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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kevin Brooks
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ich ihn sagen. »Ich will ihn mir ansehen.«
    Robyn antwortete nicht, sondern heulte nur weiter.
    »Los, beweg dich«, sagte Garrow kalt. »Oder ich knall dir auch ’n Loch in deinen scheiß Schädel. Und hör auf zu flennen, verdammt.«
    Ich spürte, wie Robyn zur Seite ging.
    Ich spürte den Strahl der Taschenlampe an meinem Kopf.
    Ich hielt den Atem an und lag vollkommen still.
    »Mann, Scheiße …«, murmelte Garrow in sich hinein. »Sieh dir das an …«
    Falls er vorhatte, auf mich zu schießen, um sicherzugehen, dass ich wirklich tot war, dann war es jetzt so weit. Und als ich so dalag in der Stille und nur noch auf das Klacken seiner Pistole wartete, spürte ich, wie jede Zelle meines Körpers schrie: Beweg dich, geh aus der Schusslinie, bleib doch nicht einfach liegen, verdammt … beweg dich! Und für einen kurzen Moment spürte ich eine seltsame und irgendwie unangebrachte Enttäuschung. Wie war es möglich, dass meinInstinkt von mir das Verkehrteste verlangte, was ich überhaupt hätte tun können? Warum konnte er mir nicht etwas Sinnvolles raten, etwas, das mir wirklich half, zum Beispiel: Entspann dich, bleib ruhig, alles wird gut …
    »Tja … das tut mir jetzt aber leid«, hörte ich Garrow schließlich sagen. »Je mehr, desto besser, oder? Aber ich fürchte, er wär sowieso nur im Weg gewesen, was? Wär bloß … wie nennt man das? Ein Wagen zu viel gewesen? Heißt das nicht so?«
    Fünftes Rad am Wagen , dachte ich.
    »Spielverderber? Spaßbremse? Nein, das mein ich nicht …«
    Jetzt sag ihm endlich jemand, dass es fünftes Rad am Wagen heißt.
    »Egal«, sagte Garrow und ich hörte, wie er die Leiter nahm. »Wir drei können doch immer noch Spaß haben, nicht? Alles in Ordnung da drüben, Miss Ransom?«
    »Verpiss dich«, antwortete Linda.
    Er lachte. »Du klingst fast wie Mark. Der hat sich auch erst aufgespielt … mir gezeigt, wie tapfer und heldenhaft er ist.«
    Ich hörte das schwere Plong der Leiter, als sie gegen den Rand der Luke schlug.
    »Weißt du«, fuhr Garrow fort. »Ganz so tough war er dann aber doch nicht … als ich ihm nach und nach die Finger abgehackt hab, hat er geschrien wie ein Baby. Nach seiner Mama hat er geschrien.«
    Wieder ein Plong … dann das Geräusch von Holz, das über Holz gleitet.
    »Gott, du bist so krank«, sagte Linda.
    »Ja, ich weiß «, sagte Garrow und kicherte in sich hinein. »Schrecklich, nicht?«
    Ich hörte jetzt, wie er die Leiter nach unten schob.
    »Wenn du nicht sofort da weggehst, Robyn«, sagte er, »knall ich dich echt ab, klar?«
    Ich hörte, wie Robyn zur Seite rückte.
    »So ist’s gut«, sagte Garrow. »Noch ein Stück weiter … ja, gut. Und jetzt setz dich.«
    Sie setzte sich hin.
    Die Leiter bewegte sich wieder.
    Ich wartete, horchte.
    Ich wäre fast zurückgezuckt, als das untere Ende der Leiter mein rechtes Fußgelenk traf, doch ich schaffte es, mich unter Kontrolle zu halten.
    »Ups«, hörte ich Garrow sagen. »Pass auf deinen Fuß auf, John.«
    Dann machte es Plong und die Leiter war unten.
    Einen Moment lang war es still, dann ein Schurren, als Garrow auf die Leiter stieg und langsam hinunterkletterte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ich wohl an seiner Stelle die Leiter runtersteigen würde, und ging davon aus, dass er Robyn und Linda sicher im Auge behalten wollte, für den Fall, dass sie versuchen würden, sich auf ihn zu stürzen. Also stieg er wahrscheinlich mit dem Rücken zur Leiter nach unten, von ihr wegschauend, hielt sich mit einer Hand fest, hatte in der andern die Pistole, dazu die Taschenlampe unter den Arm geklemmt …
    Vorsichtig … aber doch gewagt.
    Er kam langsam, Schritt um Schritt, die Holzsprossen der Leiter knarrten leise unter seinem Gewicht … und ich zählte jetzt seine Schritte … eins … zwei … drei … versuchte zu schätzen, wo er wohl auf der Leiter war, wie viele Sprossen sie hatte und wann ich loslegen sollte … bloß nicht zu früh … vier … fünf … aber auch nicht zu spät … sechs … sieben …
    Das Knarren hörte auf.
    Er war auf der siebten Sprosse nach unten.
    Ich hörte, wie er sagte: »Wer will als Erste?«
    Ich fuhr mit dem rechten Fuß zurück und stieß ihn mit voller Wucht gegen die Leiter, und als ich spürte, wie sienachgab, drehte ich mich um und trat mit dem linken Fuß zu. Einen kurzen Moment lang wackelte und eierte das Ende der Leiter über den Boden. Ich schaute nach oben und sah, wie Garrow verzweifelt versuchte, das Gleichgewicht zu halten, dann glitt der
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