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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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anderen Ende.
    Ich zeige Richtung Bad und bedeute ihr, dass ich duschen gehe.
    Als ich fertig eingeseift, abgespült und abgetrocknetund halbwegs angezogen bin, sitzt sie immer noch in der Küche, so wie ich sie zurückgelassen habe. Den Telefonarm aufgestützt und lauscht.
    »Ja«, sagt sie dann, »aber ...«
    Vor ihr stehen zwei Teller, Tassen hat sie auch schon rausgestellt, dann ist sie offenbar in der Frühstücksvorbereitung unterbrochen worden.
    »Nein«, sagt sie, dann steht sie auf und geht raus. »Ich muss mich anziehen«, höre ich sie noch und: »Ich schalte dich mal auf laut.« Dann verschwindet sie im Schlafzimmer hinter der angelehnten Tür.
    Frühstück also. Gerade wollte ich noch fragen, ob wir irgendwo essen gehen wollen. Bleiben wir halt hier. Besteck, denke ich, und öffne eine Schublade. Die erste von vier. Holzkellen, große Messer, eine Wurstzange, Spieße, zwei Tortenheber, die sie nie benutzt, Scheren, von denen keine richtig scharf ist, ein kaputter Schneebesen, ein unidentifizierbares Metallding aus Drähten und Federn – ich schieb das Fach wieder zu. Schublade zwei ist angefüllt mit Rollen von Alufolie, Frischhaltefolie, Butterbrotpapier, Backpapier, ein paar Kaffeefiltertüten und Muffinpapierförmchen, die mit den lustigen Punkten drauf. Zu damit.
    Schubfach drei ist keins, sondern nur eine Blende, ein Tu-so-als-ob. Der optischen Symmetrie dieser Einbauküche geschuldet. Schubfach, Schubfach, Herd, Schubfach, Schubfach, obwohl neben dem Herd die Spüle ist und darunter sollte man eigentlichkein Schubfach vermuten. Ich bin jetzt schon zwei Jahre mit Petra zusammen, fast ebenso lange kenne ich diese Küche, ich übernachte mindestens einmal in der Woche hier – am Anfang unserer Beziehung war es zugegeben ein bisschen öfter –, ich müsste mich hier eigentlich auskennen. Tue ich aber nicht. Natürlich ist das Gesuchte immer im letzten Fach. Und sicher hat sie irgendein System, das Besteck ist am Fenster, oder die Folien müssen neben den Herd, was weiß ich. Und wenn ich ihr von meinem Problem erzähle, ist sie sicher so nachsichtig und räumt alle Schubfächer um, sobald ich mir die Reihenfolge gemerkt habe. Vielleicht räumt sie ohnehin alle Vierteljahre um, ich würde es nicht merken, ich würde nur denken, dass ich mir nicht merken kann, wo die verdammten Löffel und Gabeln sind. Heute also am Fenster.
    Ich nehme zwei Messer und zwei Teelöffel raus und schiebe das Fach wieder zu. Brauchen wir Gabeln? Ich nehme auch noch zwei Gabeln heraus.
    Kaffeemachen. Mit den Hängeschränken ist es ähnlich. Ein Schrank für Teller und Tassen, einer für Gläser und Glasteller, einer für trockene Vorräte in Papierverpackungen (Mehl, Zucker, Salz, Haferflocken, Grieß, generell Backzutaten), einer für Konserven und Nudeln und Tütensuppe. Aber wo ist welcher? Und wo ist der Kaffee? Bei den Backzutaten? Oder bei den Tütensuppen? Nebendem Tee? Zählt Tee für Petra als Suppe? Immerhin wirft man beides in heißes Wasser.
    Aber ich habe Glück an diesem Morgen, Petra hat den Kaffee schon rausgestellt, ehe der Anruf sie unterbrach, die Büchse steht neben der Kaffeemaschine.
    »Ja«, sagt Petra und kommt gerade wieder zur Tür herein, »aber ...« Sie lauscht. »Ich weiß, dass du in der Vergangenheit genug Anlässe hattest, aber jetzt so grundlos ... Ja, nicht grundlos, so meinte ich es nicht ...«
    Ich befülle unterdessen die Kaffeemaschine mit Wasser und Pads. Petra hat keine schöne, große Barista-Maschine, die wäre auch zu groß für die Küche, aber zumindest ein mittelgroßes, mittelteures Kompaktgerät wäre schön gewesen. Stattdessen hat sie sich eine Kaffee-Pad-Maschine schenken lassen, von ihren Eltern.
    »Hm«, sagt Petra. »Was? Was, Alexander spricht im Schlaf?«
    Soso, Alexander spricht also im Schlaf. Dann spricht Petra also mit Ilka. Na, mit wem auch sonst. Zwischen den beiden gibt es mittlerweile so etwas wie eine telefonische Nabelschnur von Ohr zu Ohr.
    »Na, dann hast du natürlich recht ... Natürlich hast du sowieso recht, das meinte ich so nicht.«
    Nanu? Petra in der Defensive?
    »Und du meinst, er hat noch an ihr gehangen?«
    Sie dreht sich um und geht wieder raus. Dannkann ich ja mal den ganzen Kram aus dem Kühlschrank holen. Den Kühlschrank finde ich fast auf Anhieb, er steht tradionell entweder über oder unter dem Gefrierschrank. Drei Marmeladen in drei Farbrichtungen, mehrere Käse, eine angefangene Packung Salami, Butter, Margarine, ein Gläschen Pesto,
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