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"Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer

"Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer

Titel: "Und dann werde ich das größte Zeitungshaus Europas bauen" - der Unternehmer Axel Springer
Autoren: Campus
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erstmals umfassend zu rekonstruieren und zu bewerten. Zum Abschluss der Darstellung sollen die wesentlichen Faktoren seines unternehmerischen Erfolges zusammengefasst und erläutert werden.
    Innovationsfähigkeit
    Keiner umschrieb Springers Innovationsfähigkeit so prosaisch wie Rudolf Augstein, der zu Beginn der 1960er-Jahre den Begriff des »schöpferischen Ingeniums« 1 als Synonym für die ebenso bewunderte wie gefürchtete verlegerische Schaffenskraft seines Konkurrenten prägte. Das Erfolgsparadigma des genialen Blattmachers, der mit einem untrüglichen Gespür für die Leserbedürfnisse neue Verlagsobjekte entwickelte und millionenfach absetzte, formierte sich indes bereits Ende der 1940er-Jahre, als das junge
Hamburger Abendblatt
zur auflagenstärksten Tageszeitungder Bundesrepublik wurde und die Programmzeitschrift
Hör zu
die Millionengrenze durchbrach. Spätestens nach dem Aufstieg der
Bild
-Zeitung zur meistverkauften Zeitung Europas galt Springer als Zeitungsgründer von historischer Bedeutung und wurde mit Ullstein, Mosse und Scherl verglichen. In den 1960er-Jahren wandelte sich jedoch das öffentliche Bewusstsein. Kritiker warfen Springer vor, mit modernen massentauglichen Verlagsobjekten die Vielfalt der Presselandschaft zu gefährden und die öffentliche Meinung zu manipulieren.
    Weder die erfolgsparadigmatischen noch die agitatorischen Betrachtungen eignen sich indes, um die Ausprägung der Innovationsfähigkeit Springers und ihre Bedeutung für den Unternehmenserfolg zu beleuchten. Die Rekonstruktion des unternehmerischen Wirkens zeichnet ein wesentlich differenzierteres Bild. Bemerkenswerterweise kann Springer nur für zwei Verlagsinnovationen eine umfassende Urheberschaft reklamieren kann. Die erste Neuschöpfung war der regionale Human-Interest-Journalismus des
Hamburger Abendblattes
, der die inhaltliche Ausrichtung auf die menschliche Sphäre, den »Bezirk des Seelischen«, konsequent mit dem Lokalprinzip verknüpfte. Das für eine deutsche Tageszeitung neuartige redaktionelle Konzept beruhte neben dem Rückgriff auf angelsächsische Vorbilder vor allem auf klar umrissenen Vorstellungen über die Bedürfnisse breiter Leserschichten, die Springer in den 1940er-Jahren offenbar mit großem Interesse studierte und besonders in ihren psychologischen Dimensionen verinnerlichte. Immer wieder zeigten sich Zeitgenossen von seinem intuitiven Gespür für das Denken und Fühlen weiter Bevölkerungskreise beeindruckt. Für das Konzept der
Bild
-Zeitung, die zweite Verlagsinnovation, reicherte er den regionalen
Human-Interest -Journalismus
mit einer weiteren Komponente, der umfassenden Visualisierung von redaktionellen Inhalten, an, für die ebenfalls angelsächsische Massenblätter Pate standen. Der Verleger wählte anfangs einen derart radikalen Bildeinsatz, dass das Verlagsprojekt zu scheitern drohte. Erst durch Modifikationen und Weiterentwicklungen, die nicht allein auf Springer zurückgingen, wurde die verlegerische Neuschöpfung verkaufsfähig. Beiden Blättern ist gemeinsam, dass aus einer Vision über die Leserbedürfnisse eine redaktionelle Gestaltungsidee und schließlich ein innovatives Verlagsprodukt entstanden, das aufgrund einer zumindest temporären Singularität eine weitgehend unangefochtene Wettbewerbsstellung einnehmen konnte. In beiden Fällen kann von der Durchsetzung einer neuen Produktkombination im Sinne des Ökonomen Joseph Schumpeters gesprochen werden. Überdies machte das Sterben der regionalen Parteirichtungszeitungen nach der Einführung des
Hamburger Abendblatts
deutlich, wie Markterfolg auf »kreativer Zerstörung« basieren konnte. Bei der
Bild - Zeitung
war ein solcher Wirkungsmechanismus allerdings nicht erkennbar, obwohl in den späteren öffentlichen Auseinandersetzungen oftmals Gegenteiliges behauptet wurde.
    Die weiteren Verlagsobjekte gingen in ihrer Gesamtkonzeption nur noch teilweise auf Springers Urheberschaft zurück. Zudem fehlte ihnen der Charakter einer grundlegenden Presseinnovation, auch wenn einzelne inhaltliche, gestalterische, konzeptionelle oder vermarktungstechnische Elemente einen hohen Innovationsgrad aufwiesen, darunter die Werbemaßnahmen des
Hamburger Abendblattes
, die Kampagnen der
Bild
-Zeitung oder die Aufmachung des Lifestyle-Magazins
Jasmin
. Springers persönliche Gestaltungskraft wirkte ab Beginn der 1950er-Jahre vor allem in verlagsstrategischen Bereichen: So erwarb er unter schwierigen politischen Umständen die
Welt
, entwickelte die
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