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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut
Autoren: J Thompson
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gehasst, eine gut aussehende weiße Braut, die das Pech hatte, ein strubbelköpfiges schwarzes Kind mit sich herumschleppen zu müssen.
    Ich hätte es gehasst.

2.
    Nehmen Sie ein beliebiges größeres Ziegelsteingebäude. Irgendein altes, schlecht entworfenes dreistöckiges Haus. Stellen Sie es auf spärliches Grasland von ungefähr der Fläche eines Häuserblocks. Beschmieren Sie die von Gießfehlern schimmernden Fensterscheiben. Ölen Sie die ungewischten und nur halb gefegten Fußböden ein. Stopfen Sie doppelt so viele Schüler hinein wie vorgesehen. Das Ergebnis: eine Schule in New York City. Praktisch jede Schule in New York City.
    Diese eine Schule.
    Ein Tresen quer durch das Vorzimmer des Schuldirektors trennte den Empfangs- vom Arbeitsbereich. Eine junge Frau von etwa achtzehn Jahren – hellbraune Haut, glatte, schwarzbraune Haare – schrieb an dem Tisch auf der anderen Seite des Tresens auf der Schreibmaschine. Ich blieb ein paar Schritte zurück, als meine Mutter auf die Barriere zuging und ihren Namen und den Grund ihres Kommens nannte.
    Die junge Frau lächelte sie an – und was für ein hübsches Lächeln.
    »Eine Neuanmeldung? Ach, dafür brauchen Sie nicht zum Direktor. Das kann ich …«
    »Wie heißen Sie?«, wollte meine Mutter wissen.
    »Warum, ähm – Josie – Josephine, Ma’am. Josephine Blair.«
    »Und glauben Sie nicht, Miss Josie Josephine Blair, dass ich besser weiß als Sie, was für meinen Sohn nötig ist?«
    »N-nun, also, ja, Ma’am. Aber …«
    »Danke«, sagte meine Mutter. »Vielen, vielen Dank!« Und damit schritt sie durch die Schwingtür im Tresen und trat ins Büro des Direktors, bevor Josie Blair auch nur einmal mit ihren großen, schönen Augen blinzeln konnte. Ich wollte Mutter folgen, doch plötzlich war die junge Frau hellwach.
    »Ja, bitte?«, fragte sie und baute sich vor mir auf. »Kann ich was für dich tun?«
    »Ich bin der neue Schüler«, antwortete ich. »Allen Smith.« Dann setzte ich noch anständigerweise hinzu, damit sie verstand: »Der Sohn von Mrs. Mary Smith. Der Lady, die gerade so viel Staub aufgewirbelt hat, als sie da reingegangen ist.«
    »Schluss jetzt!« Josie stampfte mit dem Fuß auf. »Was genau hast du … du …«
    Ihr versagte die Stimme. Trotz meiner schwarzen Haut, meines wolligen Schopfs erkannte sie die Ähnlichkeit zu meiner Mutter.
    »Es tut mir so leid«, sagte sie. »Ich hab nicht, ähm, gewusst …«
    »Vergiss es«, erwiderte ich. »Ich such nur nach dem Scheißhaus.«
    Ich fragte sie, ob ich mir ein Stück Kreide ausleihen könnte, weil ich doch so gern schmutzige Bildchen an Klowände malen würde. Josie starrte mich immer noch an und versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen, als Mutter rief: »Allen!« Also ging ich ins Büro des Direktors.
    Sein Name, also der des Direktors, lautete Velie. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig, etwa so alt wie Mutter, und so, wie er gebaut war, hätte er auch als Spielertrainer im Football durchgehen können. Ich konnte sehen, dass Mutter ihn schon in der Gesäßtasche hatte, bildlich gesprochen. Was, um die Wahrheit zu sagen, der Stelle ziemlich nahe kam, an der er jetzt wohl ganz gern gewesen wäre.
    Mutter hatte das Zeug dazu, verstehen Sie, was ich meine? Sie war bis obenhin voll davon. Der arme alte Papa hatte sich in Korea den Arsch wegschießen lassen, aber vorher hatte er sich noch einen hübschen Hintern geangelt.
    Natürlich gibt es noch andere Frauen, die genauso viel vorzuweisen hatten wie Mutter, mit ähnlich schönen Gesichtern und Körpermaßen. Allerdings hatte ich noch keine gesehen, die so gut darin war, das alles auch angemessen zu verpacken. Ein Blick auf das Kostüm von Saks Fifth Avenue – heruntergesetzt auf $ 399,99 . Ein Blick auf diesen Hauch von einem Hattie-Carnegie-Hut – etwas ganz Besonderes , $ 140 . Ein Blick auf die handbestickte Bluse von I. Magnin – nur $ 112,50 . Ein Blick auf …
    Direktor Velie riskierte einen Blick. Denselben, den er offenbar riskiert hatte, als er sie das erste Mal zu Gesicht bekam. Er besah sich all die netten Dinge und die hübsche Verpackung drumherum und entschied, dass es sich um Güter handelte, die seine kühnsten Vorstellungen übertrafen. Er entschied auch, dass sie vielleicht zu haben sei. Was ganz verständlich war.
    Eine Frau, die es mit einem Schwarzen treibt, hat es offenkundig ziemlich nötig.
    Eine Frau, die es mit einem Schwarzen treibt, wird einen Weißen erst recht ranlassen.
    »Also gut!«, sagte Velie, der es
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