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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kevin Brooks
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ging weiter.
    Robyn hatte inzwischen das Ende der Straße erreicht, überquerte die Kreuzung und lief dann nach links. Ich war mit der Umgebung nicht vertraut und wusste nicht, wo sie hinwollte, deshalb legte ich einen Schritt zu und eilte ihr hinterher. Als ich die Kreuzung erreichte, sah ich gerade noch, wie sie von einer Straße mit noch mehr Reihenhäusern nach rechts in einen schmalen Weg abbog, der meines Wissens hinunter zum Wohnwagenpark führte.
    Ich blieb einen Moment stehen und überlegte.
    Um diese Jahreszeit musste der Wohnwagenpark praktisch verlassen sein. Selbst im Sommer war hier nicht viel los. Aber jetzt, Ende Oktober, waren die Touristen längst fort, auf dem Platz konnte niemand mehr sein außer …
    Wem?
    Anwohnern? Leuten von der Insel?
    Warum sollte jemand um diese Jahreszeit in einem Wohnwagen hausen wollen?
    Ich hatte keine Ahnung.
    Ich wusste nur, dass ich von hier aus höchstens einen Teil des Platzes würde einsehen können. Wenn ich also stehen blieb, konnte ich Robyn leicht aus dem Blick verlieren. Wenn ich ihr jedoch hinterherging, würde sie mich vielleicht sehen – einen Fremden, einen einsamen Mann, der ihr in den Wohnwagenpark folgte – und ich wollte nicht, dass sie plötzlich Angst bekam. Vielleicht würde sie mich sogar zur Rede stellen, und das wollte ich ebenso wenig.
    Jedenfalls jetzt noch nicht.
    Ich schaute wieder zu dem Platz mit den Wohnwagen. Er lag circa vierhundert Meter vom Strand entfernt und wurde am südlichen Ende von einem Streifen Land mit Büschen und Wassergräben begrenzt. Zwischen Wohnwagenpark und Strand gab es einen kleinen öffentlichen Parkplatz und daneben ein Gelände, das sich Country Park nannte, obwohl es in Wirklichkeit nicht viel mehr war als eine abschüssigeWiese mit ein paar von Hecken gesäumten Wegen, einem Musikpavillon in der Mitte und einer steilen Holztreppe am Ende, die zum Strand hinunterführte. Im Sommer machten Leute hier Picknick oder ließen Drachen steigen und ab und zu spielte eine Blaskapelle, doch jetzt war das Ganze nichts als ein weiterer windgepeitschter Ort der Leere.
    Einer Leere, die einen unverstellten Blick auf den Wohnwagenpark bot.
    Robyn betrat jetzt den Platz. Sie hielt den Kopf noch immer gesenkt, und so wie sie sich zwischen den Wohnwagen hindurchschlängelte, war deutlich, dass sie genau wusste, wohin sie wollte.
    Ich sah ihr ein, zwei Sekunden hinterher, immer noch unschlüssig, was ich tun sollte. Hier bleiben und hoffen, dass ich sie nicht aus den Augen verlor? Oder die Abkürzung über den kleinen Weg zu meiner Rechten nehmen, der Richtung Wiese führte?
    Was immer ich tun würde, es spielte keine große Rolle.
    Ich wusste sowieso nicht, was ich tat.
    Ich überquerte die Straße und lief den Weg hinab.
    Hale Island liegt direkt vor der Küste von Essex, ungefähr zehn Kilometer südlich von Hey. Die Insel ist klein, etwa vier Kilometer lang und an der breitesten Stelle gerade mal zwei Kilometer breit. Sie ist durch einen kurzen Damm mit dem Festland verbunden, den man The Stand nennt – eine schmale Straße über die Mündung des Blackdown. Die meiste Zeit nimmt man gar nicht wahr, dass es ein Damm ist, genauso wenig, wie man erkennt, dass Hale eine Insel ist, denn normalerweise besteht die Mündung nur aus einer weiten Fläche von Schilf und Schlick. Aber wenn die Flut besonders hoch steigt und das Wasser der Mündung die Straße bedeckt, sodass niemand mehr rüberkommt, bis es bei Ebbe wieder sinkt … dann erkennt man sehr wohl, dass Hale eine Insel ist.Der Weg führte mich auf den von Schlaglöchern übersäten Parkplatz oberhalb der abschüssigen Wiese, und als ich ihn überquerte und meinen Blick über die Wohnwagenreihen weiter vorn streifen ließ, konnte ich Robyn nicht mehr finden. Es hatte angefangen, leicht zu regnen, ein feiner silbriger Niesel, der im Wind trieb wie Spinnenfäden, und die überwiegend weißen Dächer der Wohnwagen leuchteten stumpf in dem schwindenden Licht.
    Ich schirmte die Augen ab und suchte erneut den Platz mit den Wohnwagen ab.
    Nichts.
    Keine Bewegung, kein Anzeichen von Leben.
    Ich blickte über die Schulter. Bis auf einen alten Volvo Kombi mit Decken und einem Hundekorb im Kofferraum war der Parkplatz leer.
    Keine Bewegung, kein Anzeichen von Leben.
    Nichts.
    Ich wandte mich wieder dem Wohnwagenpark zu, zündete eine Zigarette an und wartete.
    Wartete, beobachtete …
    Warten kann ich gut.
    Ich warte ständig.
    Warte und beobachte.
    Es ist kein besonders großartiges
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