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0493 - Todestanz der Nixe

0493 - Todestanz der Nixe

Titel: 0493 - Todestanz der Nixe
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Daß Carsten Möbius im Château Montagne auftauchte, war eine absolute Rarität. Entsprechend verblüfft war Professor Zamorra, den Freund und dessen ständigen Begleiter und Leibwächter Michael Ullich plötzlich vor sich zu sehen. Es hatte eine Zeit gegeben, wo sie gemeinsam gegen die dunklen Mächte gekämpft und Zeitreisen in die Vergangenheit unternommen hatten. Aber seit Carsten Möbius die Leitung des internationalen Multi-Konzerns von seinem Vater übernommen hatte, blieb ihm für diese Abenteuer keine Zeit mehr.
    Und da stoppte nun plötzlich der silberblaue Porsche 911 Turbo mit dem deutschen Kennzeichen F-M 1002 auf dem Innenhof des Châteaus, das eine gelungene Mischung aus verspieltem Loire-Schloß und befestigter Trutzburg darstellte. Nicole Duval, Zamorras Lebensgefährtin, Kampfpartnerin und Sekretärin, schüttelte überrascht den Kopf. »Sage mir jemand, daß ich träume!«
    »Dann träumen wir beide dasselbe«, meinte Zamorra.
    Der blonde Michael Ullich, wie üblich nach der neuesten Mode gekleidet, schraubte sich hinter dem Lenkrad des schnellen Sportwagens hervor. Auf der Beifahrerseite stieg Carsten Möbius aus. Daß er der Erbe eines internationalen Multikonzerns mit einem Jahresgesamtumsatz war, hinter dem sich der Staatshaushalt mancher großer Länder verstecken konnte, sah man dem schlaksigen jungen Mann im Sweatshirt und verwaschenen Jeansanzug nicht an. Den zweireihigen Nadelstreifenanzug mit Krawatte, von ihm spöttisch »Jubelkaftan mit Zivilisationsstrick« genannt, trug er nur, wenn es unbedingt zur Repräsentation vor Geschäftspartnern notwendig war; im Räuberzivil fühlte er sich nach all den Jahren auch heute immer noch am wohlsten. Er schwenkte in den Händen je eine Flasche »Stöffchen«, im allgemeinen Sprachgebrauch besser als Apfelwein bekannt. Die beiden ungleichen Männer marschierten schnurstracks und unverfroren auf den Haupteingang zu und traten ein, ohne vorher zu klingeln.
    Das hatten sie ja schließlich noch nie nötig gehabt!
    Zamorra und Nicole kamen ihnen entgegen. »Das wurde ja auch Zeit, daß ihr euch endlich mal wieder sehen laßt«, sagte Zamorra anstelle einer Begrüßung. »Und ein verflixter Geizkragen bist du auch geworden, Carsten. Oder steht euch die ganz große Pleite ins Haus? Du solltest den Steuerberater wechseln, vielleicht kannst du dann demnächst ein ganzes Fäßchen ›Ebbelwoi‹ anrollen lassen und nicht nur zwei lausige Flaschen mitbringen.«
    »Von mir kriegt jeder das, was er verdient«, grinste Carsten. »Manchmal auch, was er ist. In diesem Fall: Flasche zu Flasche.« Er drückte Zamorra die beiden Weinflaschen in die Hand. »Mit einem Faß kann man dich ja nicht unbedingt vergleichen.«
    »Du kriegst gleich was hinter deine ungewaschenen Löffel, wenn du weiter so beleidigend bleibst«, grinste Zamorra zurück. »Kommt herein, liefert den Tribut ab, macht es euch bequem, fühlt euch wie zu Hause, aber benehmt euch bloß nicht so. Schön, daß ihr hier seid. Was treibt euch dazu? Ein vielbeschäftigter Mann wie du, Carsten, leistet sich doch keinen Winterurlaub in Frankreich, oder?«
    Möbius deutete auf den blonden Hünen neben ihm. »Micha meinte, mein Porsche müßte endlich mal richtig ausgefahren werden und nicht nur zwischen Wohnung und Discothek hin und her pendeln. Also sind wir hierher gekommen.«
    Ullich zuckte mit den Schultern. »Wir mußten den Porsche nehmen«, sagte er. »Der Döschewo hält solche Strecken nicht mehr aus. Klappert an allen Ecken und Enden und fällt nur deshalb noch nicht auseinander, weil sich die Schrauben und Nieten untereinander noch nicht einig geworden sind, welche sich zuerst lösen soll.«
    »Sag nix gegen die ›Ente‹«, protestierte Carsten. »Ich wette, sie kommt nächsten Monat noch einmal durch den TÜV.«
    »Aber nur, wenn du jede einzelne Roststelle mit einem Hundertmarkschein zuklebst«, spottete Ullich. »Junge, ich sage dir, das wird teuer. So viele Hundertmarkscheine hat die Bundesbank überhaupt nicht drucken lassen, wie du dafür brauchst. Der Karren wird doch nur noch vom Rost zusammengehalten.«
    »Nun verrate doch nicht immer alle Firmengeheimnisse!« mahnte Möbius. »Laß uns lieber damit beginnen, unsere Gastgeber zu entnerven. Wo waren noch gleich Champagner und Kaviar versteckt?«
    »Ich sorge umgehend dafür«, ließ sich eine Stimme aus dem Hintergrund vernehmen. Raffael Bois, der alte, zuverlässige Diener, hatte die Begrüßung verfolgt, ohne in Erscheinung zu treten,
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