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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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Holzlöffel, dreht sich halb zum Herd und rührt.
    »Und?«, frage ich nach ein paar Augenblicken etwas lauter ihren Rücken.
    »Was denn?«
    »Du hast angerufen.« Sie hat angerufen vorhin, sie hat gesagt, es sei dringend, es sei wichtig sogar. Es ist nie wichtig. In all den Jahren war es nie wichtig, wenn sie angerufen hat. Es war nett, es war schön, meinetwegen war es lustig oder halbwegs unterhaltsam, aber es war nie wichtig. Jedenfalls nicht so wichtig, als dass sie es mir nicht auch später hätte erzählen können. Oder morgen. Oder nächste Woche. »Du wolltest mir was erzählen. Was Wichtiges. Und jetzt sagst du, Alexander und Ilka haben sich getrennt und dann – piff? Nichts mehr?«
    »Nun warte doch mal. Ich mach mir hier gerade meine Milch und pass auf, dass sie nicht überkocht, dann setze ich mich und ...«
    »Also mit Clara hatte Alexander jetzt auch was?« Ich versuche, meine Stimme gemein klingen zu lassen und betone das auch, aber Petra geht gar nicht darauf ein.
    »Ja«, sagt sie. »Nein.«
    »Was, ja, nein?«, frage ich. »Ja. Nein. Abbrechen.«
    »Eine Dreiecksgeschichte.«
    Ach so, eine Dreiecksgeschichte. Na, mal ganz was Neues, denke ich und starre auf die Gardine. Vielleicht ja was mit Dreiecken, rechtwinkligen, gleichschenkligen. Vielleicht funktionieren Dreiecksbeziehungen ja deshalb nicht, weil der rechte Winkel immer nur bei einem liegen kann und nicht bei zweien oder gar bei allen dreien. »Außerbei einem gleichseitigen, aber das hat keinen rechten Winkel.«
    »Was murmelst du da?« Petra hat sich umgedreht und hält den tropfenden Holzlöffel in die Luft.
    »Nichts. Pass auf die Milch auf.«
    »Jaja.«
    Mir fällt der Satz des Thales ein, irgendwas mit rechtem Winkel. In einem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Winkel immer hundertachtzig Grad, nee, das klingt irgendwie nicht richtig.
    »Weißt du den Satz des Thales noch?«, frage ich Petra.
    »Satz des Thales? Nee.«
    »Mit dem rechten Winkel im Dreieck.«
    »Nee.«
    »In einem rechtwinkligen Dreieck ...«
    »... ist immer ein Winkel der rechtwinklige«, sagt sie. »Nein, ich weiß es nicht mehr. Außerdem hab ich Biochemie studiert. Nicht Mathe.«
    »Das hatten wir in der Schule.«
    » Du vielleicht.«
    »In der achten.«
    »Hab ich übersprungen.«
    »Gar nicht. Pass auf ...«
    »... die Milch auf, ist ja gut.« Sie stellt den Herd aus, gießt die Milch in eine große Tasse. »Und du hast keinen Honig? Wirklich nicht?«
    »Nee, vielleicht unten.«
    Sie geht in die Knie und schaut in einen der unteren Küchenschränke.
    »Nein. Unten unten«, sage ich.
    »Ach menno!« Sie schmeißt die Tür zu und setzt sich endlich hin. »Also ...« Sie zittert wieder und kuckt mich an. »Nee«, sagt sie und zeigt auf mich und sich. Doch tauschen.
    Wir tauschen die Plätze.
    Dann steht sie noch mal auf und nimmt sich einen Löffel aus dem Besteckabtropfer neben der Spüle.
    »Also«, sagt sie gedehnt und rührt in ihrer Milch ohne Honig. Ich weiß gar nicht, was es da zu rühren gibt. »Bei Ilka und Alexander hat es ja in der letzten Zeit ein wenig gekriselt.«
    »Gekriselt ist gut! Und in letzter Zeit ist auch gut.«
    »Nein, das meine ich nicht. Die beiden waren seit der letzten Trennung und dem letzten Wiederzusammensein ...« Sie macht aus ihren Händen zwei Fäuste und drückt sie gegeneinander. Ich überlege, ob sie nicht besser die Finger verschränken sollte, aber sie redet schon weiter, da muss ich wohl aufpassen. »Ilka war nicht mehr so eifersüchtig, und Alexander machte so was wie eine Therapie oder ging zu einer Selbsthilfegruppe oder so. Ilka wollte da nicht mit rausrücken ...«
    »Und weil alles so gut lief und langweilig wurde, haben sie sich getrennt. – Ende gut ...«
    »Hm«, macht Petra, weil sie gerade einen Schluck Milch genommen hat, dazu wedelt sie mit der freien Hand und sagt: »Haaaa, heiß!« Sie gießt ein bisschen kalte Milch dazu. »Wusstest du, dass die beiden seit der letzten Trennung nicht mehr miteinander geschlafen haben?«
    »Nein.« Wusste ich nicht. Wollte ich auch gar nicht wissen. Geht mich gar nichts an. Hat mich bislang noch keiner mit belästigt, mit der Information. Hätte ich auch gut drauf verzichten können. Trotzdem sage ich: »Na, ist doch klar, Alexander ...« und stell das mal so in den Raum.
    »Seit zwei Jahren«, sagt Petra. »Zwei Jahre ist die Trennung her, und ein Vierteljahr waren sie auseinander. Und sicher haben sie auch schon vor der Trennung kaum noch ...«
    »Ich hab seit
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