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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
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gesagt, wenn sie gewusst hätte, wie Zbyszek reagieren würde,
weil er sie und Jagienka zusammen gesehen hatte. Was hat er gegen dieses
Mädchen? Er hat sich wahnsinnig aufgeregt, dass sie sich mit Jagienka abgibt,
er hat sie herumgeschubst und so geschrien, dass die Nachbarn an die Wand
geklopft haben. Diese Hure soll es nicht mehr wagen, meine Tochter anzufassen,
drohte er, vielleicht hatte sie wirklich einen Fehler gemacht. Am Abend ist er
irgendwohin gegangen, hat die Tür hinter sich zugeknallt, davon ist Pati aufgewacht,
und sofort ging das Gebrüll los.
    Zbyszek ging
zur Telefonzelle. Er hatte Glück, Jagienka war allein. Hast du Sehnsucht?
lispelte sie. Es ist aus, sagte Zbyszek, er seufzte, als hätte er hundertvierzig
Kilo abgeworfen, und hielt die Sache für abgeschlossen. Was für eine
durchgeknallte Fotze war diese Jagienka, dass sie ihre Pfoten nach seiner Frau
und seinem Kind ausstreckte, dass sie vermischte, was getrennt bleiben musste.
Manchmal hat man die Nase wirklich gestrichen voll und will bloß noch in den
Krieg, egal wohin, um alles zu vergessen.
     
    Als Hochwürden
Postronek den anonymen Brief mit Tag und Uhrzeit von Adas' geplanter Flucht mit
Dominika bekommt, ist die Abreise des jungen Kaplans nach Italien beschlossene
Sache. Er muss sich nicht einmal in einen Pilgerbus quetschen, denn Mutter
Leokadia hat das Geld für ein Flugticket lockergemacht. Es fehlt nur noch die
Zustimmung des Reisenden selbst, der von seinem Glück noch nichts weiß. Adas'
Blick ist ganz abwesend, die ganze Nacht brennt Licht in seinem Zimmer, aber er
vernachlässigt nicht seine Pflichten. Seine Konzerte in der Kirche sind so gut
besucht, als wäre Krzysztof Krawczyk persönlich nach Walbrzych gekommen. Den
ganzen Juni über Hochzeiten, jedes Paar fragte, ob Kaplan Adas auch spielen
würde. Wird Kaplan Adas auch spielen? fragten die, die Taufen bestellten und
diejenigen, die einen zu beerdigen hatten. Hochwürden Postronek betrachtet den
jungen Kaplan und sieht sich selbst vor vielen Jahren. Sein früheres Ich und
Adas sind für denselben Weg bestimmt, daran hat Hochwürden keinerlei Zweifel.
Das Ticket, ein gutes Wort, die nötigen Reiseutensilien - Leokadia Wawrzyniak
weiß, was sie tut. Wer sollte es sonst wissen, wenn nicht die Mutter?
    Als Adas in
Zivilkleidung, mit fast blutig glattrasierten Wangen aus seinem Zimmer tritt,
wo er zwei Briefe hinterlassen hat, die nicht an ihre Adressaten gelangen werden,
tritt ihm ein zweiköpfiger Drache entgegen. Mama, du hier? Der Mutterkopf trieft
von Rotz und Tränen, der Hochwürdenkopf spuckt Wortpfeile aus, droht mit Höllenfeuer.
Der doppelte Ansturm wirft Adas aus der Bahn, aber er fällt nicht sofort. Er
erhebt sich, bereit, dem Drachen die Stirn zu bieten, doch anstelle einer
Lanze hat er nur eine stumpfe Campinggabel. Er sticht aufs Geratewohl zu,
trifft nicht, höchstens mal eine Extremität des Drachens, die aus dem Kratzer
schwarzes Blut absondert. Wenn er sich nur bis zur Tür durchkämpfen könnte, für
einen Zweikampf wird ihm die Kraft fehlen, doch wenn er hinausgelangt, wenn er
fliehen kann, dann wird er rennen, was die Beine hergeben, und er wird es
schaffen. Der Drache wittert seine Absichten und ändert die Taktik. Anstelle
von Drohungen gibt es jetzt Versprechen, es ist kein Drache mehr, sondern ein
scharwenzelnder Hund mit einem großen starken Maul. Der Mutterkopf winselt,
der Hochwürdenkopf bellt: Italien! Vatikan! Karriere! Den Papst aus der Nähe
sehen! Möge er doch ihre Worte nicht verwerfen, nicht von sich weisen. Sieht er
nicht der Mutter Tränen? Ihr gebrochenes Herz? Auf der Mutterhand liegt ein
blutiger Fetzen und zuckt. Das Herzelein aus der Brust gerissen! Hab Erbarmen,
Adas! Leokadia witterte seine Schwäche wie ein Jagdhund die erschossene Ente -
ja, er wird nach Italien fahren! Nach Rom! In den Vatikan! Das Herz, das Herz
wird ihm die Wahrheit zuflüstern, es wird ihm helfen, den richtigen Weg zu
wählen. Sie wird ihn nicht aufhalten. Nur jetzt, in Hast, im Fieber, im Feuer
der fleischlichen Begierde solle er nicht die Entscheidung treffen. Er soll
fahren - nach Italien! Nach Rom! In den Vatikan! - und dort in aller Ruhe, fern
von allem hier entscheiden, wie sein Leben weitergehen soll. Ach, diese herrlichen
Kirchen, Berninis heilige Theresa, der polnische Papst dortselbst — es kann
keinen besseren Ort zum Beten geben. Der Mutterkopf ist sich des Sieges schon
gewiss, sie kennt ihr Kind nicht erst seit heute. Als Dominika mit dem
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