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Buch Der Sehnsucht

Titel: Buch Der Sehnsucht
Autoren: Anselm Gruen
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abgrenzen und beschreiben können. Aber sie sind Mächte und Kräfte, ihr Erscheinen ist keine Einbildung. Sie wirken und sie betreffen unsere Person. Das heißt, sie können uns begegnen, und sie helfen uns auf unserem Weg der Selbstwerdung, der Personwerdung. Engel schützen unsere Person, und Engel bringen uns mit wesentlichen Bereichen unserer Person in Kontakt. Engel bringen uns in Berührung mit unserer Seele, mit dem inneren Raum der Liebe und Freiheit. Das kann im Traum geschehen, in einem Wort, das uns ein Mensch im rechten Augenblick sagt. Das kann der innere Einfall sein, in dem ein Engel zu uns spricht. Die Bibel erzählt uns von Engeln, die dem Mens chen in konkreten Nöten zu Hilfe kommen. Da ist der Engel, der das Schreien des Kindes hört (Genesis 16), der Engel, der den resignierten Elija wieder aufweckt und aufrichtet (Könige 19), der Engel, der die Jünglinge im Feuerofen mit einem schützenden Hauc h umgibt (Daniel 3). Da gibt es Rafael, den Engel, der die Beziehungen zwischen Mann und Frau und zwischen Vater und Sohn heilt (Tobit). Der Erzengel Michael, dessen Name bedeutet „Wer ist wie Gott?", kämpft für uns, damit keine irdische Macht uns bestimmt, sondern Gott uns zu uns selbst befreit. Gabriel ist der Verkündigungsengel, der uns die Geburt eines Kindes verheißt, der uns hinweist auf das Neue, das in uns aufbricht. Im Neuen Testament der Bibel treten die Engel vor allem bei der Geburt und bei der Auferstehung Jesu in Erscheinung. Ein Engel verkündet die Geburt Jesu und bringt damit Freude in das Leben der Hirten. Die Engel, die Gott loben, vermitteln uns die Leichtigkeit des Seins. So hat sie vor allem die Barockkunst verstanden, die die Wände der Kirchen mit Engeln verzierten, die uns auf das Spielerische unseres Seins hinweisen. Engel kommen zu Jesus in seiner Versuchung (Matthäusevangelium 4,11). Und ein Engel steht ihm bei in seiner Ohnmacht und Angst am Ölberg (Lukasevangelium 22,43). Engel verkünden den Frauen, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Und Engel sind es, die den toten Lazarus in den Schoß Abrahams tragen. Engel werden auch uns in die liebenden Arme Gottes tragen. Wir müssen nicht an Engel glauben. Engel lassen sich erfahren. Engel geben unserer Beziehung zu Gott etwas Menschliches. Gott schickt seine Engel in die konkreten Situationen unseres Alltags. Es gibt keine Situation, die ohne Engel ist, in der wir allein gelassen werden. Das ist die tröstliche Botschaft an uns Menschen - die die Dichter und Maler heute auf neue Weise verkünden: „Besser keine Welt als eine Welt ohne Engel" (Ilse Aichinger).

    HEIL UND GANZ

    Das deutsche Wort „heilig" hängt mit „heil" und „ganz" zusammen. Man könnte sagen: Der heilige Mensch ist geheilt, ganz geworden, in die ursprünglich von Gott geformte Gestalt hineingewachsen, mit dem göttlichen Kern in Berührung gekommen: Er verkörpert all das, wonach wir uns sehnen. Manche Bücher über Heilige haben diese auf einen so hohen Sockel gehoben, dass sie uns fremd erscheinen. Dabei waren und sind Heilige keine perfekten Menschen, sondern Menschen, die alle ihre Fehler und Schwächen Gott gezeigt haben und deren Schattenseiten von Gottes Licht erleuchtet wurden. Sie waren weder fehlerlos, noch in jedem Fall psychisch völlig gesund. Wie wir litten auch die Heiligen an ihren Fehlern und Schwächen. Aber sie haben ja gesagt zu ihrem Sosein und haben es in den Dienst Gottes gestellt. Dadurch wurden selbst ihre - für unser Verständnis kranken Persönlichkeitsanteile zu einer Quelle des Segens für andere Menschen. Ihre Wunden wurden - wie Hildegard von Bingen es ausdrückt - verwandelt in Perlen. Vielleicht ist das das Bemerkenswerte und Wichtige im Leben der Heiligen: gerade in ihren Wunden wurden sie offen für Gott, sensibel für die Bedürfnisse der Menschen und zugleich demütig sich selbst gegenüber. Sie spürten, dass alles, was von ihnen an Heilung ausging, nicht ihr Verdienst war, sondern allein das Werk Gottes. So sind Heilige Zeichen der Hoffnung, dass auch unser Leben gelingen und unsere Sehnsucht erfüllt wird. Wir alle tragen einen Namen. In der katholischen Tradition suchen Eltern für ihre Kinder Namen von Heiligen aus, die zu ihren Namenspatronen werden. Wenn ich die Geschichte des oder der Heiligen meditiere, dessen/deren Name ich trage, lerne ich mich selbst besser kennen. Ich entdecke Seiten an mir, die ich bisher übersehen habe. Ich gewinne Vertrauen, dass ich mehr Möglichkeiten habe,
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