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0974 - What happens in Las Vegas...

0974 - What happens in Las Vegas...

Titel: 0974 - What happens in Las Vegas...
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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Umständen zum Trotz.
    Das, so erkannte Jamie nun, war völliger Schwachsinn.
    Wie oft er schon hingefallen war, wusste er nicht mehr zu sagen. Längst hatte er den Überblick verloren, auch die Orientierung, und obwohl er dieses Gelände - diese Stadt aus Träumen mitten im Nichts - selbst mit aufgebaut hatte, fand er sich nicht mehr in ihr zurecht. Allein zwei Dinge gab es noch in seiner Welt, deren er sich sicher sein konnte: Erstens, dass er weg musste, einfach nur weg, weiter rennen und, verdammt noch mal, aufstehen! Und zweitens, dass ihn das bizarre Viech hinter ihm andernfalls erledigte. Dieser Wüstenteufel, der mit LeBrons Stimme sprach. Dieses gespenstisch schimmernde Monstrum, dessen Form so undefinierbar blieb wie seine Existenz absurd.
    Wieder hörte er es zischen, knurren. Und wieder rappelte er sich auf, floh weiter. Obwohl er es besser wusste.
    Er hatte verloren. Daran konnte kein Zweifel bestehen. Dies war ein Spiel, dessen Regeln ihm so unbekannt waren wie sein Sinn, aber Jamie spürte genau, welch undankbare Rolle die Spielleiter ihm zugedacht hatten: die . des Opfers.
    Trotz der Kälte schwitzte er. Sein Atem ging röchelnd, seine Lunge schien ihm aus dem Leib springen zu wollen. Wann immer er langsamer wurde, tanzten bunte Flecken vor seinen Augen -sichere Anzeichen einer drohenden Erschöpfungsohnmacht.
    Parzellen zogen an ihm vorbei. Leere Felder, auf denen nur wenige Stunden nach Tagesanbruch erste Wohnwagen, Zelte, kurz: alle möglichen und unmöglichen Arten provisorischer Behausungen stehen würden. Nun aber waren sie so verlassen wie Jamie sich fühlte.
    Das passiert nicht wirklich. Ich liege in echt friedlich schnarchend im Schlafsack. Das ist nur ein Albtraum.
    Doch der stechende Schmerz in seiner Seite und das Blut, das er im Mund schmeckte, bewiesen ihm das Gegenteil. Mit entsetzlich definitiver Klarheit.
    Abermals stolperte er über irgendetwas. Jamie ruderte mit den Armen, krümmte sich im Fallen zusammen und schaffte es tatsächlich, sich über die Schulter abzurollen. Sand und Steine knirschten unter der Last seines Aufpralls, und für einen kurzen Moment raubten die Erschöpfungsflecken ihm vollends die Sicht.
    Dann sah er das Monster.
    Es stand keine drei Meter hinter ihm und blickte ihn aus gierigen Augen an. Kalten Augen.
    Jamie erstarrte in der Hocke. »W… Was willst du?«, hauchte er. Gänsehaut zog über seinen Leib, und ein plötzlicher pochender Schmerz in seiner Schulter signalisierte ihm, dass er sich etwas gebrochen haben musste. Etwas Kompliziertes. »Was bist du?«
    Keine Antwort. Nur dieser taxierende, wartende, schrecklich gierige Blick.
    Nein, das war nicht LeBron. Genauso wenig, wie es ein Kojote war. Alles nur Hirngespinste - vergebliche Erklärungsversuche seines Verstandes, etwas Unverständliches zu bestimmen.
    Aber es war, was LeBron widerfahren war.
    »So ist es doch, oder?«, flüsterte Jamie, ohne den Blick von der glühenden Erscheinung zu nehmen. Er wusste nicht, woher er den Mut dazu nahm, das Ding überhaupt anzusprechen. Vermutlich aus seiner inneren Resignation. »Du hast ihn dir geholt. Hier draußen. Einfach so.«
    Wüstenteufel. Kein anderer Begriff passte besser. Dieser unmöglichen und dennoch existierenden Kreatur dort vor ihm musste das menschenfeindliche Reich der Black Rock Desert, in das sie sich vorgewagt hatten, gehören. Und nun war es gekommen, um sein Hausrecht durchzusetzen!
    Noch immer rührte es sich nicht.
    Jamie hielt den Atem an, setzte alles auf eine Karte und erhob sich. Langsam, Zentimeter für Zentimeter. Bloß nichts provozie… Er kam nicht dazu, den Gedanken zu beenden. Und die Bewegung auch nicht.
    Das Vieh - der Wüstenteufel - sprang in die pechschwarze Nacht, und mit einer Geschwindigkeit, die allen Naturgesetzen ins entsetzt staunende Gesicht lachte, war es über ihm!
    ***
    Hoch über Black Rock City, der Metropole der Träume, zog der Wind über die nächtliche Wüstenebene. Er strich um die Gipfel der fernen Berge, besuchte Skorpione, Schlangen, Kojoten, wehte über die vergessenen Skelette vor Jahrzehnten unauffällig entsorgter Mafiosi. Und überall, wohin er kam, erzählte er vom Schrei, der die Stadt der Menschen zum Erzittern gebracht hatte. Von der Verzweiflung und der Todesangst, die in ihm gelegen hatten.
    Und von dem entsetzlichen Moment, in dem der Schrei geendet war.
    Macht einen Bogen um die Stadt, so die Moral seiner Erzählung. Dort herrscht etwas Dunkles. Etwas, das vernichtet.
    Und die Schlangen,
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