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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Zeit zu sterben
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Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Kritikerin und Autorin in Helsinki.
    1994 erschien der erste Roman mit der attraktiven Anwältin und Kommissarin Maria Kallio.
    Inzwischen liegen in Finnland acht Romane vor. «Zeit zu sterben» ist der erste Roman, der in deutscher Sprache veröffentlicht wird. Weitere werden im Rowohlt Taschenbuch Verlag erscheinen.

    Leena Lehtolainen

    Zeit zu sterben
    Roman
    Aus dem Finnischen von
    Gabriele Schrey-Vasara
    Rowohlt Taschenbuch Verlag

    Die Originalausgabe erschien 1999 unter dem Titel
    «Tappava Säde» bei Tammi Publishers, Helsinki.
    Die Übersetzung wurde freundlicherweise
    vom Informationszentrum für finnische Literatur in Helsinki gefördert.
    2. Auflage Februar 2002
    Deutsche Erstausgabe
    Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Januar 2002
    Copyright © 2002
    by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH,
    Reinbek bei Hamburg
    «Tappava Säde» Copyright © 1999 by Leena Lehtolainen Redaktion Stefan Moster
    Alle deutschen Rechte vorbehalten
    Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt (Foto: ZEFA-Masterfile/Philip Rostron)
    Satz Palatino Light (PageMaker)
    bei Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin Druck und Bindung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany
    ISBN 3 499 23100 X
    Die Schreibweise entspricht den Regeln
    der neuen Rechtschreibung.

    Zeit zu sterben

    Eins

    Das Ferkel hatte nur noch einen Flügel. Von der Ablage hinter der Theke starrte es traurig an mir vorbei. Ich versuchte seinen Blick zu erwischen, um ihm zu sagen, dass ich mich genauso fühlte.
    Irja Ahola war tot. Ihr Mann hatte ihr den Schädel eingeschla-gen, mit einem Schürhaken.
    Ich war wütend und traurig, aber nicht überrascht. Irja hätte sich vor fünf Jahren scheiden lassen sollen, als er sie zum ersten Mal schwer misshandelt hatte. Sie hätte aus der Hauptstadtregion wegziehen und ihren Namen ändern können. Aber Irja wollte nicht gehen. Sie meinte, sie müsse an ihre Kinder und Enkel denken. Wir Mitarbeiter im Frauenhaus Schutzhafen hatten sie in ihrer Entscheidung unterstützt. Wir glaubten den Schläger therapieren zu können, und fanden es wichtig, die Familie zusammenzuhalten. Irja hatte vor fünf Jahren keine Anzeige erstattet und erlaubte uns auch später nicht, die Polizei zu verständigen, wenn sie sich mit blauen Flecken und gebrochenen Rippen ins Frauenhaus geflüchtet hatte.
    Und jetzt war Irja tot.
    Ich holte mir an der Theke noch einen Cidre, obwohl mir schon der erste in die Beine gegangen war. Am Nachmittag hatte mich Hauptkommissarin Maria Kallio angerufen und gefragt, was ich über die ständige Gewalt in der Familie Ahola wüsste.
    Einmal hatte Irja Ahola gegenüber ihrer ältesten Tochter zugegeben, dass die blauen Flecke am Kinn nicht von einem Sturz mit dem Fahrrad stammten, sondern von ihrem Vater. Erst als sie nach dem Totschlag von der Polizei vernommen wurde, war der Tochter aufgegangen, dass die ständigen Verletzungen ihrer Mutter nicht von Zusammenstößen mit Möbelstücken herrührten.
    Kallio hatte mich für halb drei auf das Präsidium bestellt. Ich kannte sie, wir hatten dienstlich miteinander zu tun gehabt, und einmal hatten wir auf einem Seminar beide einen Vortrag gehalten. Seitdem duzten wir uns. Dieses Seminar über vorbeugende Maßnahmen gegen Gewalt in der Familie war die schrecklichs-te Veranstaltung in meinem ganzen Leben gewesen. Trotz Mi-krophon hatte man mich in dem kleinen Saal im Kulturzentrum Espoo in den mittleren Reihen kaum hören können, während Kallio ohne elektronische Hilfsmittel ausgekommen war.
    Ich befürchtete, dass auch sie mir die Schuld an Irja Aholas Tod geben würde. Wir hatten ziemlich unterschiedliche Auffassungen darüber, wie man mit Gewalt in der Familie umgehen sollte. Kallio wollte die Täter ins Gefängnis stecken, während im Frauenhaus Versöhnung und Vergebung als das Wichtigste galten.
    Bis gestern Abend hatte ich so gedacht.
    Als ich in Kallios Zimmer kam, stutzte ich. Die Kommissarin sah müde aus. Zwischen ihren roten Haaren waren ein paar graue Strähnen aufgetaucht, unter den Augen lagen dunkle Ringe. Vor einem Jahr erst hatte sie bei der Espooer Kripo die Leitung der Abteilung Gewaltkriminalität übernommen. Es hatte nicht allen geschmeckt, dass ein so verantwortlicher Posten mit der Mutter eines kleinen Kindes besetzt wurde.
    «Ah, Säde Vasara, guten Tag.» Sie erhob sich hinter ihrem Schreibtisch und gab mir die Hand. «Kriminalmeister Anu Wang
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