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Das Geheimnis des verlassenen Schlosses

Das Geheimnis des verlassenen Schlosses

Titel: Das Geheimnis des verlassenen Schlosses
Autoren: Alexander Wolkow
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die täglichen Wunder vollbracht waren, am
Abend wieder hinter den Bergen.
Unmittelbar vor Beginn des Schmausefestes trug sich folgendes zu. Das Fest war wie
stets unbemerkt herangekommen und dauerte einige Tage, damit alle in die Smaragdenstadt zurecht kämen und der Gärtner genügend Zeit hätte, das Obst und Gemüse
heranzuschaffen. In diesem Jahr fiel die Ernte besonders reich aus, so daß Urfin
fürchtete, nicht alles bis zum Beginn des Festes in die Smaragdenstadt befördern zu
können. Vor dem Palast des Scheuchs wurden in langen Reihen Tische aufgestellt, die
die Einwohner, aus ihren Häusern herbeischleppten.
Urin und der hölzerne Läufer, der ihm eifrig zur Hand ging, liefen rastlos zischen den
Weltumspannenden Bergen und der Smaragdenstadt hin und her.
Als sie mit vollen Schubkarren durch das Land der Käuer kamen, verbreitete sich ein
herrlicher Duft von sonnengereiften Früchten. Wie hätten die Käuer da das prächtige
Obst und Gemüse im Schubkarren ruhig ansehen können?
Sie lehnten sich fast bis zum Bauch aus den runden Fenstern ihrer Häuser. Daß sie nicht
hinausfielen, lag einfach daran, daß sie sich mit den Beinen an den Fensterbrettern
festklammerten. Außer sich vor Begeisterung unterhielten sie sich miteinander.
„Ei-ei-ei”, sagte ein Käuer, „wieder diese blauen Gurken. Hervorragend!”
„Ach was, die Gurken! Die gelben Nüsse sind ein Wunder! Ich hab’s selbst gesehen, es
war eine ganze Fuhre!” rief ein anderer. „Mir läuft schon jetzt das Wasser im Munde
zusammen.”
Ein zartes Frauenstimmchen mischte sich ein:
„Und ich liebe die Äpfel und die Apfelsinen. Die Äpfel von unserem Urfin leuchten wie
Apfelsinensonnen. Und die Apfelsinen sind rotbackig wie Äpfel.”
„Ach werd’ ich mich diesmal vollschlagen”, verkündete ein Käuerknabe mit heller
Stimme.
Bergeweis häuften sich die prachtvollen duftenden Früchte auf den Tischen der
Smaragdenstadt. Doch in Urfins Garten schienen sie nicht weniger zu werden.
Die Käuer bürsteten sorgfältig ihre Anzüge und verzierten sie mit festlichen Kragen, die
Frauen zogen Röcke an, die an Glockenblumen erinnerten, und nähten sich neue
Glöcklein an ihre Hüte. Kurz, man rüstete sich zum Schmausefest, als ginge es zu einem
Ball. Auch in allen anderen Gegenden des Zauberlandes liefen die Vorbereitungen auf
Hochtouren.
Ein kleines Mädchen prahlte:
„Ich werde die allerschönste sein. Meine Mutter hat gesagt, daß ich einen hübschen
neuen Spitzenkragen bekomme.”
„Nein, der Allerschönste bin ich”, widersprach ein Käuer. „Die Glocken an meinem Hut
glänzen ganz besonders strahlend. Und wie sie läuten! Ich kann das ganze Fest über zu
meiner eigenen Melodie tanzen. Ich brauche keine andere Musik.”
Ein dritter Käuer meinte besorgt:
„Ich muß noch meinen Hut fertig nähen. Wenn ich es bloß schaffe.”
„Wenn wir es bloß schaffen, wenn wir es bloß schaffen”, riefen die Käuer aufgeregt
durcheinander.
Die Glöcklein an ihren Hüten zitterten, und aus den Häusern war ununterbrochen ihr
Läuten zu hören. Für die Käuer war es wirklich an der Zeit, in die Smaragdenstadt zu
ziehen.
Dank der technischen Kenntnisse des Scheuchs hatte sich einiges im Zauberland
verändert. Das Großartigste blieb natürlich die Umwandlung der Smaragdenstadt in eine
Insel. Doch trotz des Kanals, der die Hauptstadt jetzt umgab, nannten die Einwohner sie
aus alter Gewohnheit nicht Insel, sondern weiterhin die Smaragdenstadt.
Die Neuerungen des Dreimalweisen Scheuchs betrafen auch andere Orte im
Zauberland. So brauchten die Bewohner nicht mehr zu überlegen, wie sie über den
Großen Fluß kämen, man hatte einfach eine Brücke gebaut. Durch den düsteren Wald
konnte man jetzt auch des nachts laufen, denn die Gelbe Backsteinstraße säumten
Laternen, die leise in der Dunkelheit schaukelten. Dieses Schaukeln und das rötliche
Licht schreckten die wilden Tiere ab.
Doch wenn sie sich nicht verspäten wollten, mußten sich die Käuer bald aufmachen,
denn sie konnten nur kleine Schritte nehmen, der Weg aber war weit.
Selbstverständlich schliefen sie in dieser Nacht sehr unruhig, wie die Kinder vor einem
Festtag. Deshalb erwachten sie sofort, als sie das Läuten der Glöcklein an ihren Hüten
vernahmen. Sie hatten die Hüte zur Nacht auf den Fußboden gestellt, damit die
Glöcklein verstummten. Wer also hatte da geläutet? Vielleicht die Mäuse? Die Käuer
blickten unter die Hüte, konnten jedoch nichts
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