Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)

Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)

Titel: Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
Autoren: Cathy Marie Hake
Vom Netzwerk:
dafür bezahlt – ein ganzes Monatsgehalt.
    „Haben Sie ihr auch erzählt, dass eine Fee kommt und die Zähne holt – so wie das in Amerika üblich ist?“
    „Ja.“
    Er brummte etwas vor sich hin und betrachtete weiter die Fotos. Immer wieder schob er sie auf dem Tisch herum. Beide schwiegen. Er hatte ihr noch nicht erlaubt, das Zimmer zu verlassen. Doch solange ihr Arbeitgeber mit den Bildern beschäftigt war, versuchte sie, den unglaublich dicken Knoten der Wäscheleine auf ihrem Rücken zu lösen. Ihre Nerven wurden mit jeder Minute angespannter. Warum feuerte er sie nicht einfach, verbrannte sein Empfehlungsschreiben und ließ sie gehen?
    Plötzlich hörte sie ein Geräusch, und Mr Eberhardt fuhr herum.
    Oh nein. Die Kinder kannten den Gang vom Dienstbotenzimmer ins Arbeitszimmer.
    „Wir haben sie ins Wasser gestellt, Vater.“ Audrey trug die Blumenvase so ehrfürchtig vor sich her, wie sonst nur die Königin einen Kranz für die gefallenen Soldaten trug.
    Millicent konnte nicht erkennen, ob Mr Eberhardt aus Zorn oder Unsicherheit schwieg, deshalb brach sie das Schweigen als Erste. „Komm, Audrey, wir stellen die Blumen hier ans andere Ende des Tisches. Du hast die Blumen sehr schön zusammengestellt.“
    „Das stimmt.“ Mr Eberhardt schob die Fotos zur Seite.
    Fiona zog ihren Vater am Hosenbein. „Ich habe auch geholfen!“
    Audrey flüsterte fast unhörbar: „Darf ich die Fotos sehen?“
    Mr Eberhardt zog einen Stuhl heran und setzte sich. Zu Millicents Überraschung hob er seine beiden Töchter auf seinen Schoß. Fiona zupfte ihn am Revers. „Sind wir jetzt wieder richtig herum?“
    „Richtig herum?“
    Audrey nickte. „Das Mittagessen war rückwärts.“ Mutig fuhr sie fort: „Fiona und ich saßen falsch herum, Miss Fairweather hat ihren Stuhl nur seitwärts gestellt.“
    Als ob das nicht schon genug war, fuhr Fiona fort: „Und wir haben unseren Nachtisch zuerst gegessen.“
    Jetzt zieht er bestimmt nicht nur sein Empfehlungsschreiben zurück und schmeißt mich sofort raus, sondern behält auch das Gehalt, das er mir versprochen hat.
    „Was habt ihr denn sonst noch gemacht?“
    Millicent war sich nicht sicher, ob die Frage an sie oder an die Kinder gerichtet war. Doch egal wer antwortete, würde er jetzt auch erfahren, dass sie mit nackten Füßen im Bach gewesen waren – und dass sie die Füße der Kinder mit ihrem Unterrock abgetrocknet hatte. Wenn er das erfährt, muss ich wahrscheinlich zu Fuß in die Stadt laufen und meinen Koffer hinter mir herziehen.
    „Wir haben Blumen gepflückt.“ Fiona badete in seiner Aufmerksamkeit, ohne sein angespanntes Gesicht zu bemerken. „Wir haben alle, alle, alle Blumen im Garten gepflückt.“
    „Aber wir haben sie alle verschenkt.“ Audrey sah kurz zu ihrem Vater hoch, bevor sie nachdenklich auf das vor ihr liegende Bild schaute. „Das ist MrsWitherspoon. Sie hat geweint, als ich ihr den Strauß gegeben habe.“
    Eine Gouvernante sollte nicht reden, bevor sie nicht dazu aufgefordert wurde. Doch mittlerweile war Millicent davon überzeugt, dass sich Mr Eberhardt sowieso schon fragte, ob sie während der letzten vier Jahre wirklich eine gute Gouvernante für seine beiden Töchter gewesen war. „Das waren Freudentränen, Audrey. Sie hat sich über den Strauß sehr gefreut. Ich bin sicher, dass sie sich auch freuen wird, wenn du ihr das Bild schenkst.“
    Fiona zupfte ihren Vater wieder am Revers. „Darf ich auch ein Bild verschenken?“
    In den nächsten Minuten entschieden die Mädchen, wer welches Bild bekommen sollte. Ihr Vater sah dabei immer wieder auf die Uhr.
    Schließlich seufzte Audrey tief. „Wir haben einfach nicht genug Fotos.“
    Dann klopfte es, und Alastair öffnete die Tür. „Eine Mrs Brown ist hier, Sir.“
    Als ob die Situation nicht schon peinlich genug war! Millicent beschloss, zusammen mit den Mädchen die Flucht durch die Dienstbotentür anzutreten.
    „Ja. Führen Sie sie herein.“
    Mrs Brown wartete gar nicht erst, bis sie hereingebeten wurde, sondern stand schon in der Tür, als Mr Eberhardt seinen Satz beendete. In ihrem schwarzen Reisekostüm sah sie unglaublich seriös aus. Doch statt den Kopf zu senken und eine freundliche Begrüßung zu murmeln, schaute sie Mr Eberhardt ungeduldig an. „Die Koffer der Mädchen werden schon verladen. Wir müssen sofort los.“
    Die Uhr schlug vier. Er hatte doch gesagt, dass die Mädchen erst um fünf Uhr abgeholt werden sollten.
    „Vater, wir haben nicht genug Fotos“,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher