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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut
Autoren: J Thompson
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Thompson zwar Anerkennung, aber weder Geld noch Ruhm.
    In den Fünfzigern gab es allerdings durchaus bemerkenswerte Ereignisse für Thompson. Anthony Boucher feierte ihn in der New York Times , und der junge Stanley Kubrick heuerte ihn an, um sowohl an The Killing (1956; dt. Die Rechnung ging nicht auf ) als auch an Paths of Glory (1956; dt. Wege zum Ruhm ) mitzuarbeiten.
    Wenn Thompson nichts anderes getan hätte, als uns in seinen Werken auf eine weitere Führung durch die menschliche Hölle mitzunehmen, dann würden wir kein Wort über ihn verlieren. Dutzende von Autoren haben uns in den Vierzigern und Fünfzigern auf solche Touren mitgenommen.
    Doch denkt man daran, dass Jonathan Swift sein Lieblingsschriftsteller war, dann fangen wir an zu begreifen, wie originell und hinterhältig seine besten Werke waren.
    Hier geht es nicht um die Serienkiller und Irren aus den üblichen Schundheftchen. Thompsons Helden spielen oftmals die Rolle des Unterlegenen, um so ihr wahres Ich vor den vermeintlich Stärkeren zu verbergen – dies ist ihre Stärke.
    Thompsons Bücher handeln im weitesten Sinne von Moral. Wie Dashiell Hammett es ausdrückte, sieht Thompson sehr deutlich, dass alles, was die Menschen sagen, nur sehr wenig mit dem zu tun hat, was sie tun. Ganz offenkundig dient die Verkleidung als Dummkopf – das Sich-Verbergen in Gestalt des Narren – nur dazu, die »Überlegenen« zu verhöhnen, was diese meistens gar nicht erkennen.
    Der zweite Vorteil einer solchen Strategie liegt darin, dem Opfer (dem »Stärkeren«) eine Falle zu stellen. Ohne zu wissen, mit wem – oder womit – sie es zu tun haben, sind sie ganz den Täuschungen des »Schwächeren« ausgesetzt. Dieser weiß genau, was er tut; sie hingegen haben nicht die leiseste Ahnung. Viele von Thompsons Hauptfiguren sind gnadenlose Jäger.
    Blind vor Wut weicht von den vertrauten Pfaden Thompsons ab. Ein verwirrter, verwirrender Roman. Wie viele Kritiker bemerkten, beschloss Thompson offenbar, dass sein Background und sein scharfer Blick für die politischen Bewegungen ihn dazu prädestinierten, eine Untersuchung der afroamerikanischen Bewegung der Sechziger und Siebziger zu schreiben. Das Buch ist in höchstem Maße politisch unkorrekt und gewiss nicht für die Schwachen bestimmt, auch wenn Thompson dies offensichtlich als Satire meinte.
    Blind vor Wut ist, gelinde gesagt, nicht gerade der Erfolg geworden, auf den Thompson immer gehofft hatte. Mit all dem Rassismus, den Andeutungen von Inzest, Irrsinn, Schwulenfeindlichkeit und mehreren Formen sexueller Perversion ist dies wohl Thompsons am wenigsten gelesener, aber am meisten diskutierter Roman.
    Kein ernsthafter Leser Thompsons kann allerdings ohne dieses Buch auskommen. Blind vor Wut nimmt einen besonderen Platz in Jim Thompsons Werk ein. Es ist das faszinierende Experiment eines Mannes, der voller Unruhe in eine neue Richtung gehen will – koste es, was es wolle.
    Ed Gorman, geboren 1941, ist ein legendärer amerikanischer Thriller- und Mystery-Autor, der zahlreiche Preise gewann. Als Co-Autor von Dean Koontz schrieb er Frankenstein: Die Kreatur , den zweiten Teil der Frankenstein -Serie, erschienen im Wilhelm Heyne Verlag.

1.
    Ich hatte Mutter nicht begleitet, als sie die Wohnung mietete (natürlich nicht!). Die Leute hatten mich kurz gesehen, als wir einzogen, aber ich schätze, sie hielten mich für irgendeinen Burschen, den Mutter angeheuert hatte, um ihr zu helfen. Die Wahrheit ging ihnen erst am nächsten Morgen auf, als wir zusammen zu der Schule gingen, in der ich angemeldet werden sollte.
    Unser Apartment lag in einem sogenannten »Garten«-Wohnkomplex am East River. Garten hieß, dass zwischen den einzelnen Gebäuden Grünflächen lagen. Als wir den Weg zwischen den Häusern hindurch nahmen, achtete Mutter sorgsam darauf, dass alle, die uns vielleicht beobachteten (was wohl der Großteil der anderen Mieter gewesen sein durfte), meinen wahren Status erkannten. Sie schnatterte und lachte mich auf ihre aufgekratzte Art an. Ab und zu drückte sie mir die Hand oder legte mir kurz den Arm um die Schultern und presste mich an sich.
    »Ist das nicht hübsch hier, Allen?«, fragte sie fröhlich. »Ich bin sicher, wir werden hier sehr glücklich werden, meinst du nicht?«
    »Hübsch. Sicher«, antwortete ich.
    »Wie bitte, Schätzchen?«
    Ich sagte, ich hätte ihre beiden Fragen damit beantwortet: Es sei ein hübsches Fleckchen, und ich sei mir sicher, dass wir beide hier glücklich werden
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