Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
Vom Netzwerk:
ihre Mohairmütze verlor.
Keine der kleinen Katastrophen im Babel konnten sie unterkriegen - weder
Stromausfälle noch Heizungsexplosionen und ganze Serien von
Familienstreitereien. Sie gab erst klein bei, als ihr in einer Januarnacht ein
Schwall faulig stinkenden Wassers aus dem Kran entgegenschoss und sie auf den
Boden des dunklen Badezimmers warf - das Licht hatte sie natürlich nicht an,
das wäre ja reine Geldverschwendung. So lag sie ein paar Stunden auf dem Boden
und weinte leise, bis sie genügend Kraft gesammelt hatte, um, das gebrochene
Bein nachziehend, zum Telefon zu kriechen. Gut, sie würde zu Dominika kommen!
Bitte sehr. Aber Dominika solle nur nicht damit rechnen, dass sie diese Sprache
lernen wird, an der man sich ja die Zunge abbricht. Die können mit ihr so
reden, wie sie wollen, sie wird dann auf nischt ferschtejen schalten,
dosvidania und damit basta.
    In der Wohnung
von Familie Chmura blieb nur noch das Kristall einzupacken. Jadzia hatte
zugestimmt, dass die beauftragte Firma alles andere machte, aber ihr Kristall
durfte kein Fremder anfassen, das machen sie mit ihren Pfoten dreckig, oder sie
stibitzen es und dann ade, auf Nimmerwiedersehen. Dieses Kristall, das ist ein
Vermögen. Ja, gewiss, jetzt sind diese Sachen nicht in Mode, aber sie sollte
nur abwarten, das kommt alles wieder, dann wirst du es aufstellen, wie es dir
gefällt, sagte sie zu Dominika, während sie die monströsen Terrinen und Bonbonnieren
in Zeitungspapier einwickelte. Dafür opferte sie mehrere Jahrgänge der Freundin, deren Seiten jede Menge Löcher
aufwiesen, wo Jadzia über die Jahre Ratschläge und
Kochrezepte ausgeschnitten hatte, die allesamt verblassten und zerbröselten,
bevor sie als Strudel, Torten und Fleischfüllungen Gestalt annehmen konnten.
Die sind ganz zerbrechlich, seufzte sie, und zart. Sicherheitshalber stopfte
sie die Hohlräume der Gefäße mit Sockenkugeln und Wäsche aus.
    Dominika bemerkte, dass die kranke
Hand ihrer Mutter dunkler und verkrampfter geworden war. Sie sah aus wie der
Zweig eines toten Baumes. Jadzia war so viel kleiner als sie — eine kleine,
runde, kantenlose Mama im Taschenformat. Klein wie die jüngere Schwester, die
Dominika nie gehabt hatte. Sie gingen hinaus, und Jadzia Chmura schloss die
leer geräumte Wohnung zweimal ab und rüttelte sicherheitshalber auch einmal an
der Klinke, wie sie es immer tat, obwohl nichts mehr darin war. Aber weißt du,
Kind, es tut einem doch leid um dieses Piaskowa Göra, sagte sie, als sie
davonfuhren.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher