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Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase
Autoren: Stefan Wolf
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Haus.
Er hätte nur untätig rumsitzen müssen. Er suchte den Garten ab, besonders die
Umgebung des Kinderwagens — nicht vergeblich.
    In dem weichen Boden unter
Büschen entdeckte er Fußabdrücke. Hier war jemand herangepirscht — sicherlich
der Kidnapper. Aber leider: Die Spuren waren undeutlich und an den Rändern
verwischt. Sie zeigten kein Sohlenprofil und konnten von kleinen wie von großen
Füßen herrühren. Von Schuhgröße 40 bis 45 war alles drin.
    Dass Karin und ihre Mutter mit
dem Baby in dem großen Haus allein gewesen waren, hatte ihn gewundert.
Inzwischen wusste er: Es gab einen Gärtner, aber der hatte heute frei und
schied ohnehin als Verdächtiger aus. Er war sehr alt und arbeitete seit 20
Jahren für Robert Eichberg.
    Die Köchin — fast ebenso lang
in Stellung bei Eichbergs — befand sich seit dem frühen Nachmittag in der
Stadt, um einzukaufen.
    Also hatte der Kidnapper den
günstigsten Zeitpunkt abgepasst. Sicherlich war der Coup (Schlag, Streich) von langer Hand vorbereitet.
    Während Tarzan umhertigerte und
allerlei Gedanken entwickelte, kam die Frau.
    Sie kam durch die Einfahrt und
schob einen Kinderwagen.
    Verblüfft sah Tarzan ihr
entgegen.
    Der Kinderwagen — tatsächlich!
— glich Barbies vierräderigem Gefährt wie ein Zwilling: ebenfalls dunkelrot,
mit viel Chrom, dicken Reifen und Verdeck. Dasselbe Luxusmodell.
    Die Frau war etwa im gleichen
Alter wie Katharina Eichberg und auffallend hübsch: schlank, schwarzer
Kurzhaarschnitt, grüne Augen, viel Make-up, eine vorwitzige Nase. Sie trug eine
helle Nappalederhose und einen blauen Pulli.

    Soll das die Masseuse sein?, überlegte
er. Sieht eigentlich nicht so aus.
    Während sie sich näherte,
schien sie mit ihrem Baby zu reden. Sie lachte und nickte Tarzan zu, der den
Gruß höflich erwiderte.
    Neben Barbies Wagen blieb sie
stehen.
    »Ach, ist sie schon im Haus?«
    »Das... äh... nicht direkt.
Sind Sie Frau Eichbergs Masseuse?«
    »Ich bin Pia Friese«, nickte
sie. »Sicherlich — ich arbeite als Masseuse und Katharina ist meine Kundin.
Aber in erster Linie bin ich mit ihr befreundet. Und du bist wohl Karins
Freund? Wie? Davon weiß ich ja noch...«
    »Das nicht«, fiel er ihr rasch
ins Wort, denn sie schien zu jenen mundfleißigen Personen zu gehören, die mit
einmal Atemholen längere Vorträge von sich geben. »Gaby und ich besuchen Karin,
und dabei... Aber vielleicht gehen Sie erst mal rein. Wie ich sehe, haben Sie
den gleichen Kinderwagen.«
    »Es war das schönste Modell.
Und unsere Babys sind ja nahezu gleichalterig. Meine Ludmilla ist nur zwei
Wochen älter.«
    Tarzan blickte hinein.
    Ludmilla war ein möhrenbraunes
Baby mit dunklem Haarflaum und vergnügter Miene. Sie sabberte etwas und
bearbeitete ihren Beißring. Sie war ganz in Rosa gekleidet und brabbelte
vokalreiche Wohllaute vor sich hin. Als sie Tarzan sah, schien sie zu lachen.
»Entzückend!«, sagte er.
    Pia Friese parkte den
Kinderwagen unter der Tanne. Eine Fußraste verhinderte, dass er wegrollte.
Allerdings bestand in der Hinsicht keine Gefahr. Der Boden war völlig eben.
    »Ich arbeite zwar als
Masseuse«, sagte Pia Friese, denn es war ihr offenbar wichtig, dass sie richtig
eingeschätzt wurde, »aber eigentlich bin ich Schauspielerin. Und zwar mit Leib
und Seele. Sicherlich — ein hartes Brot. Und nur wer ganz oben ist, kann davon
leben. Um aber ganz hoch zu kommen, braucht man eine Menge Glück und vor allem
Protektion (Förderung) und Beziehungen. Gehst du gern ins Theater?«
    »So oft ich kann. Ich würde
mich freuen, wenn ich Sie auf der Bühne bewundern könnte.«
    Sie lachte, warf ihm einen
kessen Blick zu — den sie sicherlich immer zur Verfügung hatte, sobald ein
männliches Wesen in die Nähe kam — und ging ins Haus.
    Tarzan beugte sich über ihren
Kinderwagen. Mit dem Zeigefinger kitzelte er Ludmilla, was ihr so viel
Vergnügen bereitete, dass sie ganze Tonleitern sang.
    »Ludmilla«, murmelte er
nachdenklich, »du könntest auch Barbie sein. Gleicher Wagen, gleicher
Parkplatz, und wer kann bei eurem Alter ein Baby vom andern unterscheiden —
außer den Eltern.«
    Eine kühne Idee begann sich in
seinem Kopf zu formen. Je länger er darüber nachdachte, um so toller erschien
sie ihm. Alle Voraussetzungen stimmten. Es kam nur darauf an, dass er mit
seinem Geistesblitz auf Gegenliebe stieß. Und dass alle mitspielten —
mitspielten im Wortsinn!
    Begeistert schlug er sich auf
die Schenkel. Wer ihn jetzt sah, hätte meinen können, hier liefe
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