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2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom
Autoren: Unbekannt
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tot.
    Einen Augenblick später taumelte der Gardist wieder zur Tür herein. Er hielt keinen Kelch mit Evrafosch, sondern ein Multikommunikationsgerät in der Hand. Sein Brustgesicht war schmerz verzerrt, seine rechte Schulter ein verbrannter, verschmorter schwarzer Klumpen.
    „E'Valenter!", rief er. „Die Polizisten des Reiches! Mindestens zweihundert! Sie sind in den Palast eingedrungen und haben die gesamte Garde getötet ... geradezu abgeschlachtet...!"
    Wie in dem Augenblick, als Ikanema die Tür zum Konferenzraum geöffnet hatte, schien die Zeit zu erstarren. Ein klobig gebautes Wesen in einer martialischen, bedrohlich wirkenden dunkelgrünen Rüstung sprang in die Türöffnung.
    Ikanemas Blick fiel auf den Brustharnisch des Polizisten. Darauf prangte das auffällige Symbol des Reiches Tradom. Der E'Valenter war etwa einen Meter und achtzig groß, humanoid wie die Pombar und kräftig gebaut. Seine Mundpartie stach hervor wie die Schnauzen der nicht domestizierten Wiederkäuer, die in den Reservaten Pombars lebten.
    Der Polizist riss wie in einer Zeitlupe den Mund auf. Seine Zähne waren grob und dunkel. Die Augen konnte Ikanema nicht sehen, der E'Valenter trug eine dunkle Brille. Seine Kopfbedeckung erinnerte Ikanema an die Kappen der Legionäre, die er im Namen Pombars für niedrige Kriegsdienste angeheuert hatte. Das Tuch der Mütze verdeckte den Nacken und die Ohren des Wesens.
    „Keine Bewegung!", brüllte der E'Valenter. Seine Stimme klang abgehackt wie die aggressiven, bellenden Laute der Wachternes, der beliebtesten Haustiere auf Pombar. Unwillkürlich empfand Ikanema seine Aussprache des Anguela-Idioms als abgrundtief hässlich.
    Etaba bewegte sich trotzdem, und Ikanema wusste, was geschehen würde.
    Die E'Valenter waren das Fußvolk der Ordnungsmächte des Reiches Tradom. Ihre Intelligenz und Ausbildung hielt sich in Grenzen. Sämtliche E'Valenter waren so konditioniert, dass Gehorsam und Reichstreue über ihrem Selbsterhaltungstrieb standen.
    Etaba bewegte sich - der E'Valenter schoss.
    Die Zeit stand still, und Ikanema sah den glutheißen Strahl, der Etabas Kopf erfasste und verdampfte.
    Ikanema sah, wie Etabas Leiche noch zwei, drei, vier Schritte lief, wie der Hauptmann seiner Leibgarde die Arme hochriss und mit ihnen schlug wie ein Vogel, dem man den Kopf vom Leib getrennt hatte, wie er dann langsam, in Zeitlupe, zusammenbrach, ein kopfloser Torso mit Beinen und Armen, die zuckten, als wäre noch eine Art Nachleben in ihnen.
    Verwundert stellte Ikanema fest, dass kein Blut aus der schrecklichen Wunde drang. Die Hitze des Strahls hatte die Adern verschmort und verödet. Aber der Gestank... ein so widerwärtiger Geruch von verbranntem Fleisch ging von der Leiche aus, dass der Landesherr sich fast übergeben musste.
    Ein Gestank, der ihm nur allzu gut vertraut war.
    „Keine Bewegung!", bellte der E'Valenter erneut.
    Nun bewegte sich niemand mehr.
    „Die Twos auf die linke Seite! Alle anderen auf die rechte!"
    Langsam kam Bewegung in die Gäste. Die Regierungsmitglieder und alle anderen vergaßen jede Loyalität, bewegten sich zögernd, hoben die Hände, vergaßen den Kuscheltrieb, als hätte es ihn nie gegeben, und schlurften wie in Zeitlupe auf die linke Seite des Ballsaals. Der Laokaon zögerte kurz, ging erst auf ein energisches Nicken des Landesherren zu den anderen. Ihm durfte nichts geschehen. Das war Ikanemas ganze Sorge.
    Ikanema und seine fünf Kinder blieben auf der rechten zurück.
    Weitere E'Valenter stürmten in den Ballsaal der Herrschaftlichen Zitadelle, gefolgt von einem Di'Valenter, wohl dem Befehlshaber der Hundertschaften, die in die Zitadelle eingedrungen waren.
    Die Grundfarbe seiner Rüstung war ein schmutziges Beige. Auf dem Brustharnisch prangte dasselbe auffällige Symbol des Reichs Tradom wie bei den E'Valentern - in diesem Fall jedoch als aufwändig gestaltetes Holosymbol. Seine Mundpartie stach nicht ganz so sehr hervor wie die Schnauzen der E'Valenter, doch seine Zähne waren genauso grob und dunkel. Die Augen unter dem weißen Helm, der nur das Gesicht frei ließ, konnte Ikanema Two nicht sehen, da auch der Di'Valenter eine dunkle Brille trug.
    Doch der Landesherr war überzeugt davon, dass sie kalt waren.
    Eiskalt.
    Der Di'Valenter baute sich vor Ikanema auf. „Ich bin Le Karanu." Seine Worte klangen abgehackt und aggressiv, doch wirkte seine Aussprache des Anguela-Idioms eleganter und geschliffener als das Gebell der E'Valenter. „Ich habe den Auftrag, dich und
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