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1611 - Jäger der Nacht

1611 - Jäger der Nacht

Titel: 1611 - Jäger der Nacht
Autoren: Jason Dark
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der Katzenfrau drang ein Jaulen oder Stöhnen. So genau war das nicht zu unterscheiden. Aber ihr Staunen war echt.
    »Du hast sie gesehen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Sie ist tot, nicht? Eine Mumie…«
    Mara riss ihren Mund auf. Ihre Krallenhände krümmten sich. Sie steckte voller Hass und Wut, und sie gab eine Antwort, die der Agent zunächst nicht begriff.
    »Sie ist nicht tot, verflucht! Sie bewegt sich zwar nicht mehr, aber in ihr steckt ein anderes Leben. Sie hat eine Botschaft für mich. Sie ist das Wunderbarste, das ich in meinem Leben bisher entdeckt habe. Ich konnte sie in Ägypten finden, in einer Gruft, die der Göttin Bastet geweiht war, denn diese Katze gehörte zu ihren engsten Dienerinnen. Ich habe sie mitgenommen. Ich habe sie aus dem Land geschmuggelt, denn schon beim ersten Hinsehen konnte ich feststellen, dass ihr Geist überlebt hat und nur darauf wartete, seine Botschaft mitzuteilen.«
    »Wo lebt der Geist?«, flüsterte Stephan. »Vielleicht in den Augen? Ist das die alte Kraft?«
    »Ja, und die Macht. Sie ist auf mich übergegangen. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich spüre die Stärke in mir. Ich spüre die Verbundenheit mit der Vergangenheit und mit den Katzen. Ich bin geboren, um zu herrschen.«
    »Das hat auch Wanda Petric entdeckt - oder?«
    »Ja, das hat sie. Und ich habe sie sofort als Feindin erkannt. Deshalb musste sie aus dem Leben scheiden. Sie hätte sonst meine Pläne zerstört. Leider habe ich etwas zu lange gewartet, aber das ist egal. Ich erreiche mein Ziel auch so.«
    »Mit den Katzen?«
    Die Frage war für Mara etwas Wunderbares. Sie blühte bei ihrer Antwort förmlich auf.
    »Ja, mit den Katzen und nur mit ihnen. Sie spüren, was in mir steckt und von wem es stammt. Bastet ist heute beinahe vergessen, aber nicht bei allen Menschen und vor allem nicht bei den Tieren. Die Katzen spüren es, sie wissen Bescheid. Sie sind jetzt die Jäger der Nacht, und ich bin ihre Anführerin.«
    »Wie sehen denn deine Pläne aus?«
    In ihren gelben Augen leuchtete es auf. »Herrschen. Ich will einfach nur herrschen. Ich werde hier eine Gedenkstätte errichten. Die Bastet-Katze, die jetzt noch versteckt liegt, werde ich allen Menschen zugänglich machen, und ich werde dafür sorgen, dass sie wieder so verehrt wird wie zur damaligen Zeit. Ich will, dass die Menschen sie anbeten. Ja, sie wird wieder die Göttin werden, denn dieser Körper sieht nur tot aus. Er ist es in Wirklichkeit nicht. Er lebt, und das auf eine besondere Art.«
    Stephan Kowalski hatte jedes Wort verstanden.
    Diese Mara war größenwahnsinnig, aber sie war keine Spinnerin, denn sie hatte es geschafft, die Katzen unter ihre Kontrolle zu bringen. Das hatte er auf dem Friedhof erlebt. Da musste tatsächlich etwas von dem alten Erbe übrig geblieben sein, und er fragte sich auch, wie weit es bereits in Mara eingedrungen war.
    »Bist du noch ein Mensch?«
    »Zum Teil. Aber auch eine Katze. Ich fühle mich so. Ich habe die Kraft der Bastet in mir. Sie hat überlebt, und ich habe das Glück gehabt, ihre Botschaft in eine anders gewordene Welt tragen zu dürfen.«
    Der Agent wusste genug.
    »Ich kann dich nicht als Katze sehen«, sagte er. »Ich glaube auch nicht, dass du dich von einer normalen Frau in eine Katze verwandelt hast. Innerlich mag das geschehen sein, aber ich kann nicht glauben, dass dir ein Schwanz gewachsen ist. Du würdest gern so sein wie eine Katze und hast dich danach gerichtet.«
    Mara schüttelte den Kopf. »Ich bin eine Dienerin der Göttin. Das musst du begreifen. Ich spüre ihre Macht, und ich werde sie verbreiten. Ich werde diesen Ort zu einer Wallfahrtsstätte machen und alle Bastet-Anhängerinnen, die es noch gibt, zusammenrufen. Dann wird…«
    Was dann werden sollte, sprach sie nicht mehr aus, denn Stephan hatte sich darauf besonnen, was er eigentlich vorgehabt hatte. Er warf sich blitzschnell vor und schlug zu.
    Seine Faust traf das Kinn der Katzenfrau. Mara kippte nach hinten. Sie landete auf dem Rücken, aber sie wurde nicht bewusstlos. Sie schrie und miaute, fasste sich an den Kopf und rollte sich um die eigene Achse.
    Stephan hätte sie endgültig ins Reich der Träume schicken können.
    Darauf verzichtete er. Er hatte schon zu lange in diesem Verlies gehockt.
    Er wollte nach draußen, und er dachte wieder an seinen Freund aus London.
    Stephan kannte sich nicht aus. Hinter der Tür sah er eine nach oben führende Steintreppe, die er nehmen musste, um in die Freiheit zu gelangen. Es war eng,
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