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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kevin Brooks
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Händen.
    Aber vielleicht war ich auch einfach nur paranoid.
    Vielleicht sah ich ja Dinge, die es überhaupt nicht gab.
    Nicht, dass es wichtig gewesen wäre. Ich hatte nur deshalb unter falschem Namen eingecheckt, weil mein richtiger Name, John Craine, in letzter Zeit ständig in den Nachrichten aufgetaucht war, und schließlich hatte ich diesen Ort gewählt, um – in Mick Bishops Worten ausgedrückt – Gras über die Sache wachsen zu lassen. Aber selbst wenn der alte Mann wirklich wusste, wer ich war, und er es der Presse stecken würde …
    Na und?
    Ich brauchte ja nur zusammenzupacken und woanders hinzufahren.
    »Entschuldigung«, sagte ich und ging zur Rezeption. »Sie haben nicht zufällig eine Landkarte von der Insel?«
    Er legte die Zeitung weg, griff unter die Empfangstheke und reichte mir eine fotokopierte Karte.
    »Danke«, sagte ich, während ich sie ansah.
    »Suchen Sie etwas Bestimmtes, Mr Chandler?«
    »Sagen Sie einfach John«, antwortete ich, ohne aufzusehen. »›Mr Chandler‹ macht mich so alt.«
    »Arthur Finch«, antwortete er lächelnd, erhob sich und reichte mir die Hand. »Ich bin alt.«
    Ich lächelte zurück und schüttelte seine Hand, dann schaute ich wieder auf die Karte und versuchte die Stelle zu finden, wo Robyn den Weg verlassen hatte. Der Weg war als gepunktete Linie eingezeichnet, und als ich ihr vom Point aus folgte und schließlich die Gegend genau nördlich vom Bach absuchte, war abgesehen von der Salzmarsch und ein paar verstreuten Gehöften ein kleines schwarzes Kreuz das Einzige, was mir auffiel
    »Ist das eine Kirche?«, fragte ich Arthur Finch und deutete auf das Symbol.
    Er drehte den Kopf, um die Karte besser lesen zu können. »Wo?«
    »Da.«
    »Ah, ich sehe.« Er lächelte. »Nein, das war mal eine, aber ich fürchte, die Karte ist ein bisschen veraltet. In Wirklichkeit ist das inzwischen ein Hofladen.«
    »Ein Hofladen?«
    Er nickte. »Hale Organics. Es gibt dort auf der Insel erzeugtes Fleisch, hausgemachten Käse, Eier von frei laufenden Hühnern … solche Sachen eben.« Er sah mich an. »Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Öffnungszeiten raussuchen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Gibt es sonst noch was in der Gegend?«
    »Was suchen Sie denn?«
    »Nichts Bestimmtes …« Ich sah ihn an. »Könnte nur ein bisschen langweilig werden, verstehen Sie … jeden Tag bis zum Strandende laufen und dann den ganzen Weg wieder zurück.« Ich zuckte die Schultern. »Ich hab einfach überlegt, ob ich noch woanders hinlaufen könnte, nichts weiter.«
    »Nun«, sagte er und wandte sich wieder der Karte zu, »Sie können hier über den Bach und von dort aus gibt es einen kleinen Pfad, der direkt zu dem Hofladen führt. Sonst ist dort nicht viel – ein paar Gehöfte, ein Wäldchen hierund da –, aber vom Hofladen aus könnten Sie über die East Road am Wasser entlang bis zum Damm laufen und von dort über die Coast Road wieder ins Dorf.« Er sah mich an. »Ist aber ein ziemlicher Marsch … dauert bestimmt ein paar Stunden. Und ich würde ihn auch nur empfehlen, wenn sich das Wetter bessert.«
    »Klar …«
    »Und natürlich gibt es viel mehr zu sehen, wenn Sie in den Westen der Insel gehen.«
    »Ja«, sagte ich und nahm die Karte. »Vielleicht mach ich einfach das.«
    »Kann ich Ihnen sonst noch behilflich sein?«
    »Nein, danke, im Moment nicht.«
    »Essen Sie heute Abend hier?«
    »Ich weiß noch nicht.«
    »Kein Problem«, antwortete er freundlich. »Wir werden wohl kaum ausgebucht sein.«
    Ich nickte und fühlte mich plötzlich unglaublich müde. Zu müde, um zu sprechen. Zu müde, um zu lächeln. Zu müde, um mich zu bewegen.
    »Tja …«, meinte Arthur Finch zögernd. »Wie gesagt, wenn Sie noch etwas brauchen …«
    Ich nickte einfach noch mal und hoffte, dass ich nicht so schlimm aussah, wie ich mich fühlte. So wie mich der alte Mann anblickte, war mir klar, dass er allmählich annahm, irgendwas sei ganz und gar nicht in Ordnung mit mir. Ich wusste, wenn ich mich nicht sofort vom Fleck rührte oder noch irgendwas sagte, würde er sich ernsthaft Gedanken machen: Was tut der? Wieso steht der nur da? Was ist verdammt noch mal mit dem los?
    Also holte ich tief Luft, legte beide Hände auf den Rand der Theke, um mich abzustützen, murmelte schließlich mit einem gezwungenen Lächeln irgendetwas ausreichend Vages, nickte noch mal und stieß mich von der Theke ab.
    Mein Hirn funktionierte nicht mehr.
    Meine Beine waren zu schwer.
    Ich wusste nicht mehr, wie man lief.
    Doch
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