Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
gebracht
— alles schön kühl — und war jetzt noch eine Idee blasser als vorhin.
    »Ist es wegen der
Kaufhaussache?«, fragte sie.
    Gaby nickte, setzte ihr Glas ab
und legte Karin die Hand auf den Arm.
    »Wir haben davon gehört«,
meinte sie unbestimmt, »und weil wir gerade eine Reportage für die
Schülerzeitschrift BLICKPUNKT machen, eine Reportage über... minderjährige
Diebe — deshalb wollten wir mit dir sprechen. Zuerst mit dir. Aber sei
unbesorgt! Sollten wir darüber schreiben, wird kein Mensch — nicht mal dein
Vater — erkennen, dass du das bist. Karin! Stehlen — Himmel, das passt zu
niemandem weniger als zu dir. Weshalb hast du das gemacht?«
    Karin schwieg. Sie hielt den
Kopf gesenkt. In ihrem Gesicht kämpfte Verzweiflung mit Trotz.
    Sie sieht kindlich aus, dachte
Tarzan, nicht wie 17. Und jämmerlich verloren.
    »Unterhosen habe ich
gestohlen«, sagte Karin mit kleiner Stimme. »Größe 58. Ich hätte auch einen
Rasierapparat genommen. Oder einen neuen Klosettdeckel. Oder eine
Heimwerkerausrüstung. Ich bin durchgedreht. Einfach durchgedreht. Versteht ihr
das? Nie hätte ich gedacht, dass mir das passieren könnte.«
    Sie sah beide an.
    Tarzan nickte, um zu zeigen,
dass er einfühlsam war.
    »Ich weiß nicht mal mehr genau,
was ich in dem Moment gedacht habe.«
    »Aber du bereust es?«, fragte
er.
    »Ich gäbe was darum, wäre es
nie passiert. In dem Moment, wo ich mir die Sachen unter die Jacke stopfte, war
ich voller Wut. Ich... weiß nicht genau, auf wen. Ich glaube, ich habe...«
    Sie stockte.
    Tarzan hatte die Erklärung auf
der Zunge, hielt sich aber zurück.
    Gaby sagte: »Du hast im Klub
mal angedeutet, dass du dich mit deiner Stiefmutter nicht so verstehst.«
    »Ach, sie ist in Ordnung. Ich
war das Schaf. Nur...«
    Da die Stille anhielt, stieß
Tarzan nach.
    »Nur?«
    »Ich war einfach noch nicht an
sie gewöhnt. Ich wünschte, mein Vater hätte mehr Zeit für mich gehabt. Dann
wäre die Sache nicht passiert.«
    »Aber du verstehst dich doch
gut mit ihm«, sagte Gaby.
    »Sehr gut.«
    »Dann versuch doch, alles unter
einen Hut zu bringen. So, wie es jetzt ist. Schließlich kannst du deinen Vater
nicht heiraten.«
    »Will ich ja gar nicht. Aber
nach dem Tod meiner Mutter war er immer für mich da. Dann kam Katharina. Und
ich lief nur noch am Rande mit. Dabei ist mein Vater ein herzensguter Mann.
Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wie ich mich fühlte.«
    »Und statt es ihm zu sagen«,
ergänzte Gaby, »hast du es vorgezogen, auf andere Weise seine Aufmerksamkeit
auf dich zurückzulenken. Durch den Diebstahl. So ist es doch?«
    »Er hat nicht mit mir
geschimpft. Er war nur völlig verstört, hat mich angesehen und in die Arme
genommen. Und Katharina — so rede ich sie an — ist aus dem Zimmer gegangen.
Aber nicht aus Gekränktsein, sondern weil sie uns nicht stören wollte. Später
hat sie mir dann gesagt, sie möchte so gern meine mütterliche Freundin sein.
Sie wisse genau, dass sie mir die Mutter nicht ersetzen könne. Ich fand das
gut. Denn es war ehrlich gemeint. Und beide haben gesagt, dass ich wirklich zu
kurz gekommen wäre — in letzter Zeit. Alles hätte sich nur um Barbie gedreht.
Aber das sei unabsichtlich gewesen. Wisst ihr: Ich schäme mich jetzt
entsetzlich, dass ich ihnen das angetan habe. Das mit dem Diebstahl. Ich hätte
es einfacher haben können, dass sie mich wieder mit einbeziehen.«

    »Sie haben dich aber
verstanden«, sagte Tarzan. »Und sie nehmen dir nichts übel. Eher machen sie
sich selbst Vorwürfe. Und als Diebstahl — oder versuchten Diebstahl — kann man
deine Tat nicht bezeichnen. Du hast nur auf ungewöhnliche Weise versucht,
Aufmerksamkeit zu erregen.«
    Dankbar sah das Mädchen ihn an.
    Gaby wickelte eine blonde
Strähne um den Zeigefinger und blickte versonnen in ihren Orangensaft.
    »Meinst du, Tarzan, wir sollten
darüber schreiben?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Finde ich auch«, sagte Gaby.
»Es geht keinen was an. Außerdem würde es niemand kapieren.«
    Karin lachte. »Ihr seid prima.
Wenn ihr noch ein bisschen bleibt, mache ich euch mit Katharina bekannt. Sie
schläft noch. Ihren Mittagsschlaf braucht sie. Aber Pia kommt gleich. Das ist
ihre Masseuse — Masseuse und Freundin. Dann wird Kathrinchen — so nenne ich sie
seit gestern — durchgeknetet. Wie gefällt euch Barbie?«
    »Das Baby?«, fragte Tarzan.
    »Wer denn sonst!«, meinte Gaby
mit vorwurfsvollem Blick. An Karin gewandt, sagte sie: »Die Kleine ist bestimmt
süß. Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher