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Young Sherlock Holmes 3

Young Sherlock Holmes 3

Titel: Young Sherlock Holmes 3
Autoren: Andrew Lane
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1
    Die auf der Wasseroberfläche funkelnden Sonnenstrahlen sandten grell blitzende Lichtdolche in Sherlocks Augen. Unablässig vor sich hinblinzelnd, versuchte er, die Lider halb geschlossen zu halten, um die blendende Helligkeit, so gut es ging, auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
    Sanft wiegte sich das winzige Ruderboot in der Mitte des Sees, der ringsherum in jäh ansteigendes, mit vereinzelten Bäumen und Büschen bewachsenes Grasland eingebettet war. Fast wirkte es so, als würde sich das Gewässer inmitten einer grünen Schüssel befinden, über die sich ein Deckel aus wolkenlosem blauen Himmel spannte.
    Das Gesicht nach achtern gewandt, saß Sherlock im Bug des Bootes, Amyus Crowe hingegen hatte am Heck Platz genommen. Das Gewicht des großen Amerikaners sorgte dafür, dass das Boot an seinem Ende tief ins Wasser gesunken war, während sich Sherlocks Seite leicht erhob. Crowe hielt eine Angelrute über den Bootsrand. Eine dünne Schnur verband die Rutenspitze mit einem kleinen Federbüschel, das auf der Wasseroberfläche trieb: ein Köder, der für einen hungrigen Fisch wie eine Fliege aussehen mochte.
    Zwischen ihnen befand sich ein leerer Weidenkorb auf dem Boden des Bootes.
    »Warum haben Sie eigentlich nur eine Angel mitgebracht?«, fragte Sherlock missmutig.
    »Weil das hier kein Angelausflug werden soll«, erwiderte Crowe mit heiterer Stimme, ohne den Blick von dem dahintreibenden Köder abzuwenden. »So sehr es vielleicht auch danach aussehen mag. Nein, dies ist eine Lektion in praktischer Lebenskunde.«
    »Hätte ich mir ja denken können«, brummte Sherlock.
    »Die zugegebenermaßen auch dazu dient, Virginia und mir heute ein Abendessen zu verschaffen«, räumte Crowe ein. »Schließlich versuche ich nach Möglichkeit immer, es so zu deichseln, dass ich mit dem, was ich tue, mehrere Ziele gleichzeitig erreiche.«
    »Dann sitze ich hier also einfach nur rum?«, sagte Sherlock. »Und sehe zu, wie Sie sich Ihr Abendessen angeln?«
    »So ungefähr«, antwortete Crowe schmunzelnd.
    »Und wird das lange dauern?«
    »Nun ja, hängt ganz davon ab.«
    »Von was?«
    »Davon, ob ich ein guter Angler bin oder nicht.«
    »Und was macht Sie zu einem guten Angler?«, fragte Sherlock, der sich die Frage einfach nicht verkneifen konnte, obwohl ihm vollkommen klar war, dass er Crowe damit in die Hände spielte.
    Statt zu antworten, betätigte dieser den knöchernen Kurbelgriff der Messingangelrolle und holte fachmännisch die Schnur ein. Der gefiederte Köder schoss mit einem Satz aus dem Wasser und schwebte scheinbar schwerelos einen kurzen Moment in der Luft. Glitzernde Wassertropfen perlten von ihm herab und trafen auf die Oberfläche des Sees. Mit einem Ruck riss Crowe die Angelrute zurück. Die Schnur flog über seinen Kopf hinweg, und der Köder sauste in einer schemenhaften Bewegung davon. Gleich darauf ließ er die Rute jedoch schon wieder nach vorne schnellen, und der Köder beschrieb vor dem Hintergrund des tiefblauen Himmels eine achtförmige Figur, während er über Crowes Kopf hinwegflog und mit einem leisen Platschen an einer anderen Stelle des Sees wieder ins Wasser plumpste. Lächelnd beobachtete Crowe, wie der Köder sanft dahintrieb.
    »Jeder gute Angler weiß«, begann Crowe, »dass Fische sich je nach Temperatur und Jahreszeit unterschiedlich verhalten. Ganz früh morgens im Frühling zum Beispiel beißen sie überhaupt nicht. Da die Sonne dann noch tief steht und die schräg einfallenden Strahlen zum großen Teil von der Wasseroberfläche reflektiert werden, ist das Wasser kalt und erwärmt sich kaum. Das macht die Fische träge. Ihr Blut ist nämlich ebenfalls kalt und fließt langsam, weil ihre Bluttemperatur von der Umgebung beeinflusst wird. Warte aber bis zum späten Morgen oder Mittag, und die Sache sieht allmählich anders aus. Dann werden die Fische nämlich hin und wieder anbeißen. Denn die senkrecht aufs Wasser scheinende Sonne erwärmt nun die oberen Wasserschichten, wodurch auch die Fische lebhafter werden. Natürlich versetzt der Wind das wärmere Oberflächenwasser sowie die über dem Wasser fliegenden Beutetiere wie Mücken und Fliegen in ständige Bewegung. Als Angler musst du diesen Bewegungen folgen. Dort, wo das Wasser noch kalt ist oder es kein Futter gibt, macht das Angeln keinen Sinn. Aber alle diese Faktoren können sich je nach Jahreszeit ändern.«
    »Soll ich mir Notizen machen?«, fragte Sherlock.
    »Du hast doch einen Kopf auf den Schultern – gebrauche ihn und
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