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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Kevin Brooks
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begonnen aufzugehen, das Licht der Dämmerung kroch über den Horizont herauf und sprenkelte das Meer mit einemflimmernden roten Schein. Das leise Schreien unsichtbarer Seevögel schwebte in der Luft und von irgendwo auf dem Kutter hörte ich das Klirren der Takelage, die im Wind hin und her schlug.
    »Was macht dein Kopf?«, fragte Robyn leise.
    »Tut weh«, antwortete ich und sah sie an. »Und was ist mit deinem?«
    »Keine Ahnung … also, er tut nicht weh , aber … na ja, du weißt schon …«
    »Du brauchst einen Schuss?«
    Sie seufzte. »Ich fang an, etwas rappelig zu werden, ja.«
    »Wie lange dauert’s noch, bis es richtig losgeht?«
    »Geht wahrscheinlich noch eine Weile …« Sie sah mich an. »Was passiert, wenn wir auf die Insel zurückkommen?«
    »Keine Ahnung … vermutlich erst mal nicht viel. Wen immer Linda anruft – die Polizei, den Zoll –, sie werden nicht kommen können, ehe die Flut zurückgeht, und wir können auch nicht weg von der Insel, also müssen wir wohl einfach abwarten.«
    »Was ist mit Tait und Boon?«
    »Na ja, so wie ich Tait kenne, hat er wahrscheinlich schon mitgekriegt, dass Linda gerade die Küstenwache anruft, und es wird nicht lange dauern, bis er merkt, was passiert ist. Das heißt, er wird jetzt erst mal alles tun, um seine Spuren zu verwischen. Boon sicher auch. Um die müssen wir uns im Augenblick keine Sorgen machen.« Ich sah Robyn an. Sie schwitzte jetzt, ihre Hände zitterten. Sie wackelte ständig mit dem Fuß. »Hast du Stoff zu Hause?«, fragte ich sie.
    »Ein bisschen was …«
    »Zu Stevies Wohnwagen kannst du nicht.«
    »Hatte ich auch nicht vor.«
    »Ich bezweifle ohnehin, dass er da ist.«
    »Gut. Ich will das Arschloch sowieso nie wiedersehen.«
    »Wirst du zurechtkommen? Was hast du vor?«
    »Keine Ahnung. Einfach … was weiß ich …«
    Sie weinte jetzt.
    Ich legte meine Hand auf ihren Arm. »Ist schon okay … wir finden was, ja?«
    »Ist überhaupt nicht okay«, sagte sie leise und wischte sich die Augen trocken. »Zum Heulen ist das … ich hasse es. Ich hasse, dass ich hier mit dir sitze und wir zusammen diese schreckliche Scheiße erlebt haben, wir wären fast gestorben und so viele andere sind wirklich tot … und ich kann an nichts anderes denken, als mir so eine verdammte Nadel in den Arm zu jagen … das ist überhaupt nicht okay.«
    Ich drückte ihre Hand.
    Sie sah mich an. »Tut mir leid. Ich wollte nicht – «
    »Nicht wichtig«, sagte ich leise. »Du bist doch meine Schwester, okay? Das ist das Einzige, was ab jetzt wichtig ist. Was immer du tust, was immer du tun willst … du bist und bleibst meine Schwester.«
    Sie lächelte durch die Tränen. »Ja …«
    »Und ich werde immer auf dich aufpassen, okay? Egal, was mit dir ist.«
    Sie schniefte, putzte sich die Nase und grinste. »Heißt das, dass ich auch auf dich aufpassen muss?«
    »Ich fürchte, ja.«
    Wir saßen noch eine Weile da und rauchten, schließlich kam Linda zurück und erzählte, die Küstenwache sei unterwegs.
    »Es wird nicht lange dauern«, meinte sie. »Zwanzig Minuten, höchstens eine halbe Stunde. Ich muss nur noch einen Anruf machen, bevor sie hier sind, ja?«
    Wir sahen zu, wie sie wieder zurück in die Kajüte ging, und dann sagte Robyn: »Meinst du, sie sagt ihnen, was du mit Garrow gemacht hast?«
    »Ich wüsste nicht, wie sie es vermeiden kann.«
    »Hast du Angst?«
    »Nicht wirklich … im Moment jedenfalls nicht. Vielleicht,wenn sie mich anklagen, ein bisschen. Denke ich mir.«
    »Aber es war Notwehr …«
    »Allerdings habe ich mich dabei nicht gerade auf einen angemessenen Gebrauch von Gewalt beschränkt, oder?«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich fand’s schon angemessen.«
    »Na gut … wir werden ganz einfach abwarten müssen, denke ich.«
    »Gehst du wieder zurück nach Hey?«
    »Wenn ich kann, ja.«
    »Hast du jemanden, zu dem du zurückgehst?«
    Ich sah sie an. Ihr Zustand hatte sich deutlich verschlechtert – sie zuckte, zitterte, schwitzte –, und obwohl ich keine große Lust mehr zum Reden hatte, ging ich davon aus, dass sie alle Hilfe brauchte, die sie kriegen konnte, um sich von ihrer Sucht abzulenken.
    »Und, hast du?«, fragte sie.
    »Hab ich was?«
    »Ob du in Hey jemand Besonderen hast, zu dem du zurückgehst? Frau, Freundin …?«
    »Ach so, na ja …«
    »Tut mir leid«, sagte sie, plötzlich sauer auf sich. »Geht mich ja nichts an, verdammt.«
    »Nein … nein, ist schon in Ordnung. Ich hab nur …«
    »Du musst mir nichts sagen. Echt
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