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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
Autoren: Bernhard Hoecker
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neun weiblichen Geschlechts.
    In meinem nächsten Leben möchte ich dann doch lieber direkt Zollbeamter in Neuseeland werden.
    Vielleicht habe ich auch besonderes Glück und komme dort in die Abteilung für Schuhsohlenreinigungsfachsachbearbeiter – so wie der Mann, der zur größten Herausforderung unserer Einreise werden sollte.
    Denn nachdem das Röntgengerät die zwischen Unterhose und Netzwerkadapter verpackten Wanderlatschen in Renates Rucksack herausgefiltert hat, muss ich sie sofort auspacken.
    Als ich die Schuhe sehe, erinnere ich mich wieder daran, dass Renate und ich noch im Flugzeug über sie gesprochen hatten.
    Mit dem Einreiseformular in der Hand habe ich mich in den Gang gelehnt, um die hinter mir sitzende Renate akustisch zu erreichen.
    »Ich hab hier bei ›Do you have hiking-shoes?‹ jetzt mal ›nein‹ angekreuzt«, vergewisserte ich mich. »Die sind ja bei dir im Rucksack.«
    »Ich hab hier bei ›Do you have hiking-shoes« auch ›nein‹ angekreuzt«, antwortete sie. »Weißt du, wenn du einmal ›ja‹ sagst, musst du dauernd Sachen erklären. Kriegt eh keiner mit, und es geht dann schneller.«
    Während ihr Wort »erklären« in der Erinnerung mit dem Echo »… klären … klären … klären« in meinem Kopf verhallt, werde ich plötzlich des Schildes gewahr, das 400 Neuseeland-Dollar als Strafe für falsch deklarierte Einreisegüter anbietet.
    Der Mann hinter dem Durchleuchtungsgerät wirft einen genauen und wenig später sogar tiefschürfenden Blick auf mein Profil. Also das meiner Schuhe. Er findet ein kleines Stück Lehm. Und das ist strengstens verboten.
    Natürlich hatte ich die Schuhe im Vorfeld bereits benutzt. Alleine schon deswegen, weil ich aus Gründen der Bequemlichkeit das ganze Jahr über in Wanderschuhen herumlaufen könnte.
    Ein paar Tage vor Antritt der Reise hatte ich meine Lieblingsfußbedeckung schweren Herzens Renate ausgehändigt, weil sie mich darum bat. Da sie auf dieser Reise nicht nur meine Agentin, sondern auch meine persönliche Begleitung ist, verlasse ich mich vollkommen auf sie.
    Ich neige dazu, mein Leben hin und wieder aus den Augen zu verlieren, und so ist es sehr gut, jemanden an meiner Seite zu wissen, der alles unter Kontrolle hat. Das fängt bei so Dingen an wie Terminen, geht weiter bei Telefonnummern, Adressen und Zeitplanungen, und bei diesem Projekt bis hin zur Gesichtsretusche. Sprich: Sie kümmert sich um die Maske, also pudern, abdecken und entglänzen. Und natürlich darum, meine Garderobe und das Styling zu organisieren. Außerdem ist Renate für Erinnerungen à la »Denkst du an xyz?« zuständig. Dabei ist »xyz« durch alles Mögliche zu ersetzen wie: »das Interview geben«, »den Hund füttern« oder »Tobi abholen«.
    Leider hat sie im Falle meiner Treter das »xyz« nur durch »die Schuhe vorher mir geben« ersetzt und dabei vergessen »aber vorher sauber machen« zu sagen. So kamen die Volllederwanderletten in den Genuss ihrer persönlichen Reinigung, als ihr auffiel, dass sich noch der ein oder andere Krümel Erde auf den Sohlen befand.
    Ein kleines Stück europäischen Erdbodens muss ihr dabei entgangen sein. Versteckte es sich doch knapp unterhalb des linken Ballens.
    »MMMhhhh…«, murmelt der Mann in Uniform. »Maybe there is a plant …«
    Stirnrunzelnd nimmt er den Schuh unter die Lupe, um ihn auf Pflanzenreste zu untersuchen. So genau habe ich mir die Fußbekleidung noch nie angesehen, und ich hoffe, dass der Hersteller keine geheimen Botschaften in Schuhsohlen versteckt. Wer weiß, auf welch schräge Ideen Illuminaten so kommen.
    »Yes, maybe there are plants«, sagt er noch einmal und blickt vom Schuh hoch.
    Ich begreife nicht vollständig, welcher Setzling auf solch engem Raum eine Heimat finden könnte.
    »I have to clean it«, sagt er.
    Dann geht er mit dem Schuh in den hinteren Bereich der Zollkontrolle und beugt sich mit ihm über eine Mülltonne. Aus derEntfernung sehe ich, wie er mit spitzen Fingern die drei deutschen Sandkrumen herauspopelt.
    Als er zurückkommt, sagt er freundlich, das habe er gerne gemacht und die 400 Neuseeland-Dollar seien dann fällig.
    Also, normalerweise. Heute habe er aber seinen »I-Like-Germans-Day«.
    Wir lachen, und ich bin froh, diese erste Klippe umschifft zu haben.
    Nachdem es mir ausgesprochen merkwürdig vorkam, dass der Neuseeländer Zölle auf dein gebrauchtes Wanderschuhwerk erhebt, das (wie ich weiß) seinem Gesamtzustand nach zu urteilen auch dem Ötzi gehört haben könnte,
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