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0974 - What happens in Las Vegas...

0974 - What happens in Las Vegas...

Titel: 0974 - What happens in Las Vegas...
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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physikalisch und biologisch unmöglich. Oder?
    Jamie atmete tief durch und fällte eine Entscheidung. Er würde noch zum Burning Man selbst gehen, dem so ziemlich einzigen Eck des Geländes, das er bislang nicht durchsucht hatte. Sollte LeBron sich auch da nicht zu erkennen geben, konnte er seiner Meinung nach ruhig draußen erfrieren oder auf Wile E. Coyote warten.
    Still in sich hineinfluchend, machte Jamie sich auf den Weg. Er mochte den Burning Man nicht, so absurd das auch war. Seit seiner Ankunft hier draußen empfand er schon so, seit er das gut vierzig Meter hohe, mannähnliche Gebilde aus Holz, Neonröhren und Aussteigerträumen zum ersten Mal aus nächster Nähe gesehen hatte. Irgendwie war ihm das Ding unsympathisch.
    Bescheuerter Gedanke, oder? Wie konnte einem eine Menschennachbildung aus Holz unsympathisch sein? Das war doch nichts Lebendes, nichts Denkendes!
    »Genau das ist der Punkt«, flüsterte er, als er endlich vor dem beeindruckenden Bauwerk ankam. »Das bist du nämlich doch, irgendwie. Oder? Du wirkst so… real. Nicht auf faktische Weise, aber emotional. Irgendwie.« Er wusste selbst nicht, wie er es formulieren sollte - geschweige denn begreifen. Wie verlieh man einem Gefühl Worte, für das es keine Beschreibung gab und das aller Logik trotzte? »Ich weiß, dass du nur Gerüst bist. Aber falls du dich jetzt bewegen würdest, wäre ich nicht überrascht.«
    Der Burning Man schwieg. Natürlich. Trotz der Finsternis sah Jamie seine gewaltige Form vor sich in den wolkenverhangenen Himmel ragen: ein Leviathan der Wüste, aufgebockt auf einem mehrere Meter durchmessenden und mindestens fünf Meter hohen Unterbau aus Schnitzereien, Drahtgebilden und allerhand anderem Gerümpel. Er war die eigentliche Hauptfigur des jährlich stattfindenden Festivals. Um ihn herum gruppierten sich die gut vierzigtausend Teilnehmer, die erwartet wurden. Auf ihn projizierten sie ihre Träume, Hoffnungen und Wünsche, und in dem Feuer, in dem er am letzten Abend des mehrtägigen Aussteigerspektakels hier in der Black Rock Desert vergehen würde, hofften sie, auch ihre Sorgen und Ängste zu verbrennen.
    Ab morgen, wenn die ersten Feiernden ihre noch leeren Parzellen bezogen hatten und die Party langsam in Gang geriet, würde der Burning Man nachts beleuchtet sein. Dafür hatten Jamie, LeBron und die anderen gesorgt. Jedes Glied des Holzmannkörpers war mit Neonröhren versehen. Die Festivalveranstalter mussten nur einen Hebel im Aggregatorencontainer umlegen, und das Gerippe würde Strom bekommen. Würde leuchten.
    Doch noch sparten sie sich den Aufwand. Hier draußen im Nirgendwo, wo es wirklich nichts gab, was nicht zuvor von den Veranstaltern und ihren Gästen herbeigekarrt worden war, hatte man nichts zu vergeuden. Auch keine Energie. Deswegen blieb auch die Straßenbeleuchtung noch aus.
    »LeBron?«, rief Jamie in die Stille hinein. Inzwischen zitterte er vor Kälte, und seine Zähne klapperten so sehr, dass ihm das Sprechen schwerfiel. »Letzte Warnung, Mann. Komm raus, oder ich gehe allein zurück pennen.«
    Einen Moment lang verharrte er reglos, hielt sogar den Atem an, um nur ja kein Geräusch, keine Bewegung im Dunkel zu verpassen. Doch es gab nichts zu verpassen. Auch hier, direkt am Burning Man, schien sein Wohnwagengenosse wie vom Erdboden verschluckt.
    »Dann eben nicht«, murmelte Jamie, machte auf dem Absatz kehrt und wandte sich zum Geh… Der Kojote!
    Der Gedanke kam so plötzlich, dass die mit ihm einhergehende Überraschung den Schock zunächst überlagerte. Erst nach einer kurzen Schrecksekunde begriff Jamie DeMarco das wahre Ausmaß seines Problems.
    Und dann, dass das noch untertrieben war.
    Denn das Vieh, das dort keine fünf Meter vor ihm im Dunkel hockte und ihn aus Augen anstarrte, die rot zu glühen schienen, war nicht der Kojote, den er vorhin gehört hatte. Oooh nein, Sir! Den Eindruck hatte ihm sein Verstand nur vorgegaukelt.
    Kojoten leuchteten nicht.
    »Hi, Jamie«, zischte das Ding mit der Perversion einer menschlichen Stimme, die Jamie nur zu gut wiedererkannte. »Du weißt ja, was sie in diesem Staat sagen, oder? Rien ne vas plus…!«
    Dann machte es einen Satz auf ihn zu, blitzschnell, den Tod verheißend.
    Jamie sah gespenstig schimmernde Klauen in der Wüstennacht. Zähne aus Eis.
    Und er schrie.
    ***
    Es hieß, in Extrem- und Gefahrensituationen reagiere der Körper besser. Dann seien die Sinne besonders scharf, die Reflexe stärker denn je. Damit man überlebte, allen
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