schein zu wahren, ließ ich eine Hand auf meinem Bauch liegen. Auf dem Boden zu liegen war wesentlich angenehmer, wenn man es aus freien Stücken tat. Ich sah einer winzigen Wolke nach, die über den Himmel zog.
    Dann runzelte ich die Stirn. Das war aber eine ziemlich seltsame Wolke. Mutterseelenallein am ansonsten blauen Himmel, aber da war noch etwas … irgendwas war anders. War das da etwa gerade ein Blitz gewesen?
    »Ich habe gefragt, ob es dir gut genug geht, um an deiner nächsten Unterrichtsstunde teilzunehmen.«
    Erschrocken fuhr ich hoch und machte eine wehleidige Grimasse in Richtung Miss Lynn. »Ja, ja, natürlich, danke.« Dann huschte ich ins Gebäude. Mann, meine Langeweile musste echt schlimm sein, wenn ich schon in den Wolken nach was Aufregendem suchte.
    Die nächste Stunde verbrachte ich damit, die genaue Anzahl von Minuten zu berechnen, die mich noch vom Wochenende trennten, an dem ich endlich Lend wiedersehen würde. Die Antwort lautete: zu viele. Aber mich damit zu beschäftigen war immer noch tausendmal interessanter, als, hmm, zum Beispiel meinem Englischlehrer bei seinem Vortrag über Geschlechterrollen in Dracula zuzuhören – ach, und fangt mir bitte gar nicht erst von diesem Buch an. Gründliche Recherche scheint auf jeden Fall nicht zu Bram Stokers Stärken gehört zu haben.
    Mein Kopf war bereits auf unvermeidlichem Kollisionskurs mit der Tischplatte, als die Tür mit einem Knall aufsprang und eine Sekretariatsmitarbeiterin mit einem Zettel in der Hand hereinmarschierte. »Evelyn Green?« Ich hob die Hand und sie nickte. »Du wirst abgeholt.«
    Schlagartig wurde ich munter. Ich war noch nie mitten im Unterricht aus der Schule geholt worden. Vielleicht wollte Arianna ja mit mir rumhängen. Die war abgedreht und launisch genug, um so eine Aktion zu bringen.
    Na ja, aber so abgedreht wahrscheinlich auch nicht. An einem derart sonnigen Tag würde sie sich kaum nach draußen wagen, als Vampir und so. Mein Magen sank mir bis in die Kniekehlen. Was, wenn irgendwas passiert war? Was, wenn Lend an der Uni einen Unfall gehabt hatte, wenn er sich den Kopf gestoßen hatte, erst bewusstlos und dann unsichtbar geworden war? Was, wenn die Regierung ihn geschnappt hatte und er jetzt in irgendeiner Zelle der IBKP hockte?
    Bemüht, nicht gleich loszurennen, folgte ich der Sekretärin, einer klein gewachsenen Frau mit schockierend unnatürlich blondem Haar. »Wer holt mich denn ab?«
    »Ich glaube, deine Tante.«
    Na, dann war ja alles klar. Oder zumindest wäre es das, wenn ich denn eine Tante hätte. Im Kopf ging ich die Liste der Frauen – alles Paranormale – durch, die als meine Verwandten durchgehen könnten. Die Liste war nicht sonderlich lang und außerdem fiel mir kein Grund ein, warum auch nur eine einzige von ihnen hergekommen sein sollte. Ich stürmte ins Sekretariat. Dort stand, mit dem Rücken zu mir, eine Frau in bequemen (sprich: hässlichen) Schuhen und mit schwarzem, zu einem strengen Knoten gebundenem Haar. Das konnte nicht sein.
    Raquel drehte sich um und lächelte mich an.
    Mein Herz hüpfte mir bis in die Kehle hinauf. Einerseits war das da Raquel und wenn ich je so was wie eine Mutter gehabt hatte, dann war sie es. Andererseits war das da Raquel, die einer der führenden Köpfe der IBKP war, der Organisation, die mich für tot hielt. Der Organisation, von der ich wirklich, wirklich, wirklich nicht gefunden werden wollte. Der Organisation, von der ich eigentlich gedacht hatte, dass Raquel mich vor ihr beschützte.
    »Da bist du ja.« Sie schlang sich ihre Handtasche über die Schulter und deutete auf die Doppeltür, die nach draußen führte. »Gehen wir.«
    Vollkommen verwirrt folgte ich ihr. Es kam mir absolut falsch vor, am helllichten Tag ausgerechnet mit der Frau vor meiner stinknormalen Highschool zu stehen, die für alles stand, was ich zurückgelassen hatte. Und trotzdem hätte ich mich ihr am liebsten in die Arme geworfen – was genauso seltsam war, denn schließlich hatten wir beide es
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