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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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Sie sagen nicht, nein, hier ist besetzt, dennes ist ja nicht besetzt, es ist nur der Stammtisch und der Chef ist eben aufgestanden und weggegangen und es wird voll werden heute im Theaterklaus, und wer weiß, vielleicht gehört die Dame ja sogar zum Chef, auch wenn sie sie noch nie gesehen haben. Dann legt sie noch ihren Mantel über die Stuhllehne und kommt langsam zum Tresen herüber. Ich trete einen Schritt beiseite.
    »Guten Abend«, sagt sie. »Könnte ich ein Hefeweizen haben?«, und sieht mich dabei an.
    »Ja, klar«, sagt Rolf, und sie lächelt und geht zurück auf ihren Platz.
    An der Tür umarmt Manuela eine kreischende Freundin und noch eine und noch eine. Wenn das so weitergeht, müssen wir schließen, auch wegen der Lautstärke. Manuela kommt zu mir gelaufen. »Ist das nicht wunderbar?«, ruft sie.
    »Ja«, sage ich, »ganz wunderbar.«
    »Ich hab in der Uni Zettel ausgehängt und bei zitty und tip steht die Vernissage heute auch drin, und bei Facebook habe ich Werbung gemacht.«
    »Aha.«
    »Hat der Theaterklaus eigentlich ein Facebook-Profil?«
    Ich drehe mich zu Rolf um.
    »Nein«, sagt Rolf.
    »Sollten wir aber mal«, sagt Manuela.
    »Vielleicht«, antworte ich.
    Rolf stellt das Hefeweizen auf den Tresen.
    »Ist das da deine Mutter?«, frage ich Manuela.
    »Wer?«
    Ich zeige auf die fremde kurzhaarige Frau, die auf meinem Platz sitzt und sich inzwischen mit Sarah und Armin unterhält. Der Glatzkopf hält sich zurück.
    »Nein, sie ist von der Zeitung. Von der Zeitung! Sie schreibt was über die Ausstellung.«
    Ich nehme das Glas und drücke es Manuela in die Hand. »Prima, dann bring ihr mal das hier.«
    Manuela grinst mich an und sagt noch mal: »Von der Zeitung«, dann hüpft sie mit dem Bier rüber.
    Später sitze ich wieder am Stammtisch. Der Glatzkopf ist gegangen. Armin hat gerade etwas erzählt, wurde von Sarah dafür in die Seite geboxt, jetzt ergreift die Blonde mit der riesigen Brille ein Glas und schlägt ein paarmal dagegen. »Ich möchte ein paar Worte sagen«, ruft sie und schlägt noch mal gegen das Glas. Sie begrüßt die Gäste, auch und gerade im Namen der Künstlerin, dann erzählt sie, wie sie zu der Ehre gekommen sei, diese kleine Ausstellung vorzubereiten, gibt eine kurze kunsthistorische Einordnung der Bilder, die hier und heute zu sehen sind, dann übergibt sie das Wort an Manuela, die ein wenig rot wird. Aber nach einem kurzen Blick zu ihrem Zeitungsverkäuferfreund, der zurücklächelt, ist wieder alles in Ordnung. »Ich freue mich wahnsinnig«, sagt sie, »dass ihr alle heute Abendgekommen seid und werde jetzt auch keine große Rede halten. Ich wollte mich vor allem bedanken, zuerst und vor allem bei dem Mann, der das ganze heute überhaupt möglich gemacht hat. Er will zwar nicht genannt werden, aber er hat dieses Galerieschienensystem bezahlt, das ihr hier so gut wie gar nicht seht. Dann natürlich und vor allem danke ich Monika, die meine Ausstellung kuratiert hat – ich schreibe dir ein Zeugnis für deinen Lebenslauf und eine dicke Empfehlung. Dann natürlich Steffi, Rosi, Billi und Mimmi und Knie, die die Schnittchen und all die anderen Kleinigkeiten gemacht haben ...« Manuela hebt die Stimme, als käme gleich etwas unglaublich Wichtiges. Ich stehe auf und stelle mich in den Durchgang zum Flur.
    »Und dann natürlich und vor allem danke ich meinem Chef, denn das hier ist sein Laden und ohne seine Erlaubnis wäre diese Ausstellung auch gar nicht zustande gekommen – wo ist er? Klatscht doch mal. Wo ist er denn?«
    Ich sehe zu Rolf und mache ihm mit einer kurzen Geste klar, dass ich ihm den Hals durchzuschneiden gedenke, falls er nicht den Mund hält, aber da ruft Armin auch schon: »Da ist er.« Ich drehe mich weg und gehe in die Küche. Mir ist nach Pudding zumute. Manuela erklärt die Ausstellung und das Schnittchenbuffet für eröffnet und erntet einen weiteren Applaus. Ich schiebe die Küchentür hinter mir ins Schloss und das Geklatsche verstummt. Dann nehmeich mir einen Pudding aus dem Kühlschrank, mache mir zur Feier des Tages einen Spritzer Tabasco mehr hinein und rühre um. Ich sehe zum Hof hinaus oder würde es gern tun, aber das Fenster ist beschlagen. Ich nehme ein Tuch und wische es trocken und unterdrücke den Drang, mich zu fragen, was die beiden Schnittchenschmiererinnen hier gemacht haben mögen. Offenbar haben sie noch Zeit gefunden, die Küche zu verwüsten. An den Hängeschränken finde ich Spuren von Aufstrich, die Arbeitsfläche klebt, das sehe
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