Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
und ihrem Hund getan hatte? Lächeln, nicken und weitergehen.
    Keine Ahnung.
    Ich konnte mich nicht entscheiden.
    Doch am Ende musste ich es auch gar nicht.
    Denn gerade, als wir den alten Steinbunker erreichten, der für mich immer ein Zeichen gewesen war, dass ich baldans Ende der Insel kam, schaute ich hinüber und sah, wie Robyn den Weg verließ, auf eine kleine Holzbrücke zulief und den Bach überquerte. Als ihr Kapuzenkopf aus meinem Blickfeld verschwand, überlegte ich, wohin sie wohl ging. Was war auf der anderen Seite des Bachs? Nicht viel, erinnerte ich mich vage. Ein paar abgelegene Häuser, ein paar Bauernhöfe, vielleicht eine Kirche. Das hier war die Ostseite der Insel, der wildere Teil. Besucher und Touristen bleiben gewöhnlich im Westteil, auf der Dorfseite, wo der Sand fein und die Straßen und Geschäfte nie weit weg sind. Hier unten sieht man dagegen höchstens Einheimische, Angler, Leute, die mit ihren Hunden laufen … ab und zu so einen Anorak-Typen mit Metalldetektor. Und manchmal ein paar Jugendliche, nachts, wenn das Übliche abgeht … Sex, Drogen und so weiter.
    Ich konnte Robyn jetzt nicht mehr sehen.
    Sie war verschwunden.
    Ich wusste nicht, wohin.
    Und der Versuch, es herauszufinden, wäre sinnlos gewesen. Wenn ich ihr jetzt nachgehen wollte, müsste ich entweder quer durch die Salzwiesen oder ganz bis zum Strandende laufen und dann auf dem Weg zurück bis zu der Stelle, wo sie verschwunden war. Ich wusste natürlich, dass es Fährten durch die Salzwiesen gab, doch ich wusste auch, dass man schnell im Schlick stecken blieb oder Schlimmeres, wenn man sich nicht gut genug auskannte. Und was das Rennen bis zum Ende der Insel betraf … mir war gerade nicht so nach Rennen.
    Ich fühlte mich zu müde.
    Zu leblos.
    Und es war sowieso egal.
    Ich hatte getan, was ich tun wollte. Ich hatte Serina und Robyn gesehen. Ich wusste, wie sie aussahen. Und ich hatte jetzt ein Gefühl für sie – wer sie waren, wie sie waren, was sie für ein Leben führten …
    Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute über den Strand. Am Ende der Insel, eingehüllt in Regenschleier, erkannte ich noch so eben den Point, eine schmale Landzunge aus Kieselsteinen, die vom Strand vorragt und auf der einen Seite vom Meer, auf der andern von uralten Wattflächen begrenzt wird. Jenseits des Watts, dort, wo die Flussmündung ins Meer übergeht, umrundete jetzt der Kutter, den ich vorher gesehen hatte, eine kleine bewaldete Insel, die ungefähr achthundert Meter vom Ufer entfernt lag.
    Eine junge Frau stand am Ende des Point und blickte über das Watt. Sie schien nichts weiter zu tun, sondern einfach nur dazustehen und schweigend zu schauen, während ihr der Wind durch die Haare fuhr …
    Ich überlegte, ob sie vielleicht wusste, wohin Robyn verschwunden war. Vielleicht könnte ich sie fragen. Wahrscheinlich hätte sie nichts dagegen. Ich könnte ganz einfach hingehen und fragen: »Entschuldigung, dass ich Sie störe, aber – «
    Nein, John , sagte Stacy zu mir. Lass sie.
    »Wieso?«
    Sie ist traurig. Sie will mit niemandem reden. Lass sie in Ruhe.
    »Okay …«
    Ist doch egal, wohin Robyn verschwunden ist.
    »Nein.«
    Du hast getan, was du tun wolltest. Du hast sie gesehen. Du weißt, wie sie aussieht.
    »Sie sieht ein bisschen wie Dad aus.«
    Sie sieht ein bisschen wie du aus.
    »Findest du?«
    Ja …
    »Glaubst du, sie ist Dads Tochter?«
    Kann sein.
    »Dann wäre sie also meine Schwester?«
    Halbschwester.
    »Halbschwester.«
    Ja, das könnte sein.
    »Scheiße.«
    Du bist müde, John. Du musst zurück ins Hotel und dich ein bisschen ausruhen.
    Ich schaute wieder hinüber zum Point und suchte nach der traurigen jungen Frau. Doch sie war nicht mehr da.
    Der Wind wurde stärker.
    Der Regen wurde kälter.
    Ich schloss meine Jacke und lief zurück zum Hotel.

2
    Stacy war meine Frau … Stacy Craine. Sie war meine Frau. Vor siebzehn Jahren, am 13. August 1993, war sie von einem Mann namens Anton Viner vergewaltigt und ermordet worden. Zwei Wochen später schoss ich ihm in den Kopf und entsorgte seine Leiche im Ofen eines Krematoriums.
    Stacy hat mich nie verlassen.
    Sie ist immer in meinem Herzen.
    Das war sie auch vor fünf Tagen, als DCI Mick Bishop in meinem Büro in Hey auftauchte und mir nahelegte, für eine Weile die Stadt zu verlassen.
    »Was heißt ›für eine Weile‹?«, hatte ich ihn gefragt.
    »Zehn Tage … ein paar Wochen. Einfach, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«
    »Es wird also einfach ›Gras
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher