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"Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer

"Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer

Titel: "Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer
Autoren: Campus
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Bild am Sonntag:
Erschließung des Sonntagsmarktes
    Im August 1954 hatte Springer eine
Sonntagsausgabe
des
Hamburger Abendblatts
als Wettbewerbsmaßnahme gegen das
Hamburger Fremdenblatt
ins Leben gerufen. Als das erbittert bekämpfte Konkurrenzblatt im Oktober 1954 sein Erscheinen einstellte, ließ er die
Sonntagsausgabe
mit ihren günstigen Kostenstrukturen »erstmal so laufen«. 833 Wohl mit Blick auf die bis dato unbefriedigende Auflagenentwicklung entschloss sich der Verleger im Herbst 1955, das Verbreitungsgebiet versuchsweise auf die ganze Bundesrepublik auszuweiten. 834 Zudem ließ er eine eigenständige Redaktion und Vertriebsabteilung einrichten, die der Verlagsleitung des
Hamburger Abendblatts
zugeordnet wurde. 835 Die neue Vertriebsabteilung bildete den Kern einer bundesweiten Zustell- und Verkaufsorganisation, die Millionen von Sonntagslesern ohne Rückgriff auf die bestehenden postalischen und zeitungsvertrieblichen Strukturen bediente und einen bedeutsamen Erfolgsfaktor der späteren
Bild am Sonntag
darstellte. 836 Mit der neuen vertrieblichen Ausrichtung stieg die Auflage bis zum Frühjahr 1956 zwar auf mehr als 300.000 Exemplare, erreichte jedoch nicht die Mindestauflage von 400.000. 837 Als daraufhin die Einstellung der Sonntagszeitung erwogen wurde, machten Führungskräfte den Vorschlag, die
Sonntagsausgabe
aus dem Verlagsbereich des regionalen
Hamburger Abendblatt
herauszulösen und der bundesweiten
Bild
-Zeitung zuzuordnen, für die Springer bereits seit längerer Zeit eine eigene Sonntagsausgabe plante. Im April 1956 entschied er, die
Sonntagsausgabe
in die Hände der
Bild - Redaktion
zu geben und in eine
Bild
-Sonntagsausgabe umzuwandeln. Analog zur
Welt am Sonntag
wurde der Name
Bild am Sonntag
gewählt. 838
Bild
-Chefredakteur Rudolf Michael, der in Personalunion die Leitung der
Bild am Sonntag
übernahm, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein redaktionelles Konzept ausgearbeitet. 839 Ungewöhnlich war das von Springer durchgesetzte Berliner Format, das nurdie Hälfte der Seitengröße der
Bild
-Zeitung ausmachte. 840 Auf diese Weise wollte der Verleger nicht nur die Marktgängigkeit des »halben« Formats testen, sondern auch möglichen Konkurrenzmaßnahmen zuvorkommen.

    [Bild vergrößern]
    Grafik 7: Entwicklung der Sonntagszeitung
Bild am Sonntag
847
    Die erste Ausgabe der
Bild am Sonntag
erschien am 29. April 1956 und erreichte ohne großen Werbeaufwand eine Auflage von über 450.000 Exemplaren. 841 Dank der hohen Selbständigkeit des verantwortlichen Redaktionsteams entwickelte die
Bild am Sonntag
rasch ein eigenständiges Profil, das »etwas anspruchsvoller« und »besinnlicher« als die
Bild
war und vor allem den Sport in den Mittelpunkt stellte. 842 Insbesondere der »Fußball, die Bundesliga hat uns groß gemacht«, umschrieb der informelle, später auch formelle Chefredakteur, Hans Bluhm 843 , einen wesentlichen Erfolgsfaktor der
Bild am Sonntag
. 844 Der redaktionelle Einfluss des Verlegers blieb jedoch gering. Bis 1960 stieg die Auflage der in Hamburg, Essen und Frankfurt gedruckten Sonntagszeitung auf rund 1,4 Millionen. 845 Im gleichen Jahr erwirtschaftete
Bild am Sonntag
Erlöse von 16,8 Millionen und ein Ergebnis von 1,5 Millionen Deutsche Mark. 846 Damit hatte das Sonntagsblatt einen Anteil von rund 4 Prozent am Verlagsumsatz.
    Bemerkenswert ist, wie aus den eher zufälligen Anfängen im Laufe der Zeit eine Tageszeitung entstand, die Ende der 1950er-Jahre zu den auflagenstärksten Blättern der Bundesrepublik zählte. Weniger proaktiv, als reaktiv war dem Verleger nicht die Erschließung, sondern die Beherrschung des Sonntagsmarkts gelungen.
Bild am Sonntag
und
Welt am Sonntag
sollte über Jahrzehnte kein Wettbewerber etwas entgegensetzen können.

»Hamburger Kumpanei«: Entfremdung und Konfrontation
    Bereits in den 1950er-Jahren war deutlich geworden, dass Springer einer strategischen Zusammenarbeit mit anderen Verlagshäusern prinzipiell ablehnend gegenüberstand. Der Wunsch nach Erhalt der verlegerischen Autonomie lag vor allem in seiner Persönlichkeit und seinem Führungsstil, aber auch in der wirtschaftlichen Stärke des Pressekonzerns begründet. Eine Ausnahme bildeten internationale Verlagskooperationen und Gemeinschaftsunternehmen im Fernsehbereich, die aus politischen und technologischen Gründen unumgänglich waren. Während Springer auf diese Weise seine verlegerische Expansion im Alleingang vorantrieb, verfolgten die Hamburger Wettbewerber Augstein,
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