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Boese - Horror

Boese - Horror

Titel: Boese - Horror
Autoren: Bentley Little
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1.
    Es war der erste Tag des Sommers und Doug Albins erster Tag in Freiheit. Er stand auf der Veranda und blickte auf den mit Kiefern bestandenen Hügelkamm oberhalb der Stadt. Genau genommen war es nicht der erste Sommertag; der war erst in drei Wochen. Es war nicht einmal Dougs erster Ferientag; der war schon am Samstag gewesen. Aber es war der erste Tag, an dem die Schule geschlossen war. Als Doug nun am Geländer stand und die Aussicht genoss, fühlte er sich großartig. Er atmete tief ein und roch den würzigen Duft der Kiefern, vermischt mit dem Aroma von Schinkenspeck und Pfannkuchen, der vom Nachbarhaus herüberwehte. Düfte des Morgens.
    Es war kühl draußen, und es ging eine leichte Brise, aber Doug wusste, dass es nicht lange so bleiben würde. Der Himmel war tiefblau, ohne die kleinste Wolke; gegen Mittag würde die Temperatur weit über dreißig Grad liegen. Doug suchte den Horizont ab. Ein Falke kreiste gemächlich über seinem Kopf und bewegte sich in immer größeren Kreisen von ihm weg. Auf dem Hügelkamm konnte Doug den dünnen grauen Rauchfaden eines Lagerfeuers erkennen, der über den Bäumen aufstieg. In der Nähe sah er kleinere Tiere: Kaninchen, Eichhörnchen, sogar ein paar Kolibris.
    Doug war mit der Sonne aufgestanden, wie jeden Montagmorgen; diesmal aber nicht aus Notwendigkeit, sondern aus freien Stücken und ohne den Druck eines bevorstehenden Arbeitstages, der ihm sonst den Morgen verdarb. Er brauchte sich beim Anziehen nicht zu beeilen, musste sein Frühstück nicht herunterschlingen und konnte mehr als nur die Schlagzeilen der Zeitung lesen. Er musste überhaupt nichts. Der ganze Tag lag vor ihm, und er konnte damit anfangen, was er wollte.
    Die Eingangstür hinter ihm öffnete sich. Doug blickte sich um, als er den Riegel klicken hörte.
    Trish steckte den Kopf hinter dem Fliegengitter hervor. »Was willst du zum Frühstück?«
    Doug betrachtete ihre zerzauste Haarmähne und ihr verschlafenes Gesicht und lächelte. »Nichts. Ich hab keinen Hunger. Komm raus zu mir.«
    Trish schüttelte den Kopf. »Nee, ist mir zu kalt. Sag schon, was möchtest du? Du kannst das Frühstück nicht auslassen, nur weil du Ferien hast. Es ist ...«
    »... die wichtigste Mahlzeit des Tages«, beendete er den Satz für sie. »Ich weiß.«
    »Wie wär's mit Toast? Oder Waffeln?«
    Doug roch wieder das Frühstück im Nachbarhaus. »Eier«, sagte er. »Mit Speck.«
    »Nichts da«, entgegnete Trish. »Es gibt Müsli und Weizentoast. Du hast in letzter Zeit genug fettes Essen verschlungen. Denk an dein Cholesterin.«
    »Warum hast du mich dann überhaupt gefragt?«
    »Eine Prüfung. Du bist durchgefallen.« Sie schloss die Gittertür. »Sobald du deine Zwiesprache mit Mutter Natur beendet hast, komm rein. Und mach die Tür zu. Es friert heute Morgen.«
    Er lachte. »So kalt ist es auch wieder nicht.«
    Doch Trish hatte die Tür schon geschlossen, und er stand allein auf der Veranda und blickte über die Ponderosa-Kiefern hinweg auf die felsigen Klippen der Hügelkette hinter der Stadt. Der dünne Rauchfaden des Lagerfeuers wurde vom Wind zerfasert und bildete nun einen grauen Streifen am meerblauen Himmel. Noch einmal nahm Doug einen tiefen Atemzug, hungrig nach dem Sommer, voller Verlangen, die köstliche Freiheit zu atmen. Doch irgendetwas hatte sich verändert: Die Brise trug einen bittersüßen Geruch heran, der Doug auf unbestimmte Weise vertraut war und ein seltsames Gefühl des Verlusts in ihm weckte, das er nicht zuordnen konnte.
    Die friedliche Stimmung verflog, und er wandte sich vom Geländer der Veranda ab. Ein Kolibri summte auf dem Weg zur Futterstelle neben dem Küchenfenster an seinem Kopf vorbei, als er das Haus betrat. Trish bereitete das Frühstück und schnitt Scheiben vom selbstgebackenen Brot ab. Auf Müsli hatte sie zu Dougs Erleichterung verzichtet, doch er sah eine offene Pappschachtel mit Haferbrei neben dem Topf auf dem Herd. Ein Krug Orangensaft stand auf der Anrichte. Trish blickte auf, als Doug ins Zimmer kam.
    »Du könntest Billy wecken«, sagte sie.
    »Lass den Jungen schlafen«, entgegnete Doug. »Es ist Ferienzeit.«
    »Ich will nicht, dass er den ganzen Tag im Bett vertrödelt.«
    »Es ist halb sieben.«
    »Bring ihn einfach dazu, dass er aufsteht.«
    Trish widmete sich wieder dem Brot und schnitt den runden Laib in gleichmäßig dünne Scheiben.
    Doug stieg absichtlich laut die Treppe zum Dachgeschoss des Hauses hinauf und hoffte, dass seine polternden Schritte den Jungen
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