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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition)
Autoren: James S. A. Corey
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Mitgefühl.
    »Ist Miller wieder aufgetaucht?« Sie beugte sich vor, damit er sie trotz des Lärms verstehen konnte.
    »Ich finde es etwas beunruhigend, dass du mich so leicht durchschaust.«
    »Du bist leicht zu durchschauen. Außerdem war es nicht gerade Millers erster Überfall im Bad. Hat er dieses Mal etwas Verständliches von sich gegeben?«
    »Nein«, erklärte Holden. »Ebenso gut könnte ich gegen eine Wand reden. Die meiste Zeit bin ich nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt wahrnimmt.«
    »Das kann doch unmöglich Miller sein, oder?«
    »Wenn es das Protomolekül ist, das sich Miller als Anzug übergestreift hat, finde ich es sogar noch unheimlicher.«
    »Da hast du recht«, stimmte Naomi zu. »Hat er denn überhaupt etwas von sich gegeben?«
    »Nicht viel. Er sagte, etwas sei geschehen.«
    »Was denn?«
    »Keine Ahnung. Er sagte nur: ›Es ist geschehen‹, und dann verschwand er.«
    Ein paar Minuten lang saßen sie mit verschränkten Fingern schweigend beisammen und genossen ihre kleine Abgeschiedenheit im Krawall. Schließlich beugte sie sich vor, küsste ihn auf die rechte Augenbraue und zog ihn hoch.
    »Komm mit«, sagte sie.
    »Wohin gehen wir?«
    »Ich lehre dich das Pokerspielen«, versprach sie ihm.
    »Ich weiß, wie du Poker spielst.«
    »Du hast ja keine Ahnung.«
    »Meinst du, ich will kneifen?«
    Sie lächelte und zupfte an ihm.
    Holden schüttelte den Kopf. »Wenn du willst, gehen wir zum Schiff, trommeln ein paar Leute zusammen und spielen nur für uns. Es kommt mir so sinnlos vor, hier zu spielen. Das Haus gewinnt immer.«
    »Wir sind nicht zum Gewinnen hier«, widersprach Naomi. Ihr Ernst vermittelte ihm den Eindruck, dass sie mehr als nur das Kartenspiel meinte. »Wir sind hier, um zu spielen.«
    Zwei Tage später gingen die Meldungen ein.
    Holden war in der Messe und aß, was er sich in einem Restaurant im Raumhafen besorgt hatte: Knoblauchsoße auf Reis, drei Sorten Gemüse und etwas, das Hühnchen so ähnlich war, dass man es leicht für echt hätte halten können. Amos und Naomi beaufsichtigten die Verladung des Proviants und der Filter für die Luftaufbereitung. Alex schlief im Pilotensitz. Auf den anderen Schiffen, auf denen Holden geflogen war, hatte er es so gut wie nie erlebt, dass die Crew schon lange vor der Abflugzeit an Bord kam. Diese Crew dagegen hatte zwei Nächte in Hotels am Raumhafen verbracht und war schließlich nach Hause gekommen. Dort waren sie jetzt alle versammelt. Daheim.
    Auf dem Handterminal schaltete Holden die lokalen Kanäle durch und sah sich die Nachrichten und Unterhaltungsangebote des Systems an. Eine Sicherheitslücke im neuen Bandao-Solice-Spiel hatte es einem Piratenserver in einer Umlaufbahn um Titan ermöglicht, persönliche Informationen von mehr als sechs Millionen Menschen abzugreifen. Marsianische Militärexperten forderten eine Erhöhung der Ausgaben, um die Verluste nach der Schlacht bei Ganymed auszugleichen. Auf der Erde trotzte eine afrikanische Farmergemeinschaft dem Verbot einer bestimmten Gruppe stickstoffbindender Bakterien. In Kairo demonstrierten Befürworter wie Gegner des Verbots.
    Holden schaltete hin und her, ohne die Meldungen wirklich wahrzunehmen, bis er auf einen Newsfeed mit einem roten Streifen stieß. Dann kam noch einer und ein weiterer. Das Bild über dem Artikel ließ ihm das Blut in den Adern stocken. Der Ring, wie sie die Konstruktion genannt hatten. Das gigantische außerirdische Bauwerk, das die Venus verlassen hatte und knapp zwei astronomische Einheiten außerhalb der Uranus-Umlaufbahn angehalten hatte, um sich zusammenzusetzen.
    Holden las aufmerksam die Meldungen, während ihm die Furcht wie ein Stein im Magen lag. Als er aufblickte, entdeckte er Naomi und Amos in der Tür. Amos hatte sein eigenes Handterminal gezückt, auf dem Holden die gleichen roten Streifen erkennen konnte.
    »Hast du das gesehen, Käpt’n?«, fragte Amos.
    »Ja«, bestätigte Holden.
    »Da hat ein verrückter Hund versucht, durch den Ring zu fliegen.«
    »Ja.«
    Trotz der riesigen Entfernung zwischen Ceres und dem Ring, trotz des gewaltigen leeren Raumes, hätte die Nachricht, dass ein Idiot mit seinem billig zusammengeflickten Schiff in das außerirdische Gebilde hineingeflogen, aber nicht wieder herausgekommen war, nur fünf Stunden unterwegs sein dürfen. Es war jedoch schon vor zwei Tagen geschehen. So lange war es den Regierungen, die den Ring beobachteten, gelungen, die Geschichte unter Verschluss zuhalten.
    »Das ist es, nicht
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