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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
Autoren: Tanja Heitmann
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Prolog
    Feuergeburt
    Adam.
    Eben war da nur Leere gewesen. Jetzt zerschnitt diese Stimme die Stille. Sie dröhnte, als habe man eine Bronzeglocke in einem zu kleinen Raum geschlagen, so dass die Wände bebten. Allmählich verklang ihr Echo. Stille breitete sich erneut aus, angenehm und betäubend.
    Adam.
    Da war sie wieder, diese lästige Stimme. Widerwillen regte sich, wo eben noch kein einziges Gefühl vorhanden gewesen war. Gefolgt von Wut. Dann verblassten die Empfindungen, und die Leere kehrte zurück. Ein süßes Nichts, das alles auslöschte.
    Adam, wach auf.
    Die Leere hob endgültig ihren Schleier und zeigte eine Welt, die aus einem blutroten Himmel und dieser aufdringlichen Stimme bestand. Keins von beiden war gut, auch nicht die sich langsam aufdrängende Vermutung, gefangen zu sein. Das alles sollte aufhören. Sofort.
    Adam, wach endlich …
    »Nein!«
    Das Wort war heraus, ehe er überhaupt eine Vorstellung davon hatte, Kehle und Mund zu besitzen, die sie hervorbringen konnten. Nun war es zu spät. Seine eigene tiefe, seltsam raue Stimme hallte ihm in den Ohren und brachte den Beweis, dass
er tatsächlich eingesperrt war: in einem Körper. Und der Weg zurück in die Leere war verwehrt.
    Ein verzweifelter Schrei kam über seine Lippen, die er mit einem Mal spürte, so wie er jeden einzelnen Teil seines Körpers spürte. Sein Brustkorb stand in Flammen, während sein Herz mit jedem Schlag Lava durch seine Venen jagte.
    Er brannte lichterloh.
    Qualvoll riss er die Augen in dem festen Glauben auf, nichts als ein Flammenmeer zu erblicken. Stattdessen sah er in den Himmel, eingerahmt von zwei Häusergiebeln. Morgenrot schimmerte in der Ferne, unerreichbar. Um ihn herum war alles Grau in Grau und Schwarz.
    Aber woher stammte dieser unerträglich glühende Schmerz?
    Mit einer Hand, die seinem Willen kaum gehorchte, griff er sich an die Brust, spürte Stoff, der klebrig und schwer war, und zerrte ihn beiseite. Seine tauben Fingerspitzen wanderten über kühle Haut.
    Das konnte unmöglich sein. Seine Haut konnte nicht kalt sein, er brannte doch!
    Obwohl ihm vor Anstrengung Funken vor den Augen aufstoben, zwang er seinen Kopf ein Stück nach oben, um auf seine freigelegte Brust zu starren, die wider Erwarten nicht in Flammen stand. Nicht einmal ein Glühen, nur das feine Heben und Senken war im diesigen Licht der Gasse auszumachen. Voller Unglauben grub er seine Fingernägel ins Fleisch, dort, wo er sein Herz schlagen und Feuer versprühen fühlte. Eine feine Spur dunklen Bluts drang hervor, während die aufgerissene Haut sich mit einem Kribbeln bereits wieder zusammenzog. Als er das Blut beiseitewischte, waren die Kratzspuren nicht mehr als rasch verblassende Linien.
    Keine Schändung meines Tempels, wenn ich bitten darf.
    Da war sie wieder, diese spöttisch klingende Stimme, die sich wie Säure zu ihm durchfraß.Wem gehörte sie bloß?

    Stöhnend presste er die Hände auf die Ohren, konnte kaum dem Bedürfnis widerstehen, den Kopf auf den Boden zu schlagen. Es war nicht ausreichend Platz für sie beide vorhanden, verflucht. Jeden Augenblick würde sein Schädel regelrecht bersten, so groß war der Druck. Doch noch größer war seine Abneigung gegen den Quälgeist, der ihn gerufen hatte, um ihn in diesen gepeinigten Körper zu zwingen und zu verhöhnen.
    Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich auf die Seite zu drehen, so dass sein Gesicht auf nassem, rauem Pflasterstein zum Ruhen kam. Er lag in einer Gasse, wie etwas Weggeworfenes. Es war ihm gleich, er würde einfach hier liegen bleiben. Darauf warten, dass es vorbeiging. Am besten alles.
    Es ging auch vorbei, zumindest das bestialische Brennen. Nachdem es gewaltsam in jeden Winkel seines Körpers eingedrungen war, erlosch es nun langsam. Zurück blieb das unbestimmte Gefühl, gebrandmarkt worden zu sein. Als sei jede einzelne Zelle mit einer eigenen Markierung versehen worden, die den neuen Besitzer dieses auf dem nackten Boden in einer Hinterhofgasse liegenden Leibs auszeichnete.
    Obwohl die Schmerzen sich endlich verflüchtigt hatten, blieb er reglos liegen, vor Erschöpfung außerstande, auch nur eine der Haarsträhnen, die an seiner Stirn klebten, fortzuwischen. Sehnsüchtig wartete er auf den Schlaf.Was danach kam, war ihm gleichgültig. Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Stattdessen stieg eine prickelnde Energie auf, die darauf drängte, in Bewegung umgesetzt zu werden. Sein Geist mochte sich nach einer Auszeit sehnen, aber seine Glieder
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