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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4
Autoren: Marion Chesney
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bin
überzeugt, daß es etwas mit Papa zu tun hat, oder er weiß zumindest Bescheid
darüber«, sagte Daphne mit einem Ausdruck, der Lady Godolphin an die
verständnislose Gemütsruhe von Rindvieh erinnerte.
    Es waren
Stimmen zu hören, und im Wagenfenster erschien ein Kopf. Lady Godolphin hob die
Pistole mit beiden Händen, schloß die Augen ganz fest und feuerte. Daphne stieß
ihren Arm nach oben, und die Kugel bohrte sich in das Dach der Kutsche.
    Das Fenster
war offen. Daphne beugte sich hinaus und sagte begütigend zu der Gestalt, die
draußen flach auf dem Boden lag: »Es ist alles in Ordnung, Papa. Lady Godolphin
hat dich für einen Straßenräuber gehalten.«
    Der Pfarrer
von St. Charles and St. Jude rappelte sich auf und drückte sich den
Schaufelhut, der herabgefallen war, wieder auf den Kopf. Er zitterte am ganzen
stämmigen Körper vor Empörung.
    »Zur Hölle
mit Ihnen, Madam«, keuchte er. »Sie hätten mich beinahe zu meinem himmlischen
Schöpfer geschickt!«
    »Daran sind
Sie selbst schuld«, schnaubte Lady Godolphin, die genauso erschüttert war wie
der empörte Pfarrer. »Wenn Sie sich wie ein Geistlicher und nicht wie ein...
wie ein... Dings benehmen würden... Pfarrer gehören in die Kirche und sollten
sich nicht auf der Straße herumtreiben.«
    »Und Sie
sollten mir mitteilen, daß Sie kommen«, antwortete der Pfarrer. »Die Kutsche
kann nicht weiterfahren. Sie und Daphne müssen aussteigen und zu Fuß gehen.
Quer über die Straße geht ein Wassergraben.«
    »Ich habe
Ihnen einen Brief geschickt, daß wir kommen«, sagte Lady Godolphin.
    »Ach, das
war der Brief«, sagte der Pfarrer, und man sah ihm an, daß ihm nicht ganz wohl
dabei war. »Ich habe ihn gar nicht aufgemacht. Ich dachte, das übliche
Weibergeschwätz. Kommt doch endlich runter. Auf dem Heimweg erzähle ich es
euch.«
    Ächzend und
schnaufend kletterte Lady Godolphin, gefolgt von Daphne, vom Wagen herab.
    »John
Summer kann mit dem Handkarren über die Felder fahren und euer Gepäck zum
Pfarrhaus bringen«, sagte Hochwürden Charles Armitage, der seine Gedanken
offensichtlich woanders hatte. Nach außen hin hatte er sich wieder gefangen,
aber man merkte, daß ihn etwas bekümmerte. »Die Kutsche kann mit der
Dienerschaft nach Hopeworth zurückfahren, Madam«, fuhr der Pfarrer fort.
»Kommen Sie. Beeilen Sie sich. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Schnaufend
und eine Erklärung verlangend, folgte ihm Lady Godolphin mit Daphne im
Schlepptau die Straße hinunter. Bei dem Anblick, der sich ihnen dort bot, blieb
beiden Frauen jedoch die Sprache weg.
    Eine Gruppe
Arbeiter aus dem Dorf hatte einen tiefen Graben quer über die Straße gezogen.
Dieser hatte sich mit Grundwasser gefüllt und wurde gerade sorgfältig mit Torf
und Erde zugedeckt.
    »Die
Jägerei hat Sie um den Verstand gebracht«, rief Lady Godolphin aus. »Ich
dachte, Sie hielten es für Blödsinn, Reineke auf andere Weise als mit einer
sündteuren Hundemeute zur Strecke zu bringen. Aber jetzt wollen Sie dem Tier
wohl eine Falle stellen. Lassen Sie sich dazu nur eines sagen, Füchse pflegen
im allgemeinen nicht auf der Straße nach Hopeworth spazierenzugehen. Sie
bleiben in Wald und Feld. Sie...«
    »Die Falle
ist nicht für den Fuchs«, unterbrach sie der Pfarrer bedrückt. »Sie ist für den
Bischof.«
    »Großer
Gott!«
    »Er kommt
morgen in aller Frühe, um mir einen Besuch abzustatten. Er hat vor, mich
aufzufordern, meine Meute aufzugeben.«
    »Dr.
Jameson doch nicht«, wandte Lady Godolphin ein, die sich daran erinnerte, daß
der Bischof gewöhnlich einen großen Bogen um Hopeworth machte.
    »Neuer
Bischof«, sagte der Pfarrer knapp. »Dr. Philpotts. Hat eine Nachricht
geschickt, daß die Jagd für einen Kirchenmann unpassend sei.«
    »Aber der
arme Mann wird sich den Hals brechen.«
    »Der
nicht«, sagte der Pfarrer. »Aber er wird es sich zweimal überlegen, ob er
weiterfährt.«
    »Es ist ein
sehr tiefer Graben, Papa«, wagte Daphne einen Einwand.
    »Kritisiere
nicht an Dingen herum, von denen du nichts verstehst«, fuhr sie der Pfarrer
an. »Über solche Sachen brauchen sich junge Mädchen oder Damen nicht den Kopf
zu zerbrechen.«
    Lady
Godolphin spürte, daß sie zu müde zum Streiten war. Ihre Füße schmerzten
bereits. Und für das Landleben hatte sie sowieso nie wirklich Verständnis
aufgebracht. Es bestand keine Notwendigkeit, sich zu sehr darin zu vertiefen
und sich zu überanstrengen, weil man viel Lärm um nichts machte. Soviel sie
wußte, gruben
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