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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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ist nett«, sagt Sarah.
    »Kann sein«, sage ich und blicke der Zeitungsfrau hinterher, wie sie sich an den anderen vorbeischiebt, grazil und leicht, ohne jemanden zu berühren, als würde sie einer Choreographie folgen, als würde sie im Vorhinein wissen, wo sich wann jeder einzelne im Raum befindet. Mein Blick wird von einem knutschenden Paar abgelenkt, das genau neben mir steht – Manuela und ihr Zeitungsfreund. »Husch«, sage ich zu den beiden, »macht das woanders«, aber sie hören nicht, wahrscheinlich übertönen die Schmatz- und Schleckgeräusche in ihren Köpfen alles von außen auf sie Eindringende. Ich stehe auf und gehe wieder rüber zu Rolf, mir noch ein Bier holen.
    »Noch eins«, sage ich und stelle das leere Glas auf den Tresen.
    »Kommt sofort.«
    »Und erzähl mir bitte nicht auch noch, was für ein Erfolg der Abend ist.«
    »Okay. Kann ich was fragen?«, fragt er
    »Ja?« Ich sehe mich um, wo die Zeitungsfrau abgeblieben ist, und finde sie vor einem roten Bild. Sie unterhält sich mit Alexander.
    »Können wir unsere Hochzeit hier feiern?«, fragt Rolf.
    Ich starre ihn an. »Die Trauung?«
    »Die Feier danach.«
    »Meinetwegen«, sage ich, »solange du mich nicht einlädst.«
    »Aber ...«
    »Ich bin verreist.«
    »Aber ...«
    »Verreist«, wiederhole ich, nehme das Bier und sage: »Und jetzt bin ich mal kurz oben.«
    Rolf nickt.
    Als ich wiederkomme, hat sich der Theaterklaus merklich geleert, sogar Sarah und Armin sind gegangen. Die Zeitungsfrau ist auch nicht mehr zu sehen, ebenso Alexander, nur eine für diese Uhrzeit angemessene Anzahl trinkender Gäste ist noch da, ein paar Freunde und Kommilitonen von Manuela, dann natürlich Rolf, Corinna, der Zeitungsverkäufer und die Künstlerin höchstselbst, die freudestrahlend auf mich zukommt.
    »Ich hab ein Bild verkauft«, sagt sie. »Ich hab eins verkauft!«
    »Hurra«, rufe ich übertrieben freudig. »Das ist ja toll! An wen denn?«
    Sie dreht sich um, findet denjenigen, den sie sucht, jedoch nicht. »Er ist schon gegangen, ein Bekannter, er hat das zum Aufhängen bezahlt ...« Sie zeigt auf die Schienen.
    »Verstehe«, sage ich.
    »Ja, er kennt den Theaterklaus hier von der Hochzeitsfeier letztes Jahr.«
    »So«, sage ich, »schön.«
    »Und sie wird einen Artikel über die Ausstellung schreiben«, sagt Manuela und zeigt über meine Schulter hinweg Richtung Flur.
    »Langsam, langsam, erst mal sehen, ob ich es überhaupt unterbringen kann«, sagt eine Stimme hinter mir, »vielleicht am Wochenende.«
    Ich drehe mich um. Die Zeitungsfrau ist doch noch nicht gegangen.
    »Haben Sie schon gehört? Ein Bild ist verkauft«, sagt sie.
    »Ja«, sage ich.
    »An Herrn Nieuwhus.«
    »Ich hörte davon«, sage ich.
    Manuela sieht mich erstaunt an.
    »Als Galerist bekämen Sie zwanzig Prozent vom Verkaufspreis«, sagt die Zeitungsfrau.
    »Soso«, sage ich und setze mich. Manuela und die Zeitungsfrau gesellen sich zu mir.
    »Ja«, sagt Manuela, »du kriegst zwanzig Prozent ab.«
    »Nee«, sage ich, »lass mal.«
    Ehe sie weiter protestieren kann, ruft Rolf nach ihr, sie steht auf und geht zum Tresen.
    Die Zeitungsfrau blickt mich an. »Ich heiße übrigens Simone«, sagt sie.
    »Angenehm«, sage ich.»Und du?«, fragt Simone, als sie vom Klo zurück ist. Der Theaterklaus ist leer, schon seit Stunden. Ein kurzer Blick zur Uhr, es ist halb vier.
    »Ich?«
    »Na, was du so machst. Ich hab die ganzen letzten Stunden nur von mir erzählt und du hast fast gar nichts gesagt.«
    »Ich bin halt ein guter Zuhörer«, sage ich.
    »Soso.« Sie nickt und kuckt ein bisschen spöttisch.
    »Also«, sage ich, »ich habe eine Kneipe.«
    »Ja ...?«, sagt sie, als ich nicht weiterrede.
    »Ende der Geschichte. Ich hab eine Kneipe. Und jetzt hab ich auch eine Ausstellung in meiner Kneipe.«
    Die Vordertür geht knarrend auf, der Vorhang bewegt sich und jemand steckt sein Gesicht herein, dann folgt ein zweites. Zwei junge Leute. »Hello«, sagt einer mit einem leicht südländischen Akzent, Spanisch wahrscheinlich. »Are you open?«
    »No, we’re closed, sorry«, rufe ich zurück, und die Gesichter verschwinden.
    »Werd mal lieber abschließen«, sage ich zu Simone und stehe auf. »Und du musst ja auch noch einen Artikel über das hier«, ich deute auf die Bilder, »schreiben.« Ich ziehe den Vorhang ein Stück zur Seite.
    »Danke«, sagt sie und drückt die Tür auf. »Na, dann ...«
    Wir treten auf die Straße hinaus. Die beiden Spanier gehen gerade rüber zur Raucherlounge
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