Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)

Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)

Titel: Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
Autoren: Cathy Marie Hake
Vom Netzwerk:
Kapitel 1
    London im Frühling 1892

    „Ich habe eine Entscheidung getroffen.“
    Millicent Fairweather faltete die Hände vor ihrer Taille und wartete schweigend auf das, was ihr Boss ihr zu sagen hatte. Die Standuhr in der Ecke des nur schwach beleuchteten Arbeitszimmers tickte laut.
    „Meine Töchter sind jetzt alt genug, um ihren Horizont zu erweitern. Eine Veränderung wird ihnen guttun. Deshalb habe ich einen neuen Platz für sie gefunden.“
    „Einen neuen Platz?“ Fassungslos wiederholte Millicent seine letzten Worte. Ein kalter Angstschauer lief ihr über den Rücken. Mit acht und sechs Jahren waren Audrey und Fiona immer noch kleine Mädchen. Er meinte doch nicht etwa ...
    „Ein Internat für junge Damen.“ Langsam ging er vor dem Bücherregal auf und ab. Edle chinesische Seidenteppiche verschluckten das Geräusch seiner Schritte, und ein großer mit Edelsteinen besetzter Globus zeugte von dem Reichtum, den Mr Eberhardt auf seinen vielen Reisen angehäuft hatte. Doch seine häufigen und langen Reisen machten ihn zu einem Fremden in seinem eigenen Haus. Er nickte bekräftigend. „Erziehung, Benehmen – für meine Töchter nur das Beste.“
    Die Luft gefror Millicent in der Lunge. „Mr Eberhardt, Ihre Töchter sind immer noch sehr jung. Wenn sie vielleicht erst einmal ein bisschen Zeit mit ihnen verbringen könnten ...“
    „Nein!“ Er wirbelte herum. „Meine Entscheidung steht fest. Ich habe Mrs Witherspoon angewiesen, ihre Sachen zu packen. Um fünf Uhr kommt die Kutsche.“
    Um fünf? Millicent schaute auf ihre Uhr – es war viertel nach zwölf. Verzweifelt versuchte sie, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Schließlich räusperte sie sich und sagte leise: „Wir werden rechtzeitig fertig sein.“
    Er winkte ab. „Ich habe jemanden engagiert, der die Mädchen begleiten wird. Ich werde Ihre Dienste dann nicht mehr benötigen. Ich habe ein Empfehlungsschreiben für Sie aufgesetzt. Alastair wird sich darum kümmern, dass Ihnen das Gehalt für zwei weitere Monate ausgezahlt wird. Bis dahin haben Sie bestimmt eine neue Stelle gefunden.“
    Millicent atmete tief ein. Eine Gouvernante musste sich nach den Launen ihres Arbeitgebers richten. Sie hatte kein Recht, sich zu beschweren, aber wie konnte er das nur seinen Töchtern antun? „Fiona und Audrey wollen Sie sicher noch einmal sehen. Das Mittagessen –“
    „Ich habe viel zu tun.“ Er zog ein Buch aus dem Regal und studierte das Buchcover.
    „Vielleicht zum Tee?“
    Ärgerlich schob er das Buch wieder ins Regal. „Nein. Bis um fünf können Sie mit den Mädchen machen, was Sie wollen. Das ist alles.“
    Zitternd verließ Millicent das Arbeitszimmer.
    Mrs Witherspoon stand mit rot geweinten Augen oben an der Treppe inmitten von unzähligen Koffern und Kisten. „So dürfen mich die Mädchen auf keinen Fall sehen.“
    Millicent zog die Haushälterin in ihr eigenes Zimmer. „Es wird so hart für die beiden werden.“
    Mrs Witherspoon drückte sich ein durchnässtes Taschentuch vors Gesicht. „Für die Mädchen sind wir doch die einzige Familie, die sie kennen. An ihre Mama können sie sich nicht mehr erinnern, und ich kann die Tage an einer Hand abzählen, die ihr Vater in den letzten fünf Jahren hier verbracht hat.“
    So gern Millicent ihrem eigenen Ärger auch Luft gemacht hätte, widerstand sie diesem Drang. Stattdessen nahm sie das Bild in die Hand, das immer auf ihrem Nachttisch stand. Es war einen Tag vor dem Tod ihrer Eltern gemacht worden, und jedes Mal, wenn sie es betrachtete, kam die Erinnerung an einen unvergesslich schönen Tag zurück, so als wäre es erst gestern gewesen. Entschlossen richtete sich auf. Mr Eberhardt würde sie zwar trennen, aber trotzdem konnte Millicent den beiden Mädchen ihren letzten gemeinsamen Tag so schön wie möglich gestalten.
    „Mrs Witherspoon, ich werde die beiden Mädchen nach dem Mittagessen mit auf einen Spaziergang nehmen, damit Sie in Ruhe packen können. Wären Sie so nett und sagen der Köchin Bescheid, dass sie mit dem Essen noch zehn Minuten warten soll?“ Als die Haushälterin nickte, stellte sie das Foto wieder ab. „Könnten Sie auch Alastair fragen, ob Billy für mich in die Stadt gehen kann? Ich hätte gerne, dass Mr Braston heute Nachmittag ein paar Fotos von uns macht. Er soll alles Nötige mitbringen, damit die Mädchen die Fotos schon heute haben können.“
    „Oh, das ist eine wundervolle Idee.“
    Bevor sie die Tür zum Kinderzimmer öffnete, atmete Millicent noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher