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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
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Joanna Bator
     
    Sandberg
     
    Roman
     
    Aus dem Polnischen und mit einem
Nachwort von Esther Kinsky
     
    Die Originalausgabe erschien 2009
unter dem Titel Piaskowa Gora im Verlag
W. A. B. in Warschau.
    Die Übersetzerin dankt dem
deutschen Übersetzerfonds für die großzügige Unterstützung ihrer Arbeit. Die
deutsche Ausgabe erscheint mit Unterstützung des Polnischen Buchinstituts
©POLAND Translation Program
     
     
    Sandberg
     
    Meiner Familie
     
    Alle Gestalten des Romans sind
frei erfunden, mögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Personen Zufall.
     
     
    A nfang
     
    Jadzia watschelt und hinkt,
Dominika ist leicht und zerbrechlich. Die Knochen würden wie Eiswaffeln
knacken, wenn Jadzia sich auf ihre Tochter setzte. Dafür ist Dominika
schneller, sie schlägt Haken. Sie macht Sprünge und schert aus wie ein Hase in
einem sowjetischen Zeichentrickfilm. Bei jeder Annäherung von Dominika und
Jadzia droht eine Kollision, die Gefahr wächst proportional zur Entfernung, aus
der sie aufeinander treffen. Jadzia ist immer am selben Ort, Dominika ist es,
die im Steilflug abhebt oder ankommt. Sie macht eine abrupte Landung auf
Piaskowa Gora, dass die Funken sprühen, bis sie zum Stehen kommt, kurz darauf
steigt sie in einer Staubwolke schon wieder in die Luft.
    Jadzia wäre es lieber, wenn sich
Dominika nicht so weit von ihr entfernte und nicht dauernd herumgondelte. Die
Mutter sehnt sich danach, dass ihre Tochter sich niederlässt und sesshaft
wird. Nun tu doch nicht so rennen, du Wirbelwind, sagt sie immer wieder, obwohl
sie weiß, dass die Tochter es nicht mag, wenn sie so dörflich redet. So eine
Städtische ist sie. Mama, es heißt renn nicht so und nicht tu nicht so rennen,
verbessert sie neunmalklug, und es heißt wir und nicht mir. Als war da ein
Unterschied. Jadzia sieht jedenfalls keinen, Jadzia sieht lieber dasselbe.
    Na, setz dich doch mal einen
Augenblick auf deinen Hintern, du Wirbelwind, du Flattervogel, ruft sie und
klopft neben sich aufs Sofa, setz dich, ich stell jetzt den Fernseher an.
Jadzia macht es sich bequem in der zersessenen Kuhle, diesem Nest, das einst
der Platz von Stefan war, ihrem Mann. Dort hatte er nach der Arbeit gesessen
und war bei den Fernsehnachrichten oder dem sonntäglichen Naturfilm über das
Leben exotischer Tiere und Insekten eingeschlafen. Guck dir mal den Kopf von
dieser Reptilie an! rief er, oder er bohrte in der Nase und schnipste den Fund
in den Palmentopf. Tief unten im Kuhlennest hütete er das silberne Ei seiner
Flasche, ein Ei, aus dem nie etwas schlüpfte. Jadzia nahm das Nest erst Jahre
nach dem Tod ihres Mannes in Besitz. Jetzt guckt sie ihre Telenovelas von
Stefans Platz aus und wünscht sich, dass Dominika mit ihr guckt. So als Mutter
und Tochter. Sie auf dem Platz der Mutter und Witwe, Dominika auf dem alten
Platz der Mutter, dem für sie glattgeklopften. In dieser Folge wird
herauskommen, dass Maria Celesta schwanger ist, von diesem Dunklen mit
Schnurrbart wie Leoncio aus Isaura, von dem
Jadwiga den Namen vergessen hat. Luis Alfredo oder so ähnlich.
    Jadzia bringt oft Daten und Fakten
durcheinander, doch sie hat immer noch Träume. Sie sind alt und ziemlich
abgenutzt, aber sie existieren. Jadzia wirft ungern was weg. Lieber bewahrt sie
es auf, man kann nie wissen, wann man es mal brauchen kann. Altes ist oft von
besserer Qualität als Neues, und dann hat man es gleich zur Hand. Suchet, so
werdet ihr finden, sagt Jadzia und bohrt sich in die angesammelten Schichten
von Anschaffungen in der Wäschekommode wie ein Bergmann in eine Wand
Walbrzycher Kohle. Alles hat sie schon eingeplant: das Traumkleid der Tochter
und die kirchliche Hochzeit. In einem Kleid, wie sie nie eins besaß. Sie musste
in einer umgenähten Gardine heiraten, die die Deutschen zurückgelassen hatten,
die Füße geschwollen in zu kleinen Pumps, was hatte sie sich gequält! Dominika
wird bei ihrer Hochzeit aussehen wie aus der Illustrierten ausgeschnitten, wie
die Tochter von irgendwelchen Champignonzüchtern oder Doktoren aus Szczawno
Zdröj. Sie kriegt ein Kleid aus dem Salon Sabrina am Markt oder vielleicht
sogar aus Breslau. Mit Korsage und Schleppe. Das wird alles auf Video gefilmt.
Den Schleier für die Tochter wird die Mutter heimlich selbst sticken. Und dann
mit der Pferdekutsche zum Ball ins Prinzenschloss, in Brautkleid und Schleier,
der im Winde weht. Wie werden sie sich die Augen ausglotzen, die's nicht haben
glauben wollen, erstarren werden sie vor so viel strahlender Schönheit
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