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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel
Autoren: Jacques Berndorf
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    Jacques Berndorf
     
    Mond über der Eifel
     
     
    »Sie saß völlig ruhig da, die Hände auf dem Tisch gefaltet, und blickte ins Leere. Leichte rötliche Flecken brannten auf ihren Wangen. Ihre Augen blickten abwesend und bitter. Ich hatte den Eindruck, dass sie Mr. Chris Lavery nicht in besonders angenehmer Erinnerung hatte.«
    Die Tote im See, Raymond Chandler New York, 1943
     
     
    1. Kapitel
     
    Es war das Jahr, in dem der Muttertag auf den Pfingstsonntag fiel, der Eifelhimmel unglaublich blau und vollkommen wolkenlos war und die Temperatur bei zwanzig Grad lag. So etwas macht mich immer misstrauisch, weil ich dann an Starkregen denke und an die Möglichkeit, dass mein Auto auf dem Hof plötzlich bis an die Lenksäule in braunem, schlammigem Wasser steht - alles schon vorgekommen. Maria hatte sich seit Tagen nicht mehr gemeldet, und von Emma und Rodenstock wusste ich nicht genau, ob sie noch lebten.
    Tante Anni hatte mich mit der ungeheuerlichen Nachricht völlig verdattert, dass sie als dreiundachtzigjährige bekennende Lesbe nun endlich ihren ersten Mann ausprobieren wollte. Ihre Wahl war auf Hermann, einen verwitweten Landwirt aus Bongard gefallen, mit dessen Trecker, einem Porsche Junior, Baujahr 57, zwölf PS, sie vor zwei Wochen plötzlich auf meinem Hof angeknattert kam. Zwei Wochen währte das goldene Glück nun schon, und jetzt wendete ich bereits eine Urlaubskarte vom Gardasee in meinen Händen. Was sollte man bloß davon halten?
    Mein Kater Satchmo war aus irgendeinem Grund tödlich beleidigt und lümmelte sich im hohen Gras am Teich. Ab und zu linste er zu mir herüber, aber ich reagierte gar nicht, weil ich zu den Tieren gehöre, die sich die Erde Untertan machten, und auf eine blöde Eifeler Scheunenkatze musste ich nicht reagieren.
    Ja, gut, ich war knötterig, aber was willst du machen, wenn sich alles gegen dich verschworen hat?
    Dann klingelte das Telefon, aber ich wollte nicht rangehen. Satchmos Kopf zuckte hoch, aber er wollte offensichtlich auch nicht. Und so schwiegen wir beide vor uns hin. Da ich den Auftrag hatte, einen Text zum Nationalpark Eifel zu verfassen, überlegte ich kurz, ob ich damit jetzt beginnen sollte, aber es war elf Uhr, und ein Arbeitsbeginn zwischen dem späten Frühstück und der Mittagsruhe erschien mir unangebracht.
    Der Anrufbeantworter sprang an, aus dem Lautsprecher ertönte Rodenstocks Stimme und eröffnete überaus trocken: »Es gibt Arbeit. Eine besonders fiese Geschichte, Baumeister. Eine von den Geschichten, die man eigentlich nicht glauben will.« Ich griff mit einem tiefen Seufzer nach dem Hörer, brummte: »Dann erzähl sie mir«, und damit begann die Sache mit Jamie-Lee.
    Nur ein paar Augenblicke später war Maria am Telefon, um zu fragen, ob sie denn eine Audienz bei mir beantragen könne. Ein Anruf, auf den ich eigentlich mit wachsender Ungeduld gewartet hatte. Aber jetzt war alles anders.
    »Das wird heute nicht gehen«, sagte ich. »Es gibt ein totes Kind.«
    »Kannst du anrufen, wann du Zeit hast?« Ich murmelte etwas Zustimmendes. »Und wer ist das tote Kind?«
    »Ich rufe dich an. Das Kind war dreizehn, mehr weiß ich nicht.«
    »Pass auf dich auf«, sagte sie weich und hängte ein.
    Dann rauschte auch schon Rodenstock in Emmas Volvo auf den Hof, ging hart in die Bremse und staubte mein Haus ein. Emma saß neben ihm.
    Ich stieg hinten ein und wunderte mich über Emma. »Wieso machst du mit?«, fragte ich.
    »Weil ich Kindermörder hasse«, erklärte sie wild. »Ich hasse diese Leute.«
    »Wie würdest du fahren?«, fragte Rodenstock sachlich und stieß rückwärts aus meinem Hof.
    »Runter ins Ahrtal, dann Blankenheim, dann Schleiden, Richtung Olef, am Ausgang von Schleiden links hoch nach Herhahn, dann die B266 an Vogelsang vorbei und dann die Serpentinen runter nach Einruhr.«
    »Das würde ich auch so machen«, nickte er. »Was hat er dir gesagt?«
    »Ich weiß nicht, ob ich alles mitgekriegt habe. Er sagte, er will uns haben, weil wir die Leute ausfragen können, ohne aufzufallen. Wie Pressefritzen, hat er wörtlich gesagt, was sehr viel darüber aussagt, wie er meinen Beruf beurteilt. Das Mädchen heißt Jamie-Lee. Wieso wird ein Mädchen in der Eifel Jamie-Lee getauft? Sie war dreizehn. Sie ist seit gestern Nachmittag verschwunden. Ungefähr fünfzehn Uhr. Sie wurde gefunden, als eine Wandergruppe zwischen Einruhr und Erkensruhr durch den Wald ging. Mehr weiß ich nicht. Doch, ich weiß, wann sie gefunden wurde. Das muss gegen
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