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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
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und
Glückseligkeit, wie es ihnen nicht zugedacht ist. Noch ist es nicht zu spät,
und die Narben im Gesicht der Tochter sieht man kaum noch, höchstens, wenn sie
wütend wird.
    Aber vor allem darf Dominika bei
der Hochzeit nicht mehr so dünn und zerbrechlich sein, dass jeder Wind sie
erfassen und hierhin und dorthin verwehen kann. Sie muss beschwert, mit etwas
Gewichtigem an die Erde gebunden werden. Dominika züchtet Basilikum auf der
Fensterbank, und wenn sie wegfährt, lässt sie Sachen im Kühlschrank stehen,
die Jadzia argwöhnisch beschnuppert und mit der Zungenspitze kostet. Bigos
solltest du essen, du Nörgeljörgel, mit Kartoffeln und Kotelett! Gegen einen
Mann aus dem Ausland hat Jadzia nichts, doch unser polnisches Essen, das hält
sie für das beste auf der Welt, und sie braucht nichts anderes zu kosten, um
sich eine Meinung zu bilden. Ihre Meinung ist seit langem fertig, sie hat
keine Berichtigung nötig, besten Dank.
    Sie macht der Tochter Platz neben
sich auf der Couch und hält ihr die Naschereien hin, die sie im Sonderangebot
gekauft hat. Zwölf Törtchen plus zwei gratis, ein echter Preisknüller von Real.
So ein großer Laden gleich vor der Haustür bietet Zerstreuung und hilft sparen,
das weiß Jadzia zu schätzen, denn der Hang, überflüssige Dinge zum halben Preis
zu kaufen, kommt sie teuer zu stehen. Sie richtet die Törtchen hübsch auf einem
kleinen Teller an und reicht sie der Tochter, schnalzt mit der Zunge: lecker!
Ich werd schon dafür sorgen, dass du Fleisch auf die Rippen kriegst, du
Nörgeljörgel. Die Tochter weiß schon lange, dass der Wind den Nörgeljörgel mit
sich gerissen hat. An die Schnur eines roten Ballons geklammert, flog er davon,
so schön flog er da, die Erde rückte ganz weit weg, der Himmel war zum Greifen
nah, glatt wie hellblaues Glas. Deshalb spuckte die kleine Dominika rote Beete
aus und würgte an den Kalbswürstchen, die auf den Knien der Mutter
bereitstanden und warteten, dass der Wind auch sie mitreißen würde, in die
BeErDe und noch weiter, auf die Bula-Bula-Inseln, und Piaskowa Göra würde nur
noch ein Fleckchen am Horizont sein, nicht größer als ein Fliegenschiss. Doch
das Märchen hatte ein anderes Ende. Der Nörgeljörgel wurde mit Frikadellen
bombardiert und mit gebratenen Koteletts beschossen, bis er sie aß, dann wurde
er schwerer und sank herab. Er ist normal geworden, sagte Jadzia, er hat
angefangen zu essen. Bestimmt ist er irgendwo gelandet, wo er heute noch
wohnt.
    Die Mutter möchte demnach, dass
ihre Tochter sich niederlässt, während die Tochter die bodenständige Mutter
aus ihrer Trägheit reißen und zu einer Reise ins Ausland bewegen will.
Meistens leben sie in einem Gleichgewicht der Kräfte, indem jede stur auf dem
beharrt, was sie will. Nein, nein und nochmals nein, darauf besteht die Mutter,
die Tochter lockt, umflattert sie, schlägt mit den Flügeln, gibt dem weichen
Körper der Mutter plötzlich einen Schubs, Los, Bruno, gehn wir auf ein Bier. Dominika schickt Postkarten, die
vor Farben sprühen wie kleine Feuerwerke, sie schreibt: Mama, wenn Du kommst,
siehst Du die schöne Stadt auf der Postkarte, in Wirklichkeit ist sie natürlich
größer, echter. Hier sind die Abende warm, und es gibt Restaurants, wo abends
Musik gespielt wird, die Melonen sind so groß, dass ein kleines Kind in einer
Hälfte liegen kann wie in einer Wiege. Treppen führen direkt zum Meer, wir
trinken Kaffee mit Aussicht, und im Frühling blühen die Berge weiß, gelb und
lila. Das alles kostet gar nicht viel, wenn Du nicht immer in Zloty rechnest.
Wir freuen uns alle, wenn Du kommst, die ganze Familie, und es kostet uns auch
nicht mehr, ganz im Gegenteil, Du kannst Dich hier sogar nützlich machen, Du
wirst schon sehen. Jadzia denkt, dass diese Leute von Dominika, die dort
angeblich alle auf sie warten, doch ein wahres Sodom und Gomorrha sind. Einer
ist fast schwarz, und obwohl er studiert hat, läuft er abgerissen herum und
trägt Ketten und Perlchen, dann ist da ein Mannweib, so ein Homo-dingsbums, und
alle auf einem Haufen, man weiß nicht, wer mit wem und von wem das Kind ist,
das dazwischen herumwuselt. Verrücktheit ist das, Spinnerei, und keine normale
Familie, die ja aus Mutter Vater Kind besteht, verbunden durch Sakrament und
Gefühle plus Großmutter, um das Kind zu betreuen. Verstecken sollte sie sich,
diese Familie von Dominika, in Gottes Namen, ihren Lebenswandel geheimhalten
und nicht vor aller Augen ausbreiten. Aber nein, sie machen sich
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