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0861 - Gefangene der Namenlosen

0861 - Gefangene der Namenlosen

Titel: 0861 - Gefangene der Namenlosen
Autoren: Jason Dark
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Hälfte aus Stein gebaut worden war und wir auch die Wörter Hotel und Ristorante gelesen hatten.
    Wir stiegen aus. Ich hatte die Karte zusammengefaltet und als erster den Wagen verlassen. Suko folgte, den Schluß bildete der Abbé. Zu dritt freuten wir uns über die herrliche Luft. Sie war mit der in den Großstädten überhaupt nicht zu vergleichen.
    Ein gefleckter Hund sprang auf uns zu. Er kläffte, während er uns umkreiste und blieb bei uns, als wir auf die Tür des Hotels zugingen. Aus sicherer Distanz beobachteten uns einige Bewohner.
    Menschen, die von der Natur geprägt waren. Wind und Wetter hatten Spuren in den Gesichtern der zumeist alten Menschen hinterlassen.
    Vor dem Haus stand eine verwaschen aussehende Holzbank.
    Daneben lehnte eine Axt. Mit ihr wurde das Holz für den Winter geschlagen, das sich unter einem vorgezogenen Dach stapelte.
    Ich öffnete die Tür und mußte mich beim Eintreten ducken. Viel höher war die Decke des dämmrigen Raumes auch nicht, in dem Tische und Stühle standen, es eine Theke gab und alles so aussah, als würde es von den Deckenbalken erdrückt werden.
    An einem Tisch saßen drei Menschen und aßen Suppe. Ein Mann, eine Frau und ein kleines Mädchen, dessen Haare zu langen Zöpfen geflochten waren.
    Wir grüßten freundlich, lächelten, und der Mann legte seinen Löffel zur Seite, bevor er sich an das Mädchen wandte und es wegschickte. »Bleib in deinem Zimmer, Carla.«
    »Si, Vater.«
    Die Kleine ging auf eine schmale Tür an der Seite zu, ohne uns allerdings aus den Augen zu lassen.
    Auch die Frau stand auf. Sie war nicht einmal so alt, aber sie wirkte verhärmt. Es mochte auch an dem Kittel liegen, den sie trug.
    Schweigend verschwand auch sie, als hätten wir die Pest am Leib.
    Zurück blieb der Mann. Er hockte auf seinem Stuhl und hatte eine Hand auf den rechten Oberschenkel gelegt. In dieser Haltung blickte er uns entgegen.
    Die Stille wirkte bedrückend. Unterbrochen wurde sie nur vom Ticken einer Uhr. Selbst die Stimmen der beiden weiblichen Personen waren nicht zu Kören.
    Der Zurückgebliebene trug eine graue Hose und ein kariertes kurzärmeliges Hemd. Sein lockiges Haar war grau. Das Gesicht wirkte wegen der kleinen Nase flach. Dafür hatte ihn die Natur mit enganliegenden großen Ohren gesegnet.
    Er war stumm. Nur seine Augen lebten. Sie schauten uns an, sie wanderten und schätzten uns ab. Ich wollte etwas sagen, auch der Abbé hatte bereits den Mund geöffnet, aber der Mann kam uns zuvor. »Sie werden sich verfahren haben, denke ich. Hier oben können Sie nicht bleiben. Es gibt kein Hotel.« Er deutete auf die Theke. »Wenn Sie etwas trinken wollen, dann bitte.«
    »Wir lasen aber das Wort Hotel«, sagte ich.
    »Das ist vorbei.«
    »Dürfen wir uns setzen?«
    »Natürlich.«
    Der Mann wunderte sich, als wir an seinem Tisch unsere Plätze einnahmen. Die Suppe roch gut. Es war eine Minestrone, und sicherlich aus frischem Gemüse hergestellt.
    »Sie können auch etwas essen, wenn Sie wollen.«
    Wir wollten. Der Mann brachte Teller und Löffel, schenkte die Suppe ein und blieb am Tisch sitzen. Er schaute uns beim Essen zu.
    Die Suppe schmeckte ausgezeichnet, und das sagten wir dem Mann auch.
    Ein stolzes Leuchten huschte über sein Gesicht. »Ich werde es meiner Frau sagen.«
    »Sie ist eine hervorragende Köchin«, erklärte der Abbé.
    Auf ihm blieb der Blick des Gastwirts länger haften. Da Bloch eine nach einem Priester anmutende Kleidung trug, lag die Frage auf der Hand, und der Mann erkundigte sich auch nach dem Beruf.
    »Si, ich bin so etwas wie ein Priester – in Frankreich.« Auch der Abbé sprach italienisch, so gab es keine Verständigungsprobleme.
    »So etwas wie ein Priester?«
    »Nun, Messen lese ich keine.«
    Der Wirt nickte. Seine Stirn war in Falten gelegt. »Priester können auch andere Aufgaben haben, nicht wahr?«
    »Da gebe ich Ihnen recht.« Bloch lächelte freundlich. »An was dachten Sie denn da?«
    »An nichts Bestimmtes.«
    »Oh, jetzt lügen Sie.«
    »Wieso?«
    »Ich sehe es an Ihren Augen. Ja, Sie lügen. Sie sind nicht ehrlich zu mir. Ich erkenne in Ihnen einen Menschen, der sich mit schwerwiegenden Problemen herumquält. Wenn Sie das jetzt abstreiten, dann lügen Sie wieder.«
    Der Mann überlegte und strich mit der Handfläche an seiner linken Wange entlang. »Sie sind sehr direkt.«
    »Ist das ein Fehler?«
    »Nein, für mich nicht.«
    »Dann sind wir uns auf diesem Gebiet einig.«
    Der dunkelhaarige Mann räusperte sich.
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