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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim
Autoren: Christian Mork
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wurstartig aufgebläht, als wäre er mit Wasser gefüllt. Neben ihm lag eine Uhr, die Schwellung hatte das Armband zum Bersten gebracht. Desmond reckte den Hals und erblickte noch mehr von Mrs. Walshs sterblichen Überresten. Ihre Sonntagskleidung war mit dunklen Flecken übersät. Er hätte schwören können, dass sie trotz allem lächelte. Des schaffte es gerade noch, sich nicht über seine Schuhe zu übergeben, dann rannte er zu den Gardai.
    Und zum ersten und letzten Mal in seinem Leben lieferte er eine Sendung nicht aus.

    Nachdem die Polizeibeamten von der örtlichen Wache die Tür aufgebrochen hatten, traten sie beiseite und ließen den Forensikern vom Garda-Hauptquartier im Phoenix Park in ihren Astronautenanzügen den Vortritt. Die Männer betraten, begleitet von einer Hundestaffel, stumm das Haus. Die Hunde heulten und winselten, als sie das geronnene Blut rochen, und ihre Führer mussten sie zurückreißen. Ein Experte im weißen Chemikalienschutzanzug kniete neben Moiras ausgestreckter Leiche nieder und untersuchte ihren Schädel. An mehreren Stellen über ihrem Auge waren Vertiefungen zu sehen, als habe jemand mehrmals mit einem stumpfen Gegenstand auf sie eingeschlagen, aber nicht heftig genug, um sie sofort zu töten. Bei der Autopsie wurde später als Todesursache ein massives subdurales Hämatom festgestellt. In anderen Worten, Moira Walsh hatte einen Schlaganfall erlitten, nachdem sie geschlagen worden war. Minuten später war sie gestorben, und die Leiche musste seit mindestens drei Tagen dort gelegen haben. Ein Detective Superintendent hielt den Vorfall zuerst für einen bewaffneten Raubüberfall mit Todesfolge. Als er aber die ganze Geschichte erfahren hatte, murmelte er vor sich hin, dass »die verfluchte Hexe jeden einzelnen Schlag verdient hat«. Denn was die Cops anging, war ihr Tod noch das kleinste Übel.
    An den meisten Wänden befanden sich Kratz- und Scheuerspuren, als habe im Erdgeschoss ein Kampf zwischen mehreren Personen stattgefunden. Auf den Dielen fanden sich Spuren von brauner Schuhcreme und abgeriebenem braunen Leder. Einige Bilder des Heiligen Landes hingen schief an den Wänden. Ähnliche Anzeichen für einen Kampf fanden sich in allen Zimmern des Erdgeschosses, und das machte die unerfahrenen Polizisten nervös. Ein örtlicher Beamter öffnete den Schrank unter der Spüle und fand große Mengen Rattengift. Ein weiterer entdeckte an Moiras Leiche eine schmiedeeiserne Halskette, die im Nacken zugeschweißt war. An der Kette war ein Ring befestigt, an dem ein Schlüsselbund mit mehr als zehn unterschiedlichen Schlüsseln hing. Keiner ließ sich von dem Bund entfernen. »Muss beim Duschen ganz schön geklimpert haben«, bemerkte ein Beamter in einem kläglichen Versuch, das Unbehagen zu vertreiben, das alle befallen hatte. Man entfernte die Schlüssel mit einem Bolzenschneider, und jeder passte in ein Türschloss im Haus. Von außen. Es existierten nur diese Schlüssel, und die meisten Türen waren verschlossen.
    Die forensische Analyse ergab, dass Mrs. Walsh oben verletzt worden sein musste und es beinahe nach unten auf ihre Couch geschafft hatte. Sie war kurz davor zusammengebrochen. Eine dünne Blutspur wies den Beamten den Weg nach oben.
    Die Cops hörten auf zu lachen, als sie bei der Überprüfung dieser Theorie im zweiten Stock ankamen. Zwei der stärksten Männer waren nötig, um die Tür aufzustemmen. Sie drückten ihre Schultern gegen das Holz und sahen sich mit Furcht in den Augen an. Denn der Geruch hier war stärker als der von Mrs. Walshs Leiche. Und sie waren dankbar, dass ein bewaffneter Polizist bei ihnen war, als sie entdeckten, was Desmond geahnt und doch vollkommen verdrängt hatte.
    Das Mädchen lag zusammengekrümmt hinter der Tür, die Hände wie im Gebet um eine verrostete Schaufel gefaltet. »Jesus!«, entfuhr es dem jüngsten Garda, und er suchte Halt am Türgriff. Unten heulten die Hunde, und ihre Krallen machten klickende Geräusche auf dem Holzboden.
    Die roten Haare der Toten waren beinahe schwarz vor Schweiß und Schmutz. An den langen, eleganten Fingern ihrer Hände fanden sich nur noch zwei Nägel, und durch die Fetzen ihres dünnen, ehemals wohl gelben Sommerkleides schimmerten die Rippen durch. Das arme Ding hatte keinen leichten Tod gehabt, wie die Beamten sofort feststellten, aber sie waren sich nicht gleich sicher, ob sie an den beiden Stichwunden in ihrem Unterleib gestorben war oder ob sie einer inneren Verletzung erlegen war. Auf der
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