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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz
Autoren: Anja Bagus
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muss, Johanna.“ Oberon machte schon kleine Sprünge und Annabelle hatte Mühe ihn zu halten.
    “ Ich will aber nicht allein bleiben!“, jammerte Johanna.
    Annabelle lenkte einen engen Kreis um ihre Freundin: “Dann komm mit.“
    Aber Johanna drehte lieber um und folgte ein paar alten Damen auf ihren lahmen Stuten, die auf der Allee in Richtung Kurhaus trotteten.
    Annabelle atmete tief durch und gab ihrem Pferd endlich den Kopf frei: “Lauf Oberon!“, flüsterte sie ihm zu, und hörte nur noch den Wind in ihren Ohren rauschen.
     
    * * *
     
    “ Was wollte der Herr Falkenberg denn?“, erkundigte sich Frau Barbara später bei Annabelle. Die Dampfnudeln waren fertig und sie trafen sich in der Küche zum Abendessen.
    “ Ich soll Papa für tot erklären lassen”, sagte Annabelle und wunderte sich, dass sie es so leicht aussprechen konnte. Der schnelle Ritt hatte ihre Gedanken geklärt.
    Frau Barbara aber ließ erschrocken den Löffel sinken.
    Annabelle erklärte schnell: “Sie wollen, dass ich zustimme, dann kann Papas Sammlung in eine Stiftung umgewandelt werden. Ich soll Destinatär werden.“
    “ Was sollst du werden?“ Die Haushälterin hatte sich gefasst und öffnete den Deckel des Topfes mit einer Serviette.
    “ Nutznießende. Wir würden dann regelmäßig Geld von der Stiftung bekommen.“
    “ Das wäre doch schön.“ Frau Barbara nahm Annabelles Teller. “Die Aussicht auf ein regelmäßiges Einkommen wäre erleichternd.“
    “ Aber Papa ist nicht tot. Das glaube ich nicht. Er würde mich nicht einfach so allein lassen.“
    Frau Barbara entgegnete: “Ach Kind, niemand wusste ganz genau, was dein Vater machte und wo er war. Er hat schon immer ein Geheimnis darum gemacht.“
    Annabelle hatte ihren Vater ihr halbes Leben lang begleitet. Sie konnte sich erinnern, dass sie als kleines Mädchen mit ihm in Ägypten bei Ausgrabungen war und im Wüstensand gespielt hatte. Sie waren mit immer kleiner werdenden Schiffen zu den Kleinen Antillen gefahren, weil ihr Vater dort Einheimische über ihre Religion befragt hatte, während Annabelle lernte, aus Maniok kleine Kuchen zu backen. Sie hatten die Pyramiden der Mayas bestiegen und pilgerten in Europa den Jakobsweg. Christian Sebastian Rosenherz war nicht nur Archäologe, sondern auch Anthropologe, Religionswissenschaftler, Kunsthistoriker und ein Liebhaber von Literatur gewesen. Viele Reisen hatte er aber allein gemacht, und viele Menschen, mit denen er zu tun hatte, kannte Annabelle nicht.
    “ Warum hat er mich nicht mitgenommen?“, grübelte sie traurig.
    “ Vielleicht wusste er schon, dass diese Reise gefährlich würde.“ Frau Barbara war natürlich ganz froh darum gewesen, nicht mehr reisen zu müssen, als der Professor sich entschloss, Annabelle auf eine Privatschule zu schicken. Annabelle war immer behütet gewesen, und das nicht nur von Frau Barbara. Sie hatte Lehrer gehabt und andere Menschen, die sich um die Häuser und Gärten kümmerten, um die Pferde im Stall und später die Automobile.
    “ Er liebte dich, das weißt du, auch wenn er nicht da war. Manchmal war er ja sogar nicht da, wenn er anwesend war.“ Frau Barbara hielt Annabelle das Apfelmus entgegen.
    Annabelle schüttelte den Kopf: “Was nutzt mir das jetzt? Ich fühle mich so allein. Ich will mir nicht vorstellen, dass er nicht mehr zurückkommt.“
    “ Das musst du aber. Ich weiß, er hat dich immer verwöhnt und du konntest in seinen Augen nichts falsch machen, und dieses Vertrauen solltest du jetzt nicht enttäuschen. Ich werde immer für dich da sein, und vielleicht findest du auch bald einen starken Mann, der dich beschützt und dann solche Entscheidungen für dich trifft.“
    Annabelle rollte mit den Augen: “Den ich dann heirate und mit ihm glücklich bis ans Ende meiner Tage lebe?“
    “ Genau.“ Die Haushälterin goss Vanillesoße über die duftenden Hefeklöße.
    “ So ein Unsinn! Das ist doch hier kein Märchen! Wen sollte ich denn heiraten? Vielleicht sollte ich eine Anzeige im Badischen Tagblatt aufgeben: »Für baldige Verheiratung zuverlässigen Kandidaten gesucht. Erbin eines großen Vermögens, das in altem aber wertvollem Plunder angelegt ist, sucht starken Beschützer, der ihr sagt, was sie zu tun hat. Interessenten melden sich bitte bei Frau Barbara Weinberg.«” Das war angriffslustiger herausgekommen, als Annabelle es beabsichtigt hatte. Sie löffelte sich geräuschvoll Apfelmus neben die Dampfnudel.
    Jetzt richtete sich Frau Barbara auf und sah sie
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