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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4
Autoren: Marion Chesney
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eigentlich sehr sparsam, aber sie
sammelte sie, wie eine Elster glitzernde Gegenstände sammelt. Als sie ihre
Schätze genügend bewundert hatte, entfernte sie das bißchen Rouge, das sie auf
den Wangen trug, mit Reinigungscreme. Erst als sie sich fürchterlich verrenken
mußte, um die Bänder, mit denen ihr Kleid hinten geschlossen wurde, zu lösen,
wurde ihr bewußt, daß Betty gar nicht erschienen war, um ihr beim Zubettgehen
zu helfen. Betty war zur Kammerzofe aufgestiegen, und ein neues Stubenmädchen
mit Namen Sarah diente im Pfarrhaus. Obwohl Betty schon oft als Zofe gewirkt
hatte, wenn die Schwestern zu Besuch in London waren, hatte sie ihre untergeordnete
Stellung immer wieder ausüben müssen, wenn sie ins Pfarrhaus zurückkehrte. Ihre
Beförderung war das Ergebnis einer Auseinandersetzung, die John Summer mit dem
Pfarrer gehabt hatte und von der man nichts Genaues wußte. Betty wirkt zur Zeit
immer unglücklich, dachte Daphne, und sie hat auch John nicht geheiratet,
obwohl Mr. Armitage eines Tages – kurz nach Carinas Hochzeit – seinen Segen
dazu gegeben hatte.
    Der Pfarrer
war, wenn es um seine Dienerschaft ging, immer noch ziemlich geizig. John
Summer war nach wie vor Stallknecht, Kutscher, Hundeführer und Einpeitscher in
einem. Der Junge zum Silberputzen war zugleich für die Getränke zuständig und
auch als Page tätig. Und Sarah, das neue Hausmädchen, arbeitete als
Stubenmädchen, wenn es die Gelegenheit erforderte. Mrs. Hammer, die in der
Küche herrschte, war sowohl Köchin als auch Haushälterin; und dann gab es noch
einen Mann, der gelegentlich als Butler aushalf, wenn entsprechende Gäste
geladen waren.
    Betty war
in London gewesen, als das älteste Armitage-Mädchen, Minerva, in die Gesellschaft
eingeführt wurde, und war dann mit der zweitältesten Tochter, mit Annabelle,
wieder dorthin gegangen, und sie war auch dort gewesen, als Carina heiratete.
Sie war immer
glücklich und fröhlich gewesen, mal frech, mal schüchtern; und nach Carinas Hochzeit
hatte es ganz so ausgesehen, als ob sie John Summer heiraten und bis an ihr
Lebensende eine gute Ehe mit ihm führen würde.
    Dann war
sie aber krank geworden, und die Krankheit hatte sich eine ganze Weile
hingezogen – sie war so krank, daß Mr. Armitage sie ans Meer geschickt hatte,
in der Hoffnung, daß die frische Seeluft sie kuriere.
    Der
Aufenthalt schien sie auch geheilt zu haben, aber ihre Stimmung hatte sich
nicht gebessert. Betty war seitdem mürrisch und traurig; sie bat die Mädchen
nicht mehr um ihre abgelegten Kleider und flocht sich keine hübschen Bänder
mehr in die schwarzen Locken.
    Ich darf
mir nicht so viele Sorgen machen, überlegte Daphne, als sie sich schließlich
ein bedrucktes Baumwollnachthemd über den Kopf zog und ins Bett schlüpfte. Wenn
man sich zu viele Gedanken macht, bekommt man Falten. – Aber ich hoffe doch,
daß der Bischof nicht kommt!
    Daphne
schlief trotz ihres Kummers sehr rasch ein. Und an Mr. Archer hatte sie nicht
ein einziges Mal gedacht.
    Am
nächsten Morgen um
sechs schien die Sonne bereits kräftig in Daphnes Zimmer. Sie erwachte und
blinzelte; dann grub sie ihr Gesicht in die Kissen und versuchte, noch einmal
einzuschlafen. Aber vor ihren Augen entstand ein Bild, wie sich der Bischof den
Hals brach, auf das ein weiteres Bild folgte, wie ihr Vater vor dem
Newgate-Gefängnis gehängt wurde.
    Daphne
fragte sich, ob sie Diana wecken und um Unterstützung bitten solle. Aber Diana
war ihre jüngere Schwester und mußte vor Schaden bewahrt werden.
    Es wäre
vielleicht gar keine so schlechte Idee, überlegte Daphne, wenn sie sich
ankleiden und dahin gehen würde, wo der Graben so sorgfältig verborgen war.
Falls die Kutsche des Bischofs auftauchen sollte, könnte sie einen lauten
Warnruf ausstoßen. Papa hatte doch gesagt, daß der Bischof früh am Morgen
kommen wolle.
    Als Daphne
eine halbe Stunde später leise aus dem Haus schlüpfte, sah sie gar nicht wie
die Modepuppe, als die sie sich sonst der Welt präsentierte, aus. Ihre Haare
waren straff hinter die Ohren zurückgebürstet und wurden im Nacken von einem
rosa Band zusammengehalten. Unter einem tristen Gewand aus brau ner Baumwolle
trug sie praktische Stiefel.
    Der
Sommermorgen war lieblich und still. In den Hecken zwitscherten die Vögel, und
aus den Feldern stieg ein feiner Dunst wie der Gazevorhang während der
Pantomime vor der Verwandlungsszene.
    Dünner
Rauch kam aus den Schornsteinen der Bauernhäuser. Daphne eilte am Dorfteich und
an
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