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Outback

Outback

Titel: Outback
Autoren: Nan Dee
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1
     
    Der Himmel leuchtete in einem unglaublich intensiven Blau, in dem weiße Schäfchenwolken in Richtung einer kahlen, rostroten Bergkette am Horizont segelten. Ihr Weiß blendete das Auge und sie sahen aus wie mit Perwoll gewaschen. Nahe am Zenit stand eine grelle Sonne und schickte sengende Glut herab, die die Konturen über dem staubigen Boden zum Flimmern brachte. Abgesehen davon stand die Luft unbeweglich wie eine Wand und es herrschte eine Stille, die kein Laut störte. Doch plötzlich durchdrang ein schriller Schrei die Luft. Ein schwarzer Punkt näherte sich am Himmel, wurde größer und größer. Ein Adler mit hellem Kopf setzte zur Landung an. Dicht vor ihr kam er auf dem braunen, staubigen Boden neben einem verdorrten Busch auf, trippelte mit ausgebreiteten Schwingen einen Meter auf sie zu und verharrte. Er legte die Flügel an und nahm im gleichen Augenblick die Gestalt eines Hundes an, der sie mit treuem Blick anschaute. Der Vierbeiner schüttelte sich, trottete auf sie zu und drückte seine weichen, feuchten Lippen auf ihre.
    „Ihh!“ Mit einem Aufschrei schreckte Ricarda aus dem Schlaf, riss die Augen auf und sah direkt in die Augen – von Oliver, der sich zu ihr hinüber gebeugt und sie geküsst hatte.
    Jetzt verzog er halb belustigt, halb erstaunt, das Gesicht. „So reagierst du also auf meine Küsse. Interessant!“
    „Ich ... Du ... Oh Mann.“ Ricarda musste erst einmal zu sich kommen und rieb sich die Augen. Mit einem weiteren Ruck wollte sie hoch und aufstehen. „Wie spät ist es? Ich muss doch arbeiten!“
    Oliver drückte sie zurück aufs Kissen. „Nein, musst du nicht, du hast heute frei, schon vergessen? Und ich auch.“ Er musterte liebevoll ihr kurzes blondes, vom Schlaf zerzaustes Haar und ihre blauen Augen. Auf einer Wange war der Abdruck von einer Falte des Kissens zu sehen. „Hast du schlecht geträumt?“
    „Hm, eher seltsam. Ich war im Wilden Westen oder so, ich weiß es nicht genau. Da waren braune Berge, rotbrauner Sandboden, Hitze, blauer Himmel, weiße Wolken, der reinste Postkartenkitsch. Dann kam ein Adler angeflogen, landete vor mir und verwandelte sich in einen Hund, der mich geküsst hat, hm.“
    „Ich bin aber kein Hund.“ Oliver lachte.
    „Okay ...“, sagte Ricky gedehnt. „Wo waren wir stehen geblieben? Mach endlich weiter und küss mich.“ Ihr Blick sprach dabei von mehr als nur Küssen und Oliver tat gern, was sie von ihm verlangte.
    „Ich bin zwar kein Hund“, flüsterte er, „aber es gibt da eine Hündchenstellung ...“, er schnalzte mit der Zunge und grinste.
    Als sie später frühstückten, sagte er kauend: „Dein Traum war wirklich seltsam. Ich muss dir etwas sagen und den Traum könnte man beinahe als Vorahnung ansehen.“ Er trank einen Schluck Kaffee und griff sich eine neue Scheibe Weißbrot.
    Oliver arbeitete als Model für eine Agentur und war am Vorabend erst spät von einer Fotosession heimgekommen. Ricarda hatte in seinem Apartment, das unmittelbar neben ihrem lag, auf ihn gewartet. Doch er war zu müde gewesen, sie wechselten nur ein paar Worte, bevor er einschlief. Sie hatten ja beide heute frei und konnten reden.
    „Oh, was ist es denn, worüber du mit mir reden willst? Du kannst dich in Tiere, speziell in Hunde, verwandeln?“, witzelte sie.
    Oliver lachte und verlor dabei ein paar Weißbrotkrümel aus dem Mund, was sie beide zum Lachen brachte. „Nein“, sagte er schließlich. „Lass dich überraschen. Ich sage es dir später, unterwegs. Was machen wir heute? Schon eine Idee?“
    „Na, du machst es ja spannend. Nein, keine Idee.“ Sie köpfte ihr Ei, nahm den Löffel und schüttelte wieder einmal den Kopf über Olivers Art und Weise, die Frühstückseier zuzubereiten. Er kochte Wasser im Wasserkocher, goss die Kaffeetassen voll und legte anschließend zwei Eier in das restliche Wasser. Er stellte den Wasserkocher erneut an und ließ, wenn er sich nach dem Kochen wieder abschaltete, die Eier einige Minuten ziehen. Ihm platzte nie eines der Eier im Wasserkocher und sie waren immer perfekt mit flüssigem Kern, so, wie sie es mochte. Für sie war das ein Rätsel. Oliver hatte dazu gesagt, dies sei die Junggesellenart, Eier zu kochen.
    Sie räumte den Tisch ab und trat an den Balkon heran. Olivers Apartment besaß denselben Ausblick aus dem achten Stock auf den Benjakittipark und auf Bangkok wie ihres und sie liebte diese Aussicht. Auch nach reichlich drei Monaten, die sie schon in Bangkok lebte und arbeitete, hatte sie
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