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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
Autoren: Bernhard Hoecker
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sich vermutlich zwei Wolken ein. Gut, nach langer Zeit auf See fällt es einem wahrscheinlich schwer, Dinge als das wahrzunehmen, was sie sind. In Wahrheit hatte sie nämlich statt zwei Wolken eine Insel erspäht: die Great Barrier Insel, heute noch Aotea genannt, was wiederum »weiße Wolke« bedeutet.
    Dieses Wissen hätte ich bei einer Mitarbeiterin der neuseeländischen Tourismusbranche eigentlich als bekannt vorausgesetzt, insbesondere, da sie, wie wir kurz zuvor erfahren haben, aus Auckland stammt, das nur knapp 90 Kilometer von der Great Barrier Insel entfernt ist.
    Wir verzichten auf Nachfragen und begeben uns zu den fahrbaren Untersätzen, die zu unserem neuen Fuhrpark gehören.
    Für den gesamten Aufenthalt haben wir ein Wohnmobil und ein normales Auto zur Verfügung. Ersteres, um auf längeren Strecken halbwegs bequem unterwegs sein und arbeiten zu können, das andere, um Mobilität höheren Grades zu erreichen.
    Renate steigt mit Elke, der Werberin, die sich diese ganze Kampagne ausgedacht hat, und der immer lächelnden Claudia, die für die Aufnahmeleitung vor Ort verantwortlich ist, ins Wohnmobil, mit dem sie ein paar Besorgungen machen wollen: Lebensmittel, Getränke und was man sonst noch so unterwegs braucht.Die langhaarige Neuseeländerin (ich halte sie bewusst immer noch anonym, um ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen!) schickt sich unterdessen an, noch etwas zu tun, das sie nicht beherrscht. Autofahren. Das allerdings ahnen Tommy, Katie, Alex und ich noch nicht, als wir zu ihr in den Schicksalswagen steigen. Wir wollen ins Stadtzentrum fahren, um einen Kostümverleih aufzusuchen.
    Das macht mich glücklich. Selbst in der Ferne bleibst du deinen rheinischen Wurzeln treu. Die erste Anlaufstelle ist nicht etwa ein maorischer Kulturverein, sondern das örtliche »Rent a Faschingskostüm«. Herrlich! Hattest du gar die Absicht, den Menschen auf der anderen Seite der Erde deine Vorlieben für karnevalistisches Brauchtum nahezubringen und hast nur dein Lappenclown-Kostüm in der Heimat vergessen? Oder war es deine Absicht, dir schon mal für den nächsten Rosenmontagsumzug ein Maori-Kostüm zu besorgen? Fellumhang, Spucke-Tattoo fürs Gesicht und Plastik-Speer. Das ist doch eine dieser wundervollen Traditionen in eurem Karneval, die sich mir als narrenfern sozialisiertem Mitglied der Gesellschaft nur schleppend vermitteln: sich stilsicher als wilde Eingeborene maskieren und simultan vier Tage Komasaufen. Drei Mal Aotearoa Alaaf!
    Es mag verwundern, warum man in einem fremden Land, in einer anderen Hemisphäre angekommen, erst mal in einen Kostümverleih latscht. Aber teilweise waren bereits im Vorfeld Ideen zur visuellen Umsetzung der eingereichten Vorschläge entstanden, die durch eine optische Anpassung meinerseits, sprich: eine zur Situation passende Verkleidung, auf witzig getrimmt werden sollten.
    »das sieht lustig aus«, meint Tommy übrigens jedes Mal, wenn ich einwerfe, dass dies einfach albern ist. Und das sagt er in seiner unnachahmlich geduldigen, ruhigen, aber kompromisslosen und komplett von Dynamik befreiten Sprechart, die ich hier durch fehlende Satzzeichen und Kleinschreibung kenntlich mache.
    Jeder normale Mensch würde sagen: »Du stellst dich JETZT dortHIN, sonst habe ich kei-ne-Mög-lich-keit, dich ins Bild zu kriegen!« und dabei unterschiedliche Lautstärken, Geschwindigkeiten und Silbenbetonungen zu einer Satzmelodie formen.
    Tommy hingegen wiederholt die Worte einfach so lange in ein und derselben Tonlage, bis ich gehorche:
    »du stellst dich jetzt dorthin sonst habe ich keine möglichkeit dich ins bild zu kriegen«
    »Aber, Tommy, da ist alles nass.«
    »du stellst dich jetzt dorthin sonst habe ich keine möglichkeit dich ins bild zu kriegen«
    »Tommy, ich habe Sonne im Gesicht und muss blinzeln.«
    »du stellst dich jetzt dorthin sonst habe ich keine möglichkeit dich ins bild zu kriegen«
    »Tommy, dass ist mitten auf der vierspurigen Schnellstraße …«
    »du stellst dich …«
    Die Bilder sind am Ende natürlich grandios.
    Die Fahrt zum Kostümverleih beginnt damit, dass die persönlichkeitsgeschützte Fahrerin im Mietwagen sitzt und nicht starten kann, weil der Schlüssel nicht aus seinem Plastikverschluss herauskommt. Alex, unser Kameramann, hilft ihr schließlich, den Metallstift aus dem Plastikknubbel herauszuprökeln. Spätestens daran erkenne ich, dass der Wagen mit Startautomatik versehen ist. Es bedarf keines Schlüssels mehr, aber zur Not ist einer im
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