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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman
Autoren: Michael-André Werner
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ich, ohne sie anfassen zu müssen. Haben sie Honigbrote gemacht, die Süßen? Dick oben und unten bestrichen. In der Spüle liegt Besteck für zwanzig Personen. Ich stelle den Pudding auf den Kühlschrank und wische mit dem schon feuchten Tuch noch Schränke und Fensterbrett ab.
    Dann löffle ich weiter. Draußen wird geplaudert. Ich blicke in den Hof und in das Fenster gegenüber. Die junge Frau wuselt durch die Küche, dann sieht sie mich, bleibt kurz stehen, winkt, ich winke zurück, mit dem Löffel in der Hand. Sie lächelt. Ich will zurücklächeln, aber es wird nur ein Grinsen. Dann wuselt sie weiter. Ein junger Mann kommt hinter ihr in die Küche, verschwindet aus meinem Blickfeld, taucht wieder auf und geht hinaus. Ich löffle weiter.
    Hinter mir wird die Tür geöffnet, und sogleich geht das Licht aus. Ich drehe mich um. Eine Stimme sagt: »Huch«, und das Licht geht wieder an. Einsder Cateringmädchen steht in der Tür. »Ich dachte, hier wäre keiner«, sagt sie.
    »Hier ist auch keiner«, sage ich.
    Sie starrt mich an.
    »Nur ich«, füge ich hinzu.
    Sie lächelt unsicher und legt ein silbernes Metalltablett auf die Arbeitsfläche und geht schweigend wieder hinaus.
    »Und Ihnen gehört der Laden hier?«, sagt die Frau von der Zeitung zu mir, als ich mich wieder zu Sarah und Armin an den Tisch gesellt habe.
    »Ja«, antworte ich und nippe an meinem Bier.
    »Schön«, sagt sie und lächelt. Was ist das nur mit den Frauen, dass sie ein Wort sagen und dann lächeln? Ist heute Weltlächeltag? Sarah und Armin werfen sich Blick zu. Unerotische. Eher ironische.
    »Schau an, der Herr Nieuwhus«, sagt die Zeitungsfrau und blickt an meinem rechten Ohr vorbei. Ich drehe mich halb um und sehe Alexanders Kopf kurz in der Menge auftauchen, dann verschwindet er hinter anderen Köpfen.
    »Jemand, den Sie kennen?«, frage ich überflüssigerweise.
    »Wer kennt Alexander Nieuwhus nicht? Ich war jahrelang in der Lokalredaktion und oft genug auf Pressekonferenzen von ... Ich wusste gar nicht, dass er Kunstsammler ist.«
    »Nun, vielleicht nicht Kunst sammler«, sage ich und drehe mich wieder zum Tisch.
    Sie sieht mich an und grinst.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Sie sollten so was öfter machen«, sagt sie.
    »Was? Zweideutige Bemerkungen?«
    »Ausstellungen.«
    »Gott bewahre.«
    Sarah kichert.
    »Ist doch ein schöner Ort dafür. Und Sie haben mehr Gäste. Neue Gäste.«
    »Brauche ich nicht.«
    »Langfristig betrachtet. Wenn Neukölln und Wedding erst mal durch sind und Moabit boomt, wäre es doch schade, wenn der Trend an diesem Laden vorbeigehen würde. Langfristig betrachtet.«
    Vielleicht hat sie ja recht. Andererseits – langfristig betrachtet sitze ich oben vorm Fernseher und nicht mehr hier unten und der Laden läuft von selbst und Rolf bringt mir alle zwei Stunden ein Bier hoch. Oder lässt es bringen.
    »Außerdem bin ich ja nicht mehr beim Lokalteil, sondern beim Feuilleton«, fügt sie hinzu, aber ich weiß nicht, was ich mit dieser Information anfangen soll.
    »Aha«, sage ich.
    »Dann schicken Sie mir einfach eine Mail und ich komme vorbei. Zur nächsten Vernissage.«
    Sarah sieht mich an, reißt die Augen ein bisschen auf. Nickt mir zu. Ich zucke mit den Schultern. »Ach«, sagt sie leise und winkt ab.
    Manuela hat sich von hinten angeschlichen, umarmt mich so plötzlich und so ungestüm, dass ich kaum Luft bekomme und sie mir den Kopf zur Seite drückt. Mein Nacken schmerzt.
    »Danke«, flüstert sie mir ins Ohr. »Danke für die Ausstellung.«
    »Jaja, schon gut«, sage ich und versuche, mich zu befreien, da lässt sie mich auch schon los und umarmt eine Freundin, die gerade gehen will.
    »Mich hat sie noch nie umarmt«, sagt Armin.
    »Mach doch eine Galerie auf«, sagt Sarah.
    »Und woher kennen Sie meine Kellnerin?«, frage ich die Zeitungsfrau.
    »Gar nicht«, sagt sie. »Sie hat die Einladung zur Vernissage an die Redaktion geschickt, die ist auf meinem Tisch gelandet ...« Sie hebt fast entschuldigend die Hände.
    »Und heute Abend gibt es nichts anderes Kulturelles in der Stadt und da sind Sie ausgerechnet hierher gekommen«, sage ich.
    Sie kneift kurz die Augen zusammen. »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie ganz schön gemein sein können?«
    »Ja«, sage ich.
    »Täglich«, sagt Sarah.
    »Meine Ex zum Beispiel«, füge ich hinzu.
    »Na, dann ist ja gut«, sagt die Zeitungsfrau und steht auf und drängelt sich mit einem »Ich seh mir mal die Bilder an« durch die Ausstellungsgäste.
    »Sie
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