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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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Kapitel 1 – Der Anfang vom Ende?
     
    Es ist schwierig, ihre Schönheit in Worte zu fassen. Man kann wirklich nicht behaupten, dass sie dem klassischen Hollywood-Ideal entspricht. Keine sanften Züge mit glänzenden Augen, keine nachträglich operierte, spitzzulaufende Stupsnase. Nein! Sie versprüht eher den rauen Charme einer tosenden Brandung, ohne dabei maskulin zu wirken. Ganz im Gegenteil, sie ist eine Frau durch und durch. Manche würden sie als Vollweib titulieren. Vierundzwanzig Jahre alt mit leicht barocken Formen. Die Fettpölsterchen befinden sich genau da, wo eine Frau sie haben sollte. Ihr Gesicht erscheint auf den ersten Blick etwas grobschlächtig, fast bäuerlich. Beim genaueren Hinschauen erkennt man allerdings die pure Erotik, die aus all ihren Poren strömt. Die haselnussbraunen Augen sind matt, aber wissend, ihre vollen Lippen lüstern. Ihre Nase hat der liebe Gott ein klein wenig zu breit gequetscht, um aus ihr einen Männermagneten zu machen. Doch mir bleibt ihre wahre Schönheit nicht verborgen. Ich bin kein so oberflächlicher Drecksack.
    Selbstverständlich könnte man mit ihr im Moment kein Coverbild für die Vogue schießen. Dafür sind ihre schulterlangen, brünetten Haare zu strähnig und ungewaschen. Ihre Klamotten sind dreckig und abgewetzt. Das schwarze Oberteil hängt nur noch über einer Schulter, und ihre Jeans ist mit braunen Schmutzflecken übersät. Eines ihrer Augen ist blutunterlaufen, das andere tränt. Der verzweifelte Gesichtsausdruck lässt außerdem ihre schon vorhandenen Fältchen allmählich die Oberhand gewinnen. Sie ziehen sich wie gemeine Furchen durch ihre jugendliche Fassade. Restaurationsbedürftige Risse in der Farbe eines Gemäldes der alten Meister. Aber das Unpassendste an der ganzen Situation ist sicherlich der Revolver, der in ihrem hübschen Mund steckt, mit dem sie wahrscheinlich schon ein paar Männer um den Verstand gebracht hat. Ihr Finger zittert am Abzug und ist bereit, durchzuziehen. Sie ist entschlossen, den Baum hinter sich mit ihrem Gehirn zu bemalen. Ich sehe es in ihren weisen Augen. Angst und Entschlossenheit.
    Ich muss zugeben, dass ihr Tod eine Schande wäre, aber Geschäft bleibt Geschäft. Meine Waffe ist ebenfalls auf ihren Kopf gerichtet. Eine schwarze Desert Eagle Sechs-Inch, geladen mit .357er Patronen für maximale Zerstörung. Ich wundere mich, warum ich es nicht schon längst selbst zu Ende gebracht habe. Warum stanze ich ihr nicht ein rotes Loch in den Schädel? Was lässt mich zögern? Ich will sie doch töten. Normalerweise wäre sie auch schon tot. Werde ich weich auf meine alten Tage? Oder ist es dieses groteske Bild, das mich nervös werden lässt? Irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Habe ich etwas übersehen? Immerhin will ich sie umbringen, dennoch erwägt sie Selbstmord, anstatt sich zu wehren. Nein, das ist es nicht. Ich habe sie in die Enge getrieben, ihr kaum eine andere Wahl gelassen. Also was stört mich dann? Habe ich in diesen aufregenden letzten Tagen Gefühle für sie entwickelt? Ein verrückter Gedanke, der mich unmerklich zum Schmunzeln bringt. Ich atme tief durch. Die Welt dreht sich nicht mehr. Eine imaginäre Glühbirne blinkt über meinem Kopf auf. Sie zwingt mich zur Einsicht.
    Die darauf folgende Erkenntnis trifft mich wie ein Sechser im Lotto, völlig unvorbereitet. Hier ist alles in Ordnung. 
    Ich habe kein Mitleid mit ihr. Ich liebe sie auch nicht. Und mit dem Mädchen ist auch alles okay. Sie ist eben nur ein kleines Mädchen. Gebrochen, allein, verängstigt. Ich bin lediglich enttäuscht darüber. Nach tagelanger Flucht und erbittertem Widerstand ergibt sie sich einfach in ihr Schicksal. Ich verliere sofort den aufgestauten Respekt vor dem Mädchen und schüttle den Kopf. Sie hatte mich beinahe besiegt, nun gibt sie sich kampflos geschlagen. Was für ein erbärmlicher Zug von ihr. Soll sie ihren Wunsch erfüllt bekommen. Ich ziele zwischen ihre wilden Augen. Zeit, um den Job zu beenden. Gnadenlos! Wie immer, zwei Schüsse, zwei Volltreffer. Mein rechter Zeigefinger beschwert den Abzug. Ein tödliches Instrument.
    Ich will schießen, aber plötzlich dreht sich mein Magen förmlich um die eigene Achse. Mein naturgegebener Instinkt meldet sich zu Wort. Ich wittere Gefahr. Im Gebüsch hinter mir raschelt es. Die Stimme in meinem Kopf schreit ‚Falle‘. Ich wirble herum und sehe niemanden im Gewirr des dichten Waldes. Den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, an dem Sprichwort ist was dran. Mit
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