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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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drin?«
    »Weiß ich doch nicht. Aber Ilka sagt, sie vermutet, dass es wegen Alexander sei.«
    »Aha«, sage ich.
    »Was heißt denn hier ›aha‹? Ilka ist total fertig.«
    »Kannte sie denn Karola?«
    »Hallo. Karola war ihre Kollegin in der Schule. Karola hatte ihr selbst erzählt, dass sie was hatte mit Alexander. Als der mit der Schülerin ...«
    Ach, die Geschichte, geht es mir durch den Kopf. Karola.
    »Wie würdest du dich fühlen, wenn sich jemand aus deinem Freundeskreis umbringt. Und du weißt, dass das wegen mir ist, weil er was mit mir hatte.«
    »Rolf?«, frage ich.
    »Zum Beispiel. – Wieso Rolf? – Egal. Jedenfalls geht’s ihr scheiße, und ich fahr nachher zu ihr und komme heute Abend später. Oder gar nicht, aber dann meld ich mich noch mal.«
    »Okay.«
    »Bis dann.«
    »Tschüss.«
    »Tschüss.«
    Ich lege auf und sehe rüber zur Parterrewohnung in die schummrige Küche, wo die Katze auf dem Fensterbrett sitzt. Sie putzt sich. Dann blickt sie kurz zu mir herüber, als hätte ich sie beim Putzenertappt, und fährt mit dem Ablecken der Pfote fort. Die junge Frau, die dort wohnt, ist nicht zu sehen. Dann fällt mir wieder ein, dass Karola tot ist, die Kollegin einer Freundin meiner Freundin, die eine Affäre mit dem Lebensgefährten der Freundin der Freundin hatte. Ich öffne den Kühlschrank, nehme einen Becher Pudding heraus, reiße den Deckel ab, spritze ein, zwei Tropfen Tabasco darauf, rühre um, schiebe dabei mit dem Ellenbogen die Kühlschranktür zu. Dann esse ich. Die Katze dreht sich. Putzt sich. Die Küchentür geht auf, Rolf steckt seinen Kopf herein.
    »Alles in Ordnung?«, fragt er.
    »Karola ist tot«, sage ich.
    Er schweigt einen Moment, dann fragt er: »Jemand, den du kanntest?«
    »Nö.«
    Er kommt rein, nimmt das Telefon vom Tisch, fragt: »Brauchst du das noch?«, ich schüttle den Kopf und löffle weiter. Rolf geht.
    »Apropos Tod«, sagt Armin, als ich mich wieder setze. »Ein Freund von mir wollte mal eine Hellseherin reinlegen. Also keine Hellseherin, sondern eine, wie heißt denn das noch mal?«
    »Was?«, fragt Sarah.
    »So eine Frau, die mit den Toten reden kann, die Séancen macht.«
    Sarah zuckt mit den Schultern.
    »Medium«, sage ich.
    Armin sieht mich an. »Kann sein. Jedenfalls hatte er so eine Frau ausfindig gemacht, also die einschlägigen Anzeigen durchsucht und sich bei so einer Séance angemeldet. Da war er nicht allein, sondern sie saßen in einer Gruppe rund um einen Tisch, so wie man das aus Filmen kennt.«
    »Wo sich alle an den Händen halten?«, fragt der Neue.
    »Ja, mit anfassen und allem. Und als der Freund von mir an der Reihe war, hat er gesagt, er möchte mit seiner Großmutter sprechen. Die war aber gar nicht tot, sondern saß bei sich zu Hause irgendwo in einem Häuschen auf dem Land oder wo auch immer. Und die Séancefrau ...«
    »Medium«, sage ich.
    »Kann sein. Jedenfalls, die fällt in Trance und zuckt und zittert, und plötzlich spricht sie mit einer anderen Stimme und sagt: ›Oh, mein Enkel‹ und so und spricht halt ein bisschen mit ihm. So die normalen Sachen: ›Ich hab ein Licht gesehen, hier im Jenseits ist es alles ganz leicht‹, blabla. Und am Schluss sagt er: ›Ätsch! Meine Großmutter lebt noch.‹ Aber das hat die Frau nicht beeindruckt.«
    »Und?«, fragt Sarah.
    »Und am nächsten Tag kriegt der Freund einen Anruf von seiner Mutter, und die sagt: ›Kind, deine Großmutter ist gestern gestorben.‹ Kurz bevor er zu der Séance gegangen ist.«
    »Ach, so ein Quatsch!«, sagt Sarah.
    »Nein, wirklich.«
    »War das ein Freund von dir? Oder der Freund eines Freundes ...«
    »... eines Freundes eines Freundes ...«, ergänze ich.
    »Na ja, nicht direkt ein Freund, ein Bekannter von mir.«
    »Jaja.«
    »Und, was gibt’s Neues am Telefon?«, fragt Armin.
    »Nichts«, sage ich.
    »Aber du hast doch gerade telefoniert«, sagt er.
    »Ja«, sage ich.
    »Dann muss es doch was Neues geben«, sagt Armin.
    »Nö, nicht immer«, antworte ich. »Manchmal telefoniert man auch einfach nur so. Und du willst also nach Kornwestheim«, nehme ich das Gespräch von vorhin wieder auf.
    Armin und Sarah sehen sich an.
    »Was?«, frage ich.
    »Wir sind jetzt bei Zierfischen«, sagt Sarah.
    »Zierfischen.«
    »Armin will sich ein Aquarium anschaffen«, sagt der Neue.
    »Statt Kornwestheim«, frage ich.
    »Nein, ein Haustier. Aber Katzen muss man dauernd füttern, mit Hunden muss man dauernd raus.Fische kann man auch mal ein paar Tage allein lassen.
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